Tropfen im Ozean
glitzerte es wieder... nicht nur überrascht, es war ein gefährliches Glitzern, aber das merkte ich nicht, weil ich furchtbar aufgeregt und diese neue Verhaltensweise ungewohnt für mich war.
„Und ob ich hier bleibe, ist auch fraglich“, fuhr ich mit zittriger Stimme fort. „Ich habe eine Menge aufgeschrieben, was ich ändern möchte... und entweder du respektierst das oder ich bin weg.“
„Sag mal, ist das ein Erpressungsversuch?“ zischte er.
„Nein, ein Durchsetzungsversuch. Du musst ja nicht drauf eingehen. Nur... dann gehe ich halt. Das ist alles.“
„Und wo willst du hin, so ganz ohne Referenzen?“ fragte J sarkastisch.
„Ich find schon was. Wenn nötig, fang ich nochmal von vorne an“, sagte ich. „Und wenn du mir keine Referenzen gibst – Zehngold und all die anderen Kunden geben mir ganz bestimmt welche. Die wissen, wer bei ihnen war. Und das warst nicht du“.
J setzte zu einer Antwort an, merklich schluckte er sie runter. Erst durch seine Reaktion kam mir, dass ich ja seine Kunden gar nicht angehen durfte. Sie gehörten alle JC. Mist!
„Und... was... steht so alles auf deiner Liste?“ fragte er unwillig einlenkend.
Ich deutete auf den Konferenztisch.
„Können wir das formell besprechen?“
„Klar, nur zu“, sagte er und drückte auf einen Knopf am Telefon. „Bringt mal einer Kaffee rein“, schnarrte er in den Lautsprecher. „Wir haben ne längere Sitzung hier“.
„Vielleicht wird sie gar nicht so lang“, sagte ich versöhnlich. „Ich habe keine so großartigen Änderungswünsche, nur normale“.
„Wir werden sehen“, presste J hervor und mir dämmerte, wie wenig ihm das passte, auf Forderungen eingehen zu müssen.
Meine Ansprüche waren wirklich normal. Ich wollte feste Pausen, für die Überstunden entweder eine monetäre oder zeitliche Vergütung, Mitspracherecht bei der Vergabe von Aufträgen sowie Zeit und Geld für Weiterbildungsmaßnahmen. J scheute allerdings schon bei diesen Punkten.
„Wenn ich deinen Vertrag mit diesen Pausen versehe, wollen das die anderen auch“, maulte er. „Das bremst total. Du weißt doch, dass es Stoßzeiten gibt und das muss man dann einfach nutzen!“
„Wir hatten bisher ausschließlich Stoßzeiten“, antwortete ich. „Das hält kein Mensch auf Dauer aus. Und dass die anderen die gleichen Rechte bekommen, halte ich nur für gut“.
J fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Okay – und weiter?“ fragte er ungehalten.
„Ich will, dass mein Name erwähnt wird, im Vertrag, den du mit den Kunden aushandelst und im Abspann, und zwar bei allen Arbeiten, die ich gemacht habe. Ich will für jeden Film eine Referenz vom Kunden – die kannst du gerne für dich nutzen, aber ich bekomme sie im Original auf JC und meinen Namen ausgestellt.“
„Sag mal, bist du noch ganz sauber?“ schrie J. „Willst du mein Geschäft ruinieren?“
„Dein Geschäft ist ruiniert, wenn du mich nicht hast“, sagte ich tapfer und bemühte mich, meine Stimme nicht zittern zu lassen. „Und wie gesagt, du musst nicht unterschreiben“.
In J’s Hirn arbeitete es. Er mahlte mit den Kiefern und dachte nach. Dann hellte sich sein Gesicht auf. Es strahlte geradezu.
„Okay“, sagte er und sah mir mit einem fast spöttischen Blick in die Augen. „Einverstanden. Ich hab sogar schon das nächste Projekt für dich, wo du das voll nutzen kannst...“
„Die Zehngold-Empfehlung?“
„Woher weißt du das?“ fragte er misstrauisch.
„Er... er hat mir eine Mail geschrieben“, log ich.
„Oh... okaaayyyy? Du stehst persönlich mit ihm in Kontakt?“
„Nein... es war nur diese eine Mail“, antwortete ich, erstaunt über seine Reaktion.
„Tja, sei’s drum, ja, dieser Kunde ist überfällig“, sagte er sarkastisch. „...da kannste gleich mal deinen Arsch in Bewegung setzen, bevor uns der Auftrag durch die Lappen rutscht, weil Madame meint, monatelang Urlaub machen zu müssen“.
Genervt presste ich die Lippen zusammen. „Und welches Projekt scheint noch dringender zu sein, dass der Zehngoldkunde letztlich doch noch warten kann?“ biss ich zurück.
„Den rufst du gleich an, wenn du hier zur Tür raus bist!“ diktierte er barsch.
„Ich rufe ihn an, wenn wir das hier alles schriftlich fixiert haben“, sagte ich bockig und funkelte J zum ersten Mal wütend an.
Wieder glitzerten seine Augen und diesmal wurde mir bewusst, dass dies kein harmloses Glitzern war.
„Gut!“ sagte er eisig. „Wenn du meinst, hier den Boss spielen zu
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