Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
und Leukippe…«
    »Ich weiß. Aber hat sie nicht irgendwie recht?«
    Leukippe sprach bei jeder Versammlung von nichts anderem als von ihrer Heimat: goldenes Wilusa, reiches Ilios, herrliches Troja, edler Prijamadu, verwegener König Priamos, o die Schätze der Vergangenheit und weh die düsteren Absichten der Finsterlinge von Achiawa… Die Werkmeister des Zusatzrats versuchten immer wieder, sachliche Gespräche in Gang zu bringen, aber außer Zaqarbal kam ihnen kein Eigner entgegen. Alle hingen eigenen Gedanken nach. Schale Suppe des Redens, in der jenes Salz fehlte, das Ninurta mit zu den Hatti genommen hatte.
    »Wie meinst du das?« sagte er.
    Kynara spitzte den Mund; als ob ihr das beim Denken oder Sprechen helfen könne. »Ilios ist so lange die wichtigste Kreuzung für alle Handelsstraßen gewesen. Als ob… als ob die Welt ein flacher Teller wäre, weißt du, leicht nach innen abgesenkt, und in der Mitte, am tiefsten Punkt des Tellers, ist Ilios. Und alles rieselt oder fließt langsam dahin. Oder kreist um diese Mitte. Was, wenn jetzt Agamemnon und die anderen ein Loch in den Teller bohren, Ilios vernichten? Wird dann die ganze Welt – oder alles, was wichtig ist – durch das Loch rieseln und verschwinden?«
    Zaqarbal rang die Hände. »O gnadenlose Güte der Götter – gibt es nicht hübschere Löcher, mit denen ich mich beschäftigen kann?« Er stand auf und zog Kynara hoch. »Die Seuche der Ernsthaftigkeit ist schlimmer als Fußschweiß oder Mundgeruch, denn sie steckt an.«
    »O wie so furchtbar wahr gesprochen.« Kynara lächelte; sie hielt ihn an den Hüften fest. »Wenn die Seuche zu Ausschlag führte, wäre dein Gesicht voller Pusteln.«
    »Laß uns in die Niederungen steigen. Da gibt es eine buschige Gabelung, in der ich mein schamrotes Gesicht verbergen will.«
    »Schamrot? Eher dreist. Wieso schamrot?«
    »Ich habe mich gehenlassen, nun stellt sich Zerknirschung ein.« Er versuchte, betrübt dreinzublicken. »Mit großem Erfolg rang ich um den Ruf der Leichtfertigkeit, und nun verspiele ich ihn bei dir, indem ich so tue, als ob ich zu ernsten Dingen fähig wäre.«
    »Tröste dich. Ich weiß, daß unter der Maske des Leichtsinns die Schminke der Ernsthaftigkeit nichts verbirgt als etwas Albernes ohne wesentliche Züge.«
    »Gut, gut. Du wringst mir die vollgesogene Seele aus. Ich danke dir.«
    »Wobei man zugeben muß«, sagte sie über die Schulter, als sie vor ihm den Ziegenpfad zum Tal hinabstieg, »daß du deine Sache hier ganz gut machst.«
    »Welche? Die Förderung der Albernheit?«
    »Die Verteilung von Arbeiten und die Aufsicht, o Zaqarbal. Man könnte glatt meinen, du meinst es ernst.«
    »Grauenhafte Vorstellung.«
    Als sie die Häuser erreichten, erfuhren sie, daß es abends Lämmerbraten geben würde. Ubarija nahm eben eines von mehreren toten Tieren aus Igadjaes Händen entgegen.
    »Nun ja, sagen wir Jungschafe, noch kein Jahr alt.« Der Koch wackelte mit den Ohren. »Drei Stück. Wer kriegt sie?«
    »Jeder ein Zipfelchen«, sagte Zaqarbal. »Was ist geschehen? Hast du dich von einigen Lieblingen getrennt, Herrin der Tiere?«
    Igadjae funkelte ihn an. »Alberner Schwätzer! Dieses dumme Tier, dieser widerliche Löwe…«
    Kynara klatschte. »Das glaube ich nicht! Kashtiliash hat Schafe gerissen? O was für ein Tag!«
    »Gerissen?« Igadjae stemmte die Hände in die Seiten. »Die kleinen Schafe, meine süßen Schäfchen, haben diesen Löwen gejagt, zum Spaß, und als er fortgerannt ist, haben sie ihn verfolgt. Dabei sind sie in einen Spalt gestürzt – er kann weiter springen.«
    »Sag es bloß nicht Leukippe«, sagte Zaqarbal mit ernster Miene.
    »Wieso nicht?«
    »Sie ist heute düsterer Stimmung. Was heißt heute? Sie ist düster, ganz einfach. Bestimmt macht sie eine Weissagung daraus. Wenn Spatzen Adler vertreiben und Schafe Löwen hetzen, wird Ilios hinsinken. Oder so.«
    ERZÄHLUNG DES ODYSSEUS (IV)
    Köstliches Zucken verlängern, Lüste verzögernd vermehren wollt ihr, durch längliches Faseln über langhaarige Flegel? Seltsam, aber über Geschmack soll man nicht streiten; außerdem steh ich starr in der Schuld eurer Teile und Trünke: Deren Geschmack – der lautere Ekel – birgt Wunder an Wirkung. Denn im Gemenge (das weiß jeder Mann, und jede Frau kennt es) dringt in zwei Fällen von fünf der Speer nicht ins Ziel, sondern baumelt. Euer Gebräu, dies greuliche Zeug, befeuchtet und feuert, fünfmal von fünf und zehnmal von zehn und hundert von hundert. Da ich nun

Weitere Kostenlose Bücher