Trojanische Pferde
auf Pferde stehst, die hat Ibrahim auch. »Einen Stall voller Araber, allerdings wirst du, außer beim Reiten, auf die Stiefel verzichten müssen. Ibrahim steht total auf Füße, falls du weißt, was ich meine. Nun«, sagte sie, zur Decke blickend und auch die Füße absurderweise in dieselbe Richtung gereckt, sodass ihr nackter Hintern unter dem Morgenröckchen hervorlugte. »Bereite dich lieber vor. Die Bienenkönigin kann jeden Moment hier sein, um dich unter die Lupe zu nehmen.«
»Wer?«
Bienenkönigin?
»Nibmar. Ibrahims Mutter. Jassars erste und Lieblingsfrau.«
»Warum kommt sie?«
»Um zu sehen, ob du ihre Ansprüche für ihren ältesten Sohn erfüllst. In der Außenwelt bestimmen die Männer, aber du bist jetzt hier in der Frauenwelt. Hier ist Nibmar die Herrin im Haus. Das heißt, selbst wenn Jassar der Ansicht ist, dass du der absolute Hammer bist, musst du dich erst noch bei Nibmar qualifizieren.« Sie rollte sich herum und warf Sasha einen eindringlich mahnenden Blick zu. »Mit Nibmar ist nicht zu spaßen!«
Wieder klopfte es an der Tür. Nafta setzte sich gerade auf dem Bett. Die Klinke wurde vorsichtig heruntergedrückt und eins der Dienstmädchen kam mit einem Silbertablett herein, gefolgt von einer ähnlich gekleideten Dienerin. Sie gingen zum Tisch, um die Mahlzeit der Mädchen aufzudecken.
Während sie aßen, begann Sasha zu ahnen, warum Nafta dazu ausersehen worden war, sie zu indoktrinieren. Nach achtundvierzig Stunden ihres unablässigen Geplappers gäbe es garantiert nichts mehr zu erzählen. Hin und wieder gelang es Sasha, ein paar Worte einzuwerfen, danach aber musste sie sich sofort wieder anhören, wie Ibrahim die längst aufgelöste Band Three Dog Night zu einer Reunion bewogen und für ein einwöchiges Gastspiel auf seinen Abendpartys engagiert hatte; wie groß die Brüste von Florinda Wilson, ehemalige Miss California und aufstrebender Filmstar, waren, bevor sie von einem Castingagent zu einem Leibwächter des Kronprinzen Abdul – einer von Ibrahims Cousins – geschickt wurde, um sich vorzustellen, und, du meine Güte, in null Komma nichts war sie in Saudi-Arabien; wie es war, als Ibrahim, im Rahmen einer Wette mit Prinz Omar, sechs von den Mädchen mit ins Bett genommen und sie alle bedient hatte, und sie, Nafta, sei dabei gewesen und könne deshalb aus erster Hand – na ja, genau genommen aus vierter Hand, sozusagen – berichten; und wie einmal … Ein energisches Klopfen an der Tür ließ Nafta mitten im Satz verstummen. »Das wird die Valide Sultan persönlich sein.«
Die Tür schwang auf und herein trat eine kleine Frau mit hervorspringender Nase, vollen Lippen und braunen Augen mitLidern halb so lang wie Sashas Zehennägel, gefolgt von zwei Dienerinnen. »Hallo, Sasha, willkommen in Saudi-Arabien. Ich habe schon so viel von dir gehört, Kind.« Sie sprach ein gepflegtes britisches Englisch, ähnlich wie Sasha, aber Aussprache und Ausdrucksweise in einem hohen Ton, als würde sie aus Shakespeares Werken vorlesen. Sie schritt durchs Zimmer, als gehörte es ihr, blieb vor Sasha stehen und musterte sie von Kopf bis Fuß. Sie lächelte sanft, fast abgeklärt. Ihre dunkle arabische Haut, die den cremigen Glanz eines Lebens mit zwei Gesichtsbehandlungen pro Woche vorwies, war makellos, abgesehen von einigen Fältchen um die Augen, und sie trug ein elegantes hellbraunes Kleid, das ohne Weiteres auf dem Titelblatt der
Vogue
hätte erscheinen können – Chanel? Ihr dunkelbraunes Haar war zu einem Knoten zurückgebunden.
Ganz und gar nicht das, was ich nach Naftas Schilderung erwartet hätte
. Sasha lächelte zurück. »Hallo, Nibmar.«
»Nun, mein Kind, zunächst einmal werden wir deine Maße nehmen müssen. Ich würde dich bitten, dich zu entkleiden. Preeba und Darkeen werden dir behilflich sein.« Die zwei Dienerinnen traten auf sie zu.
Auf keinen Fall!
Sashas Körper versteifte sich, unwillkürlich schlug sie die Hände vor die Brust. Ihr Kinn schnellte hoch, die Augen weiteten sich vor Schreck, bevor sie sich im Zorn verengten. Sie bemerkte Nibmars Reaktion – die Heiterkeit ihres Blicks wich fester Entschlossenheit.
»Schon gut, Kind. Ganz wie du willst. Ich werde dir helfen.« Sie schickte sich an, Sashas Bluse aufzuknöpfen.
Was für ein Tollhaus ist das hier? Habe ich jede Individualität verloren, jeden Rest von Intimsphäre?
Während sie noch im Stillen klagte, kehrte ihr Zorn zurück. Sie starrte Nibmar in die Augen. »Ich kann das ganz gut auch
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