Tropfen im Ozean
als ich meine Decken wie immer falte, mich an den gleichen Platz setze wie immer, in der gleichen Stellung. Sowie ich sitze und ein paar Mal tief ein und ausgeatmet habe, erfasst mich eine spiralige Energie. Meine Augäpfel drehen sich mit so brutaler Gewalt nach hinten-oben, dass es mir weh tut. ‚ Gott’ , denke ich erschrocken, nachdem das nicht aufhört, ‚ich hab keine Ahnung, was ich machen soll! Mach du!’ . Der Druck hinter den Augen erlischt schlagartig. Vor meinen Lidern flimmert es, aber es bleibt dunkel. „Und?“ , frage ich lautlos . „War’s das jetzt?“
Und da passiert es. Etwas rumort an meinem unteren Rücken. Ein Tier. Rollt sich auseinander. Es schießt meine Wirbelsäule entlang bis zum meinem Kopf. Tritt aus mit einem Blitz und hält über meinem Kopf die Balance. Da schwebt was über meinem Kopf, wie das Haupt einer Kobra, wie eine Krone. Eine Krone, ja, genauso fühlt es sich an. Warum kommt keine Freude auf? Wo ist der Jubel? Irgendetwas fehlt und plötzlich, mit einem Mal, erkenne ich das Gefühl: Es fehlt die Erfüllung. Wie beim Sex. Die Klimax. Die Auflösung, Verschmelzung. Ich komme bis zu einem Punkt und dann ist Sackgasse. Vorsichtig spüre ich zu dem Krönchen über meinem Scheitelpunkt. Es ist geradezu greifbar, so klar, dass ich es deutlicher wahrnehme als den Rest meines Körpers. Mir ist nach Heulen zumute und ich weiß nicht, warum.
WOM ist sehr ernst, als ich aus dem Zelt komme. Mir gelingt ein schiefes Lächeln und seine Augen sind ein tiefer See an Mitgefühl. Warum? Was ist passiert? Ich will ihn fragen, aber er legt den Zeigefinger an die Lippen und ich schweige.
Stumm sitzen wir auf der Bank. Es ist Frühsommer und es ist warm. Der Tee dampft. Die Sonne geht auf und WOM hat diesmal seinen Arm ganz fest um mich geschlossen. Ich seufze und lehne mich an ihn. Dieser Mann tut so gut, so gut, ich wünschte, alle Menschen wären so. Ich wünschte, meine Eltern wären so. Ich wünschte, ich wäre so. Und das ist mein Ziel.
An der Tür zögert er. Ich spüre, wie etwas in meiner Kehle klopft und rotiert seit der Meditation. Ein komisches Gefühl. Sein Blick geht genau dorthin und er schaut zum ersten Mal, seit ich ihn kenne, sorgenvoll aus.
„Mäuschen“, sagt er. „Ich bin die nächsten Tage nicht da. Wir müssen eine kleine Pause einlegen“.
Ich nicke. „Du warst so lange für mich da“, flüstere ich. „So lange... schon seit Monaten begleitest du mich und ich bin dir so dankbar dafür“.
Ein tiefes Lächeln erscheint auf seinem so schönen Gesicht.
„Eine Woche mein Kind, dann bin ich wieder hier“. Erneut zögert er. „Bitte versprich mir, dass du in diesen Tagen viel singst. Arbeite nur das Nötigste. Trink viel. Ich bin bald wieder da“.
Ich lächle. „Gute Reise“ wispere ich und umarme ihn noch einmal. Ich bin bald wieder da. Ich liebte diesen Mann. Dafür, dass er überhaupt da war.
***
„Ein Anruf für dich!“
Ich kam gerade zur Tür herein, als Susann mich mit den Augen fragte, ob sie durchstellen sollte und eine Karteikarte hochhielt. Mein Herz machte einen kleinen Sprung, ich nickte ihr zu, spurtete in mein Büro Richtung Schreibtisch und riss den Hörer hoch.
„Jimmi?“
„Genau der. Ich hab die Info bekommen, dass sie demnächst kommt.“
„Weißt du auch wann?“
„Tja... eben demnächst. Ich vermute, das bedeutet so in ein bis zwei Monaten. Oder in einem Jahr. Oder morgen.“
„Mann, du Scherzkeks!“
„Im Ernst - keine Ahnung. Aber sicher ist: sie will kommen. Ihre Eltern besuchen.“
„Ihre Eltern? Ich dachte, mit denen ist sie total zerstritten?“
„Vielleicht will sie sich ja aussöhnen.“
„Hm... reicht deine Verbindung so weit, dass du mir ein Interview besorgen kannst?“
„Tja“, sagte Jimmi. „Das ist der schwierigere Teil... sie ist inkognito hier“.
„Inkognito!“ spöttelte ich. „E!Liza! Wie will sie denn das meistern?“
„Keine Ahnung, wird schwierig, herauszufinden, wann und wo sie sich aufhalten wird.“
„Auffallen ist ihr Beruf! Und überhaupt, hast du nicht gesagt, sie wolle zu ihren Eltern?“
„Ja, klar...wenn’s stimmt.“
„Eben. Ich glaub’s nämlich nicht. Sag mir einfach Bescheid, wenn du Näheres weißt“.
E!Liza. Wir brauchten Material und J hatte Jimmi darauf angesetzt.
An diesem Tag hatte ich noch zwei Bewerbergespräche, aber WOMs Empfehlung eingedenk wollte ich das zweite Gespräch Rob und Elisha überlassen. Ich delegierte mehr als
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