Trolljagd
Ashas Mutter war eine Voundon-Priesterin gewesen, die Ashas Vater, einen Hexenmeister, ermordet hatte, nachdem er ihr offenbart hatte, dass er nichts mit ihr oder dem Kind, das in ihr heranwuchs, zu tun haben wollte. Ashas Mischblut und das Verbrechen, das ihre Mutter begangen hatte, hatten immer wie ein dunkler Schatten über ihrem Leben gelegen. Der Coven hatte sie zwar aufgenommen, aber niemals wirklich akzeptiert, bevor Dutch sie am Schwarzen Hof willkommen geheißen und zu einem Mitglied der Hatz gemacht hatte.
»Jahrelang haben wir die Unreinheit ihres Blutes nicht wahrhaben wollen, aber ich fürchte, dass sich unsere Liebe zu unserer Schwester jetzt bitter rächt«, fuhr Dutch fort. »Wir alle wissen, wie mächtig Asha schon von sich aus ist, aber mir graust bei dem Gedanken daran, wozu sie imstande wäre, wenn sie über einen Gegenstand mit so großer Macht verfügen und sich an die Zauberer wenden würde, um ihre Position zu verbessern. Das könnte das Ende des ganzen Magierzirkels bedeuten, weil wir alle bestimmt wieder versklavt würden, wenn sie an die Macht kämen.« Um seine Worte zu bekräftigen, drückte Dutch ein paar Tränen hervor.
»Lieber würde ich sterben, als ein Sklave zu werden«, verkündete Lane.
»Das würden wir wohl alle, aber ich fürchte, uns bleibt keine Wahl, wenn Asha ihnen diesen Gegenstand bringt. Man muss sich um sie kümmern«, eröffnete Dutch den Schwestern.
»Was meinst du damit?« Lisa sah ihn schockiert an.
Dutchs Augen waren kalt. »Ich glaube, ihr wisst, was ich meine. Asha muss für ihren Verrat zur Rechenschaft gezogen werden.«
»Aber es ist Asha. Sie gehört zur Hatz«, erwiderte Lisa ungläubig.
Dutch atmete langsam ein, und während er das tat, spürte Lisa, wie ihr die eigene Luft weggesaugt wurde. »Im Zirkel ist kein Platz für Verräter, und ganz besonders nicht am Schwarzen Hof.«
»Genug!« Lane sammelte ihre magischen Kräfte, aber sie zögerte noch damit, Dutch anzugreifen. Sie wusste, dass sie für den Schwarzen König kein ebenbürtiger Gegner war, aber sie würde nicht zulassen, dass er ihre Schwester tötete. Zum Glück ließ Dutch von Lisa ab, und sie sackte zu Boden.
Dutch lehnte sich gegen den Schreibtisch und redete auf die Schwestern ein. »Persönliche Gefühle dürfen nicht wichtiger sein als das Wohlergehen des Zirkels. Asha hat uns verraten, und dafür muss sie bestraft werden. Als Mitglieder der Hatz verpflichten euch Ehre und Gewissen, für die Gerechtigkeit zu kämpfen, wenn irgendjemand ein Verbrechen gegen uns verübt. Wenn ihr nicht zu dieser Verpflichtung steht, verliert ihr die Gunst eures Königs. Wollt ihr das?«
Lisa und Lane tauschten vielsagende Blicke. Asha war für sie wie eine Schwester gewesen, aber Dutch war ihr König. Falls sie sich widersetzten, würden sie innerhalb von Sekunden tot sein. Wenn sie Glück hatten. »Nein, mein König«, antwortete Lane für beide.
»Gut.« Er nickte. »Ich verlange viel von euch, das weiß ich, aber eure Treue wird belohnt werden. Vernichtet Asha, bringt mir den Gegenstand, nach dem ich sie ausgeschickt hatte, und ich ernenne euch zu meinen Hatzmeisterinnen.«
Damit hatte er sie in der Tasche. Zum Hatzmeister ernannt zu werden gehörte zu den höchsten Ehren, die einer Hexe oder einem Hexenmeister zuteil werden konnten. Der König und die Königin regierten zwar den Zirkel, aber es war die Hatz, die über die reale Macht verfügte. Doch so begehrt die Position als Hatzmeisterin auch war – sie mussten einen ziemlich hohen Preis dafür zahlen.
»Dein Wille geschehe, mein König«, sagte Lane schließlich und half ihrer Schwester wieder auf die Beine. »Wir werden Asha finden und den Gegenstand, den du suchst. Was ist das für ein Gegenstand?«
Dutch lächelte. »Das werdet ihr wissen, wenn ihr ihn seht.«
Sobald Lisa und Lane sein Büro verlassen hatten, griff Dutch zum Telefon. Er wusste zwar, dass sich die beiden Mädchen ziemlich geschickt anstellten, aber es war keineswegs sicher, dass sie schaffen würden, was er von ihnen verlangt hatte, und er durfte nichts dem Zufall überlassen. Dass der Nimrod sozusagen bei ihm vor der Tür wieder aufgetaucht war, war ein Segen und ein Fluch zugleich. Dutch hatte vor vielen Jahren die Macht des Relikts gekostet, aber der Preis dafür war hoch, ein Preis, den zu zahlen er schon seit vielen Jahren vermieden hatte. Vielleicht war jetzt für ihn die Zeit gekommen, diese Schuld zu begleichen. Um seine Geheimnisse zu schützen, musste er
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