Trojaspiel
Wolkentreppe neben mich ziehen, und plötzlich, plötzlich, fallen wir auf den Boden, Furien schreien um mich herum, diese dicken schwarzen Schwestern, die auf die Welt gekommen sind, um Kinder zu zeugen, und die es aus irgendeinem Grund nicht auf die Reihe kriegen und deswegen in einem Kindergarten arbeiten. Sie schlagen und treten mich, aber ich spüre nichts mehr, sie rufen Polizei! Und ich brülle wie ein Vieh. Matt läuft weg. Das war nicht Ihr Sohn fauchen sie, Kindesentführung, und schließlich klickt es wirklich an meinen Handgelenken, und was soll ich sagen, ich lande im Loch.«
Wieder sitzen wir also auf einer Bank, in einem Park meiner Heimatstadt, und Zack hat den Ausdruck eines eigentlich nur spekulativen Zorns in den Augen, der Zorn, mit dem man sich vor die U-Bahn oder aus dem Fenster wirft und der überzeugt ist vom ausgleichenden Ritual der Opferung.
»Alles nur geträumt«, sagt er, so wie damals. Diesmal meint er meine eigenen Ausflüchte, meinen Versuch, ihn zum Rückzug zu bewegen. Dann lacht der Professor, kann vermutlich meine Gedanken lesen.
Damals im Park vor unserem Hotel war nach seinem letzten Satz eine lange Pause eingetreten. Unser Rasendreieck hatte sich langsam gefüllt, an diesem Punkt, an dem er die Zäsur seines Lebens, die Zeitenwende, mitteilen wollte, hatte sich Theaterpublikum um ihn versammelt, das hüstelte und ungeduldig mit den Füßen scharrte, um trotzdem unzweifelhaft, wenn die Vorstellung beendet wäre, amüsiert oder auch bewegt in den Ameisenstrom der Straße zurückzutreten. Vorhang auf: Mit kalter Lust erhebt sich jetzt Zacharias, schaut starr in ihre Gesichter und berichtet von dem zerschlagenen Gesicht Louisas, dem zerschundenen Körper, der steif und leblos auf einer Bahre liegt, die Augen geschlossen, Ringe und Halsketten fehlen, davon, daß seine einzige Sorge in diesem Augenblick ist, dem arroganten Polizisten und dem im Hintergrund grinsenden Latino-Sektionsgehilfen zu zeigen, daß er ein Mann ist, sich dem Schmerz nicht beugt. Er wagt nicht, sie zu berühren, es ist Ekel, ihr Vergewaltiger und Mörder, das ist in Wirklichkeit er selbst, und nun fürchtet er die Tat, fürchtet, daß Louisa die Augen öffnen und ihn anstarren könnte. Aber das, klärt der Professor sein Publikum auf, hatte sie sich für die Nächte aufgehoben, für den gesamten Rest seines Lebens. Zack wird bald deutlich, wer der wirklich Mächtige in seiner Ehe war, denn Louisa besucht ihn nachts, versammelt all die Dämonen um sich, die er erfolgreich vertrieben oder vergessen glaubte. Sein Vater, als Obdachloser unter einer Brücke erfroren, die Mutter, von Zack im Stich gelassen, seine Schwester, die es nicht geschafft hat und der er nur drei Wochen später in der gleichen kalten Halle zum letzten Mal begegnet war. Alle Mittel müssen aufgeboten werden, um diese Erscheinungen zu vertreiben, sie revanchieren sich durch noch häufigere Besuche. Und eines Tages, Zack hat eigentlich vor, den kleinen Matt vom Kindergarten abzuholen, ist er so zu und am Ende, daß er sein eigenes Kind mit einem fremden Jungen verwechselt, den schreienden Knaben mit sich fortzieht, weg von dem Geheul der Peiniger, daß ihm jetzt deutlich in den Ohren klingt, bis ihn eine Erzieherin und ein paar Passanten stoppen und ein Handgemenge mit der eingetroffenen Polizei ihn ins Kittchen bringt.
»Alles nur geträumt. Nichts von dem, was du gesagt hast, ist wahr«, wiederholt der Professor, der an mir vorbeiblickt, als würde er sich sammeln müssen, vor dem Sturm.
»Es gibt nur diese Bank und diesen Park.«
Dann geht er zu den Kurzgeschorenen hinüber, ich höre ihn irgend etwas sagen und sehe, wie seine Hand, die plötzlich an seiner Gesäßtasche auftaucht, ein kurzes Messer hervorzieht, abwartend.
Ich umklammere den alten Schlüsselbund, ich habe ihn aufbewahrt, mit meiner Faust. Das hat mein Vater auch getan, wenn er auf den Speicher kam, es verleiht jener sprachlosen Ausdrucksform mehr Nachdruck, und ich folge dem Mann mit dem Medikamentennamen ohne Widerrede. Genau in dem Augenblick, als der Rassenkonflikt in seine entscheidende Phase treten soll, kommt Laura in den Park, glücklich eine winzige Plastiktasche schwenkend. Sie singt sogar, eine weitere Darbietung, diesmal wirkt ihr Auftritt jedoch deeskalierend.
Wir beide wenden uns um. Vielleicht, weil Lauras Stimme einen Klang hat, der Menschen verunsichert, vielleicht, weil jeder unserer Gegner jetzt die blitzende
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