Trojanische Pferde
werden dieses Jahr mit einer Inlandsverschuldung von über einhundert Milliarden US-Dollar abschließen. Selbst heute noch können weniger als zwei Drittel unserer Bevölkerung über fünfzehn Jahren lesen und schreiben. Über ein Viertel sind Ausländer, die nur zum Arbeiten hier sind, aber über die Hälfte der Beschäftigten im privaten Sektor ausmachen. Und trotz aller Anstrengungen, unsere jungen Saudis in den Stand zu setzen, sich um die Jobs zu bewerben, die uns neuen Wohlstand bescheren, haben ausländische Arbeitskräfte – die bereit sind, für immer weniger Geld sogar Hamburger zu braten – den Arbeitsmarkt noch fester im Griff als je zuvor.«
»Wie kommen die Pläne zur Saudisierung voran?«, fragte Abad.
Jassar zuckte die Achseln, ein neuerliches Rumoren machte sich in seiner Brust bemerkbar. »Alle Abschreckungsmaßnahmen, die wir ersonnen haben, um zu verhindern, dass weitere Ausländer eingestellt werden – erhöhte Gebühren für Arbeitsvisa, Verweigerung von Arbeitserlaubnissen für bestimmte Jobs, sogar Verbote, ein Kraftfahrzeug zu erwerben –, haben wenig Wirkung gezeigt.« Er machte eine Pause und blickte mit schweren Augenlidern in die Runde. »Und das ist noch nicht einmal das Schlimmste. Ihr alle kennt die soziale Situation. Unsere Jugend droht, von religiösen Eiferern vereinnahmt zu werden. Scheich bin Abdur trifft auf offene Ohren mit seiner Forderung, alle ausländischen Arbeitskräfte aus Saudi-Arabien auszuweisen und Arbeitsplätze nur noch an saudische Staatsangehörige zu vergeben.«
Eine grobe Vereinfachung, aber mit verführerischer Kraft. Was, wenn wir die Kühnheit besäßen, die Idee umzusetzen?
Die anderen Minister warteten darauf, dass Jassar fortfuhr. Doch es war der König, der das Wort ergriff. »Jetzt wo die Ölpreise wieder auf dreißig Dollar pro Barrel gefallen sind, führen wir einen aussichtslosen Kampf.«
Jassar nahm das als Stichwort, erleichtert, dass die Selbstanklage damit abgeschlossen war. Weiter mit der Zukunft. DieMaßnahmen, die er zur Behebung dieser schwelenden Missstände entworfen hatte. »Das führt uns zu unserem gemeinsamen Rettungsprojekt mit unseren OPEC-Partnern. Es ist an der Zeit, es zu realisieren. Alle OPEC-Staaten teilen im Wesentlichen das gleiche Profil: Sie haben riesige Öl- und Gasreserven, beschränken sich aber darauf, sie aus dem Boden herauszupumpen. Es sind andere Wettbewerber, die das Raffinieren übernehmen, die Verschiffung und den Verkauf zur Weiterverarbeitung in Endprodukte wie Plastik und Chemikalien oder auch den Direktverkauf an Einzelhandelsabnehmer, zum Beispiel Tankstellen.«
Jassar sah, dass Abad zustimmend nickte. Er fuhr fort: »Heutzutage ergibt diese Seite des Geschäfts über die Hälfte des Profits, und dieser Anteil ist im Wachsen begriffen. Wir verschenken jede Menge Geld. Geld, das unsere Wirtschaft dringend benötigt. Ich schlage vor, dass wir ein aggressives Akquisitionsprogramm auflegen, um Raffineriegesellschaften und Vermarkter zu kaufen. Wenn wir den Ölfluss von der Quelle bis hin zum Endverbraucher kontrollieren, können wir den Preis anheben und stabil halten – was uns in der ganzen langen Geschichte der OPEC nie über längere Zeit gelungen ist. Unsere Ökonomen haben errechnet, dass jede Erhöhung des Rohölpreises um einen Dollar eine Einnahmesteigerung von zehn Milliarden Dollar pro Jahr erbringen würde.« Erst jetzt hob Jassar den Kopf. »Ich glaube, mithilfe dieses Programms werden wir das Bruttoinlandsprodukt innerhalb von fünf Jahren verdoppeln können.«
»Damit könnten wir den Staatshaushalt ausgleichen und die saudischen Bürger in Lohn und Brot bringen«, sagte Hashim.
»Und unsere Herrschaft wird sich stabilisieren, weil den Argumenten der religiösen Extremisten der Boden entzogen wird«, ergänzte Kronprinz Abdul.
»Vor allem aber wird es dafür sorgen, dass die saudischen Bürger wieder ohne Sorge und mit Stolz auf ihr Leben blicken können«, sagte Jassar. Sein Auftreten hatte an Bestimmtheit gewonnen, es war, als wäre ein Ruck durch seinen Körper gegangen. »Vor euch liegen Kopien der wesentlichen Schriftstücke, die ich unserenOPEC-Partnern präsentieren werde, um ihre Unterstützung des Rettungsprojekts einzuholen. Vorher aber bin ich die kommenden zehn Tage über auf Reisen, um Bewerbungsgespräche zu führen mit Personen, die uns als Berater dienen sollen – Anwälte und Investmentspezialisten für Fusionen und Übernahmen.« Seine Cousins nickten
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