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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Luwier. Im Lauf der Jahrhunderte haben sich natürlich alle möglichen anderen dort niedergelassen – Händler, angeheuerte Seeleute, Flüchtlinge aus Nachbarländern, Söldner, die nicht mehr weggehen wollten. Sie haben sich niedergelassen und Kinder gezeugt, Ilios bereichert und eine gemischte Teilbevölkerung ergeben. Vermählungen kamen hinzu – die üblichen Vermählungen aus Staatsgründen. Gib du meinem Sohn deine Tochter, dann achte ich deine Grenzen; und die Tochter bringt Gefolge mit, und das Gefolge vermählt sich ebenfalls und zeugt gemischte Kinder. Zu den Fremden, die für Ilios gekämpft und geackert und gezeugt haben, gehörten natürlich auch Achaier – die gleiche Geschichte wie bei uns, in Mykene und Argos und anderswo. Als unser prangender Meuchelheld Herakles Troja überfiel und plünderte, haben er und die anderen den größten Teil der alten Herrschersippe getötet. Bis auf zwei Töchter – Hekapa, die wir Hekabe nannten, und Hesione, von der ich nicht weiß, wie sie in ihrer eigenen Sprache hieß. Hesione wurde von Herakles und seinen Leuten mitgenommen, als Beute; und der Achaier Priamos, Söldnerführer, nahm Hekapa in sein Bett und die Macht in die Hände.
    Ja, natürlich, das ist der Kern der Geschichten und Gerüchte, die ihr gehört habt, über Zwist im Rat der Stadt. Die Trojaner – Luwier und Hethiter und Mysier und Halbachaier und Drittelphrygier und Fünftelthraker und Siebtelskythen und was ihr wollt –, also, die Trojaner hatten zunächst nicht die geringste Lust, sich auf einen Krieg einzulassen, nur weil einer der Söhne von Priamos, ihrem ungeliebten und nicht eben ehrwürdigen Herrscher, eine Spartanerin zu schwängern beliebte. Wenn Priamos nun all unseren Bedingungen zugestimmt hätte, wäre es zu einem Aufstand gekommen.
    Wieso ich da so sicher bin? O ihr Holden: weil wir dafür gesorgt hätten. Entweder hätten wir einen Aufstand gegen Priamos angestachelt und wären dann den Aufrührern zu Hilfe gekommen, wobei leider die Stadt ein wenig geplündert und niedergebrannt worden wäre; oder wir hätten Priamos geholfen, den von uns angestachelten Aufstand niederzuschlagen, wobei leider die Stadt ein wenig…
    Aber zurück zu Achilleus. Er wollte nicht, und da er sehr schön war – und wahrlich, ich bin kein Knabenfreund, aber für ihn hätte ich eine Ausnahme gemacht, wenn er jünger gewesen wäre. Da er also sehr schön war, kam er auf den klugen Gedanken, sich zwischen schönen Maiden zu verstecken, in Frauenkleidern.
    Ah, ihr kennt die Geschichte? Welche? Wie ich Schmuck und Waffen verstreut und ihn daran erkannt habe, daß er nicht zum Schmuck, sondern zum Schwert griff? Also, so dumm wäre nicht einmal Menelaos gewesen. Nein, wir haben es anders gemacht. Wir hatten ja, auf dem Weg nach Troja, nicht nur uns selbst, sondern auch Ruderer und Krieger dabei, natürlich. Achilleus steckte zwischen elf zwitschernden Vögelchen; Menelaos war zu blöde, um zu begreifen, was ich wollte, also haben wir ihn bei den Schiffen gelassen und zehn Krieger mitgenommen. Palamedes, ich und zehn Krieger. Wir hatten Bälle – kleine Lederkugeln. Dann haben wir uns vor die Mädchen gestellt und ihnen ohne Warnung die Bälle zugeworfen. Alle haben sie aufgefangen, indem sie die Röcke dazu benutzten. Alle, bis auf Achilleus, der ja keine Zeit zum Denken hatte und wie jeder Mann mit den Händen den Ball fing. Und dann stieß er einen ziemlich scheußlichen Fluch aus, den ich euch nicht vorenthalten will: »Odysseus, dafür sollen im Hades Ameisen mit glühenden Kiefern dir die Eier abfressen, und wenn Persephone nichts dagegen hat, sollen dir die Dinger jeden Tag nachwachsen.« Nicht sehr einfallsreich, aber für einen Achaier gar nicht schlecht.
    Ihr glaubt mir nicht? Den Fluch? Ach, die anderen Bälle. Was denn? Lieber die Sache mit Schmuck und Schwert? O ihr Lieblichen, Gespielinnen der Winterwinde, was soll ich euch erzählen, wenn ihr es mir doch nicht glaubt? Sollte ich sagen, daß Palamedes Achilleus schon mehrfach gesehen hatte und ihn mühelos aus den Mädchen heraussuchen konnte? Soll ich sagen, wir hätten die jungen Frauen beim Baden beobachtet und jene mitgenommen, die sich nicht entkleiden wollte? Soll ich behaupten, Achilleus sei das einzige Mädchen mit behaarten Waden gewesen und habe gesagt: Dafür schabe ich mir doch nicht die Beine?
    Sucht es euch aus; eigentlich ist eins wie das andere, so gut oder so schlecht. Das einzige, was bei einer Geschichte zählt, ist die

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