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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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Dachgeschoss zeigte er ihr sein Arbeitszimmer unter der schrägen Decke, mit dem Schreibpult aus dem siebzehnten Jahrhundert und dem Schlafsofa, auf dem er ein Nickerchen halten konnte, es aber nie tat.
    »Und was ist das da für ein Zimmer?« Sie blickte über den Flur auf eine geschlossene Tür mit der Aufschrift »PRIVAT«.
    »Angies Zimmer, obwohl sie sich nicht oft dort aufgehalten hat. Eigentlich war es das Zimmer von Elsie, der früheren Besitzerin.«
    Sie gingen hinein. Der Raum war vollgestellt mit von Krimskrams bedeckten Tischen, Stühlen mit Ahorngestell und Korbsitzen, Urnen, Kerzenhaltern, Töpfen auf dem Boden und aufgerollten Teppichen.
    Lydia spazierte, die Arme verschränkt, von einer Ecke zur anderen. Sie hob schnüffelnd die Nase, als wollte sie prüfen, ob es Regen geben würde, dann lächelte sie verlegen, wie aus privaten Gedanken aufgeschreckt, in Daniels Richtung. »Wer war diese Elsie?«
    »Elsie Camden«, sagte Daniel. »Eine recht schillernde Persönlichkeit. Jeder kann eine Geschichte über sie erzählen, zum Beispiel die, wie sie, im Alter von achtundfünfzig und geschieden, auf dem Sofa in Jonathans und Garys Haus mit einem neunundzwanzigjährigen Gärtner angetroffen wurde, am Morgen nach ihrer Party zum vierten Juli.« Lydia ließ, sichtlich entzückt, die Augen strahlen. »Das hier war Elsies Arbeitszimmer.«
    »Fühlt sich gut an. Sie muss eine alte Seele gewesen sein.«
    »Was?«
    »Eine alte Seele«, sagte sie. »Weise. Schon oft auf der Welt gewesen.«
    Daniel sah sie skeptisch an, nicht ganz sicher, ob sie ihn zum Besten hielt, dann aber überzeugt, dass es nicht so war.
    »Es gefällt mir hier«, sagte Lydia. Sie ging noch einmal durchs Zimmer, wobei sie, gleichsam ehrerbietig, nur mit den Fußballen auftrat.
    Wegen ihrer Ernsthaftigkeit war es für ihn okay, empfand er es nicht als skurril.
So wie gestern Abend
. Er entspannte sich wieder und genoss es, sie zu beobachten.

    Nachdem sie die Hausführung beendet hatten, machten sie sich auf, den Ort zu erobern. »Die besten Antiquitäten gibt es hier in dem großen Gebäude, das wir Forest Hall nennen«, sagte Daniel. »Manchmal macht es mir Spaß, einfach nur durch die Gängezu wandern und mir alte Dinge anzugucken. Holz, Porzellan, Messing.«
    Sie stapften die schmuddeligen Stufen des Antiqitätenhandels hinauf. Innen angelangt, legte Lydia eine gespannte Aufmerksamkeit an den Tag. Daniel ging ein paar Schritte hinter ihr. Er schlenderte nur müßig, wohingegen ihr Gang etwas Gezieltes hatte, ihre Pumps scharrten über den unlackierten Kiefernholzboden, während sie mit kennerischem Blick das Angebot musterte.
    Dann verschwand sie durch eine Tür zur Linken. Er folgte ihr, dem Geruch ihrer Haare nachschnuppernd, wurde dann jedoch von einem Haufen von Gaslichthaltern abgelenkt. Als er wieder aufblickte, stand Lydia mit triumphierendem Lächeln im Türdurchgang. Seitlich vom Sonnenstrahl erfasst, leuchtete ihr Gesicht im gleichen weißen Cremeton, den schon gestern der Mondschein in Jonathans Garten hervorgebracht hatte. Er hätte sie gern in den Arm genommen. Lydia kam auf ihn zu, eine zerschrammte Ledersporttasche in der linken Hand. Mit der Rechten hakte sie sich bei ihm unter und schob ihr Gesicht ganz nah an seins heran.
    »Gucken Sie mal, was ich gefunden habe«, sagte sie. »Darin können Sie Ihre Vergangenheit aufbewahren. So müssen Sie sie nicht ausrangieren; nur beiseitestellen, damit sie Sie nicht mehr so oft hinterrücks überfällt. Aber Sie können jederzeit einen Blick hineinwerfen, wenn Ihnen danach ist.«

    Daniel ließ sich auf seinem Wohnzimmersofa zurücksinken, hielt das dritte Glas Wein ins Licht und bewunderte das Farbenspiel hinter dem Kristallglas, das sich, wie ihm schien, ganz im Einklang befand mit den ausgewählten Puccini-Arien, die Lydia als After-Dinner-Musik ausgewählt hatte. Sie hatte den guten Tropfen in seinem Keller gefunden. Ein Chateau Margaux von 1982.
Und sie wusste, dass man ihn dekantiert und eine Stunde atmen lässt. Und dazu Explorateur-Käse serviert.
Er beobachtete sie, wie sie sich über ihre Karten beugte. Sie saßen einander auf dem Sofa gegenüber,die Spielmarken in zwei Haufen auf dem gewellten Leder zwischen ihnen.
    Während er die Turmuhr der Presbyterianischen Kirche im Ort zehn schlagen hörte, musste Daniel zur Kenntnis nehmen, dass das hier nicht so lief, wie es sollte. Er verlor äußerst ungern, auch wenn sie nur um Plastikmarken spielten. Sie spielte mit unbändigem

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