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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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ihn Flußfischer zum Schutz vor der Sonne trugen, kniete im Heck und lenkte mit dem Riemen. Der schnelle Fluß trug sie im Abendzwielicht bis dorthin, wo die Baumgruppe vom Wasser aus zu sehen war. Ninurta zog das Boot ins Uferried; ein Diener Buqars würde es holen.
    Ungesehen erreichten sie den Pfad, der einem Bach folgte; nach Norden, zur Stadt hin, schirmten Bäume und wucherndes Gebüsch sie ab. Als es dunkel wurde, waren sie schon am Ende des kleinen Tals, wo sich der Pfad hangaufwärts zur Hochebene schlängelte.
    »Warum tut er das?« sagte Lamashtu irgendwann. »Ist er edel? Hängt er einem dieser neuen Glauben an, die sagen, daß jemand, der edle Dinge tut, nach dem Tod dafür belohnt wird?«
    »Wir kommen alle ins gleiche trübe Schattenreich, wo Ereshkigals öde Herrschaft ist. Nein; Buqar wägt den Nutzen feiner ab als jede Waage. Wir haben gute Geschäfte gemacht.
    Shupiluliuma hat einen Krieg begonnen; vielleicht gibt es am Ende des Kriegs keinen Großkönig mehr, wohl aber Händler.« Lamashtu pfiff mißtönend durch die Zähne. »Vielleicht mag er dich ganz einfach.«
    »Einfach? Das ist, fürchte ich, zwischen Menschen das schwierigste aller Dinge.«
    Sie blieb am Rand des schmalen Pfads stehen, den Rücken zur steilen Schwärze, hundert Mannslängen Schwärze bis zum Talboden, der nur eine hoffnungsvolle Mutmaßung war. Ninurta sah ihre Umrisse und ahnte einige Gesichtszüge erst, als er einen halben Schritt zur Seite getan hatte, so daß Lamashtu die schwachen Lichter von Tarsa mit ihrem Körper verdeckte. Die ersten Sterne und der halbe Mond, der über einem Grat hing, zogen Rauhreiflicht über Lamashtus Kopf und Schultern, und aus den Bergen kam ein kalter Hauch, ein erster Vorwinterwind.
    »Schwierig?« sagte sie; etwas wie Verblüffung oder, vielleicht, Ungeduld gegenüber einem unverständigen Kind lag in ihrer Stimme. »Es ist ganz leicht, Ninurta. Ich mißtraue allen und mag wenige. Ganz einfach. Du magst viele und mißtraust ihnen trotzdem – das ist schwierig. Ich habe die Fesseln mit dem scharfen Stein zerschnitten und hätte dich zurückgelassen, wenn hier nicht alles fremd wäre. So einfach. Du hast mich freigelassen, damals; jetzt habe ich deine Fesseln zertrennt, unsere Rechnung wäre ausgeglichen. So einfach. Warum läßt du mich nicht zurück oder stößt mich in die Schwärze? Das ist schwierig.«
    Ninurta nahm den Beutel in die linke Hand und streckte den rechten Arm aus. Seine Augen hatten sich ans schwache Licht gewöhnt; er sah das verzerrte Lächeln und Lamashtus Zähne.
    »Vielleicht hab ich Angst davor, mich allein zu langweilen. So einfach. Hör auf mit dem Unsinn; komm.«
    Das verzerrte Lächeln schwand. Kurz berührte sie seine rechte Hand mit ihrer linken; sie war eisig.
    BRIEF DES KORINNOS (III)
    Es wandte sich nun in Troja mein Herr Palamedes, dessen Urteil in Dingen des Friedens ebenso viel galt wie in Dingen des Kriegs, an den Herrscher Priamos, und eine Versammlung des Rats der Ältesten und Reichen wurde einberufen. Im Rat beklagte Palamedes die von Alexandras begangenen Taten und nannte sie einen Bruch der überkommenen gegenseitigen Gastfreundschaft – von der ich dir dies und das berichtet habe. Dabei sprach er keineswegs von den Gefahren des Kriegs, in den die Achaier sich zu stürzen begehrten, um Troja zu plündern; auch erwähnte er nicht die Gefahren des anderen Kriegs, den die Trojaner mittelbar zu betreiben sich befleißigten, indem sie den Madduwattas von Arzawa ermunterten, die Hatti zu pieksen, und indem sie Söldner und (wenige) eigene Krieger nach Süden brachten, um zunächst auf der Insel Kypros, aber auch auf dem Festland westlich von Kilikien all jene zu stützen, deren Anliegen es war, das Hatti-Reich zu schmälern (und damit den Einfluß des Priamos zu spreizen). O nein, Palamedes gab viele Beispiele für die Unbill des Krieges und die Gedeihlichkeiten des Friedens. Ganz allgemein, und zweifellos ebenso rednerisch geschickt wie inhaltlich unehrlich. Zuletzt sagte er, wer sich von den Übeltätern nicht lossage, habe deren Verantwortung mitzutragen und werde gleich ihnen bestraft. (Bis heute frage ich mich, ob er da nicht von sich und Nestor und wenigen anderen redete – edlen Mykeniern, die gemeinsame Sache mit den achaischen Räubern machten.)
    Priamos bat darauf um gebührliche Zurückhaltung; man solle nicht jene anklagen, die ob ihrer Abwesenheit kein Wort der Rechtfertigung sagen könnten. Man wolle weiter beraten, sobald Alexandros

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