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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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zeigte, daß er, falls er sich verbergen mußte, nicht auf hartem Boden liegen wollte. In den Gestellen an der Wand lagen Schrifttafeln. Und anderes.
    »Mein Guthaben«, knurrte Ninurta. Er zupfte an den öligen Tüchern, in die Buqar zumindest einen Teil seiner Schätze gewickelt hatte: Stangen aus Silber, in einem anderen Fach Stangen aus Gold, jeweils etwa eine Mine schwer. Er schätzte die Anzahl auf etwa zweihundert Minen in Silber und ebenso viele in Gold.
    »Warum?« flüsterte Lamashtu.
    »Warum was?«
    »Warum die Kammer, warum die Schätze, warum die Hilfe?« Sie stieg aus dem Bottich; Ninurta ging zu ihr, hievte das Holzgefäß in die Öffnung, leerte es und sah zu, wie Lamashtu die Tür verriegelte.
    »Warum das?« Er fuhr mit dem Finger über das Geflecht der Narben auf ihrem Rücken.
    »Einer meiner früheren Herren.« Sie drehte sich nicht um.
    »Es gefiel ihm, mich zu peitschen. Manchmal auch mit einer Gerte aus Erz zu schlagen. Es erregte ihn. Willst du wissen , was ihn sonst noch erregte?«
    »Nur, wenn es dich befreit, davon zu sprechen.«
    »Befreit?« Noch immer wandte sie ihm den Rücken zu; ihre Stimme klang dumpf. »Wovon befreit? Von den Fesseln der Erinnerung, die das Freie binden und das Schöne abscheulich machen, weil es ungebunden ist?«
    Ninurta ging zum Lager und ließ sich darauf nieder; das Gestell war fest, nichts knirschte oder quietschte. »Du bist nicht mehr gebunden. Aber deine anderen Fragen sind leichter zu beantworten. Tarsa – Tarkush ist eine alte Stadt, älter als das Reich von Hattusha. Die Leute hier lieben die Hatti nicht. Deswegen… Wer zeigt schon gern einem Steuereinnehmer alles; vor allem dem Steuereinnehmer eines Herrschers, den man gern schnell zu seinen Ahnen in die Unterwelt schicken möchte?«
    »Und die Kammer? Und die Hilfe?«
    »Wir haben uns gut vertragen, damals, und seither gute Geschäfte miteinander gemacht. Ein vorsichtiger Mann rechnet damit, sich irgendwann vor Häschern verbergen zu müssen.«
    »Wie kommt er dann raus?«
    »Ich könnte mir denken, daß es dort, wo dies scheußliche Wasser den Fluß erreicht, noch eine Höhlung gibt. Vielleicht mit einem Boot darin.«
    Sie kam langsam näher und kniete auf der Kante der Liege. Er sah kleine Brandnarben zwischen ihren Schenkeln, vernarbte Striemen bis hinauf zum Nabel; eine Ahnung von Schnittwunden an beiden Brüsten. Er schaute auf zu den seltsamen Augen: verschiedenfarbige Steine, die nichts preisgaben, nicht einmal, ob in oder hinter ihnen etwas war, das preisgegeben werden könnte. Aber die Augen blickten nicht in seine, sondern folgten der rechten Hand, die sich behutsam um sein steifes Glied schloß, während die Finger der linken sich in seine dichte schwarze Körperbehaarung wühlten. Dann sah er den herben Mund, der sich in einem Lächeln halb öffnete. Und die Augen, die nun die seinen suchten.
    »Deine Handelsfürstin ist schön wie Ishtar, und sie hat keine Narben. Aber sie ist am Ende der Welt.«
    »Sie war Sklavin; ihre Narben sind innen. Und es gibt keinen Vertrag. Nur Gier nach einer guten Reisegefährtin.«
    »Das sehe ich.« Sie beugte sich vor und streifte sein Glied mit den Lippen.
    »Aber es ist eine lange Reise.« Er stöhnte unterdrückt. »Und beschwerlich. Gefährlich. Nichts für Kinder.«
    Sie hob den Kopf und sah ihn an; nun lächelten auch ihre Augen. »Kinder?« flüsterte sie. »Da gibt es Kräuter. Und andere Wege der Lust, Herr.«
     
    Allmählich nahmen die Geräusche im Haus zu – Diener, die vom Markt oder von der Feldarbeit heimkehrten; eine Frauenstimme, dann eine zweite, die jünger klang; Buqar, der offenbar verärgert laute Anweisungen gab. Und plötzlich, nach einer kurzen, fast beängstigenden Stille, die harten Schritte und harschen Stimmen, auf die sie gewartet hatten.
    Was gesagt wurde, war nicht auszumachen; die Stimmen oben wurden lauter, leiser, klangen scharf, dann beinahe freundlich, aber mehr als Tonfälle und gelegentliche Wortbruchstücke konnten Ninurta und Lamashtu nicht hören. Dann wieder Schritte; Gegenstände wurden verrückt, die Schachtklappe öffnete sich, jemand rief etwas, Gleitgeräusche, als ein Mann (klirrend – er mußte bewaffnet sein) unter leisem Fluchen in den Schacht stieg, durchs Abwasser trampelte und nach oben zurückkehrte.
    Warten. Irgendwann wurden die Stimmen leiser; eine ganze Weile später kam wieder jemand nach unten, kratzte an der Wand und nannte Ninurtas Namen: Buqar.
    Der Assyrer öffnete die Tür. »Sind sie

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