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Trojanische Pferde

Trojanische Pferde

Titel: Trojanische Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lender
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Beiwerk zu Buchsbaum und Formschnitthecken.
    Oscar Wilde, in einem seiner Stücke eingesperrt und übergeschnappt.
    »Alles schön heiter und fröhlich, oder?«, sagte er. Sie bemerkte seinen auffordernden Blick und wusste, dass er ein Kompliment von ihr erwartete.
    War das nur ein Scherz? Nein.
Ibrahim sein ist alles.
»Das sieht ja wirklich total englisch aus«, sagte sie mit so viel Begeisterung, wie ihr zu Gebote stand. Sie nahmen Platz. Auf sein Klingeln hin erschienen zwei Dienerinnen. Die eine servierte sein Egg Benedict, das in der Hollandaise fast ertrank, die andere den Earl Grey, die Erdbeeren und den Haferbrei für Sasha. Seine Manieren beim Essen, beobachtete sie, waren die eines Gentleman.
Wenigstens ist er süß. Ziemlich sexy.
Sie musste lächeln, während sie ihren Tee umrührte.
Nicht mein Geliebter, aber vielleicht kommt das noch? Sexy ist jedenfalls schon mal gut.
Sie fühlte sich jetzt entspannt in seiner Gegenwart. »Im Training für die Olympischen Spiele befindest du dich also nicht, wie ich sehe.« Er blickte verwirrt auf, und sie bekam einen kleinen Schreck, als sie an seine heftige Reaktion in der Dusche dachte.
    Er blickte auf seine Eier. »Ich teile die Auffassung der westlichen Kultur, dass das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages ist. Du solltest mal sehen, was meine Landsleute essen.« Er lächelte.
    Ja, er hat Jassars Lächeln in den Augen.
Das hatte sie, erinnerte sie sich, ja schon letzte Nacht festgestellt. »Du musst also nicht gleich zum Gebet?«
    »Später.«
    Seltsam. Ganz und gar nicht wie Jassar.
Jassar war immer als Erster aufgestanden, wenn er in der Schweiz zu Besuch war, und hatte auf dem Teppich gebetet, den er immer mit sich führte. »Und was genau macht ein Prinz denn so den ganzen Tag?« Ibrahim schürzte die Lippen.
Aha, muss ein wichtiger Punkt sein.
Er holte erst einmalLuft, bevor er zu seiner Antwort ansetzte.
Vielleicht muss er erst noch in seine Verhaltensweisen hineinwachsen.
    »Die spaßigen Sachen machen Spaß, die langweiligen sind langweilig. Wovon möchtest du zuerst hören?« Er lächelte wieder, das gleiche gewinnende Lächeln, das sie schon in der Nacht gesehen hatte, ohne sich darauf ganz einlassen zu können. Jetzt aber wurde ihr Zynismus davon glatt hinweggefegt.
    »Alles«, sagte sie. Sie legte ihr Kinn auf die gefalteten Hände, die Ellbogen auf den Tisch gestützt.
    »Tja, mal sehen, nehmen wir heute als einen typischen Tag. Also, früh aufstehen« – er blickte auf seine Armbanduhr –, »gegen 5.30 Uhr, würde ich sagen, dann unter die Dusche.« Er fasste die Eier auf seinem Teller ins Auge. »Alles Sachen, die Spaß machen, bis dahin, in angenehmer Gesellschaft.« Er blickte auf. Wieder das Lächeln, frisch eingestellt, als wäre sie die erste Person, an der er es ausprobierte, das Originalmuster sozusagen, an dem sich alle folgenden Kopien würden messen lassen müssen, bevor sie zur Veröffentlichung freigegeben wurden. »So weit kannst du mir folgen?«
    Sasha nickte.
Vielleicht nimmt er sich selbst doch nicht so ernst.
Etwas befremdet vermerkte sie, dass es ihm gelang, mit dieser äußerst prosaischen Schilderung ihre Aufmerksamkeit zu fesseln – sie war ehrlich gespannt, wie es weiterging. Das Licht fing sich im schwarzen Kräuselhaar auf seinen Armen. Sie dachte an die Festigkeit seines Bizeps, von der sie sich in seiner Umarmung hatte überzeugen können.
Ja
, sie legte den Kopf zur Seite, ganz einverstanden damit, dass er sich Zeit ließ,
er könnte sich zu einem Geliebten entwickeln.
    »Als Nächstes werde ich mich diesen Gebeten zuwenden, mit denen du mich ständig löcherst …«
    »Löchern? Also ehrlich …«
    »… ob du’s glaubst oder nicht. Dann bereite ich mich auf meinen Nachmittagsunterricht vor.«
    »Bist du ein ernsthafter Student?«
    »Weiß nicht. Ernsthaft genug, denke ich.«
    »Dein Vater sagt, du wirst nach Harvard gehen.«
    »Ja, das macht man wohl so. Vater hat sein Herz an Harvard gehängt. Bin froh, dass ich ihn nicht enttäuscht habe.« Er zuckte die Achseln. »Anscheinend bin ich ganz gut im Aufsatzschreiben. Hat natürlich auch nicht jeder die Möglichkeit, darüber zu schreiben, dass er einen wichtigen Faktor für die Zukunft eines Landes darstellt.« Er sprach, als würde er aus seinen Bewerbungsunterlagen vorlesen. Geübt. Ohne große Begeisterung.
    »Und als Nächstes?«, fragte sie.
    »Als Nächstes kommt der erste wirklich langweilige Teil, eine Besprechung im Finanzministerium mit

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