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Trojaspiel

Trojaspiel

Titel: Trojaspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Hoepfner
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Fluren gefüllten Holzhauses, das Erwachen jenes Geistes, der auf dem Speicher zu Hause gewesen war.
       Genau eine Stunde dauerte es, dann hörte ich die Kugel wieder, unterhalb zweier gekreuzter Äxte, oberhalb eines Fenstersturzes an der schmalen Seite des Hauses fiel sie heraus, ein paar tarnende Holzspäne beiseite drängend, rollte weiter auf dem Boden und blieb vor meinen Füßen liegen.
       Mehr hatte ich Mahgourian nicht zu berichten. Mehr würde nie über meine Lippen kommen. Man gewöhnt sich an das Unaussprechliche. Jeder hat seine kleinen Geheimnisse. Sie machen die Wangen rot, so wie meine jetzt. Irgendwann stören sie nicht mehr.
       Nur drei Tage später war der Speicher entrümpelt und das erste Werk des Baumeisters zerstört. Mein Vater war wie immer schneller als ich, die Genstreuung zwischen ihm und mir ist eine verläßliche Größe.
       Wer würde schon ein Puppenhaus vermissen.
       Ich hatte, noch immer verstört und unaufmerksam, in der darauffolgenden Woche meinen Unfall, und nur Mahgourian, dem ich das unspektakuläre Ende des Kunstwerkes nicht vorenthielt, bekam feuchte Augen, so wie Menschen, die etwas zu stark Gewürztes essen oder starkem Zug ausgesetzt sind. In seinem Alter weint man so.
      
      
     

D i e  R e i s e
      
      
      
      
      
      
       
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      

 
     
     
       Der dänische Speläologe und Abenteurer Torsten Lemvig, ich habe seine erhaltenen Lebenserinnerungen, ein unscheinbares Bändchen, auf dem Speicher gelesen, beschreibt Anfang des 20. Jahrhunderts in seinen Aufzeichnungen zu einer Expedition durch New Mexico das Reisen ähnlich wie Mahgourian.
       Der sichere Ort wird aufgegeben zugunsten der begeisternden Erfahrung. Es geschieht freiwillig und ist doch notwendig , heißt es in einem Brief an seine sorgenvolle junge Verlobte in Kopenhagen.
       Trotzdem leben wir doch überall unter dem gleichen Himmel , fügt er am Ende seiner Ausführungen wie beschwichtigend hinzu.
       Aus den Carlsbad Caverns, einem der größten unterirdischen Höhlensysteme der Welt, ihr stattlichster Raum besitzt eine lichte Höhe von achtzig Metern, ist er nie zurückgekehrt. Seinen Leichnam hat man nicht gefunden. New Mexico ist groß, auch unterhalb der Erdoberfläche. Reisen haben, der Verschollene hätte es trotzdem, ich bin sicher, ohne Zögern bestätigt, für gewöhnlich eine bestimmte räumliche und zeitliche Ausdehnung, um als solche anerkannt zu werden. Niemand würde etwa den Weg von seinem Sessel zum Kühlschrank eine Reise nennen, selbst unter sehr trägen Menschen wäre das höchstens eine humorvolle Übertreibung. Auch das Aufsuchen einer fernen Welt für nur einen Augenblick würde unter denjenigen, die durch Versuche mit entsprechenden Mitteln ihre vertraute Sphäre verlassen, bestenfalls als psychologisches Experiment, aber nicht als Reise beschrieben werden. Für Lemvigs Reise wie für alle anderen gilt jedoch, es ist am Ende nicht die Rückkehr, die zählt, sondern daß der Reisende sein Ziel erreicht hat.
       Auch Mahgourians Entschluß, sein Ziel zu erreichen, stand fest. Vielleicht ahnte er, daß ich beabsichtigte, ihm die Postkarten zurückzugeben, denn ich hatte ihm bislang nicht zugesagt, die vage Spur dieser Hinterlassenschaft von Schwartz zu verfolgen. Mahgourians Hoffnung, den Baumeister aufzuspüren, erschien mir zu phantastisch. Zu viel Zeit war vergangen.Ich war kein Detektiv und außerdem gezwungen, an meine Rückreise zu denken. Ein Gerichtstermin erwartete mich. Eine Woche nach unserem letzten Treffen ließ ich dem Alten einen kurzen Brief zukommen, in dem ich ihm knapp auseinandersetzte, warum ich die Suche nach T. L. für aussichtslos hielt. Die Aufgabe sei zu groß für mich, hieß es in meinem Schreiben, ich würde einen Toten nicht zum Leben erwecken können. Es war kein Spott in dieser Aussage. Gleichwohl war ich erstaunt, daß der Hotelier die Post seines Vorgängers nicht zurückforderte, als er drei Tage später in meinem Zimmer stand, sondern anbot, mich zu begleiten.
       Der alte Mann strahlte. Nicht in der Weise, wie man es tut, wenn man unter Mitteln steht oder einen trägen Komplizen motivieren will. Rechts und links trug er zwei altmodische Lederkoffer, die mit dekorativen Aufklebern versehen waren. Souvenirs von Hotels und touristischen Zielen. Solche Koffer mußte man für teures Geld im Antiquitätenladen kaufen,

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