Troposphere
handelt es sich tatsächlich um harte Wissenschaft und überhaupt nicht um Gedankenexperimente. Einsteins Züge … Schrödingers Katze. Hmm.«
»Ja, das sind zwei, mit denen ich mich ziemlich eingehend beschäftigt habe.«
»Na ja, wir müssen irgendwann mal richtig darüber reden. Aber zunächst stimmen Sie zu, dass ein Gedankenexperiment eine Geschichte sein könnte?«
»Ja, auf jeden Fall. Warum?«
»Wie wäre es, wenn ich an Ihnen ein Gedankenexperiment ausprobierte? Es hängt mit der Troposphäre zusammen, und obwohl es als Geschichte existiert – mit Figuren und so weiter –, habe ich die Geschichte noch nicht gesehen, und deshalb erzähle ich es als eine Art Geschichte, aber ohne Figuren, falls das einen Sinn ergibt.«
Das tut es nicht wirklich, aber ich nicke. »Fahren Sie fort. Das klingt interessant.«
»Was haben Sie über die Troposphäre bereits herausgefunden?«, fragt sie. »Und ich meine die wesentlichen Grundlagen.«
»Ähm«, sage ich. »Es ist eine Welt, die aus Sprache besteht.«
»Geht das genauer?«
»Na ja, aus Gedanken«, sage ich. »Und aus Metaphern und …«
»Gedanken«, wiederholt sie. »Ausgezeichnet. Ja. Es ist eine Welt, die aus Gedanken besteht. Also könnte man dann vielleicht die Frage stellen: Was ist ein Gedanke? Sind Sie einverstanden?«
»Ja.«
»Und unsere Erfahrung der Troposphäre zeigt uns, dass ein Gedanke nicht nur ein unsichtbares, eingebildetes Nichts ist. Gedanken sind eingeschrieben, sobald sie gedacht werden, und in diesem Sinn werden sie zu Wesen. Wären Sie damit einverstanden?«
»Ja. Damit wäre ich einverstanden.«
Wir graben weiter um, auch wenn dieses Stückchen Erde nun wirklich genug gewendet wurde.
»Gut. Dann erörtern wir doch diese Idee, dass Gedanken Substanz haben.«
Ich muss an eine Formulierung aus Apollo Smintheus' erstem Dokument denken.
»Vielleicht: Gedanke ist Materie«, sage ich.
»Ja! Genau. Aber es ist schwer vorstellbar, auf welche Weise genau Gedanken Materie sind.«
»Ja. Ich muss zugeben, dass ich nicht in der Lage war, mir das vorzustellen.«
Obwohl der Himmel immer noch ganz blau ist, fallen mir ein paar Regentropfen aufs Gesicht. Ich schaue hinauf, um zu sehen, wo sie herkommen, aber da sind keine Wolken.
Lura lächelt mich an. »Okay«, sagt sie. »Hier ist die Geschichte. Das Gedankenexperiment. Was würden Sie von folgendem Szenario halten? Stellen Sie sich einen Rechner mit einem riesigen Festplattenspeicher vor. Auf dem Rechner läuft ein Programm – vielleicht so was wie ein Spiel mit Figuren und Bauten. Die kleinen Figuren in diesem Programm sind in Binärcode geschrieben. Angenommen, sie sind Teil eines Simulationsspiels. Sie kennen gewiss den Typ Spiel, den ich meine, wo man, sagen wir, eine kleine Stadt für sie baut, in der sie leben, und die Software dann Effekte erzeugt wie Regen und Dürrekatastrophen und Kriege?«
»Ja. Ich weiß, was Sie meinen«, antworte ich.
»Okay, na ja, der nächste Schritt verlangt einen gewissen Vertrauensvorschuss. Was wissen Sie über künstliche Intelligenz?«
»Ich weiß, dass Samuel Butler sich Sorgen machte, Maschinen könnten so leicht Bewusstsein erwerben wie Menschen«, sage ich. »Dass Maschinen-Bewusstsein so unvermeidbar sei wie menschliches Bewusstsein.«
»Das ist interessant. Fahren Sie fort.«
»Er behauptete, dass Bewusstsein nur ein weiterer Teil der Evolution sei. Es sei eine zufällige Mutation, die allem und jedem widerfahren könnte. Und Maschinen sind schließlich aus demselben Stoff gemacht wie wir … Und wir füttern die Maschinen die ganze Zeit. Wir füttern sie mit Treibstoff und mit Sprache …«
»Ja!« Sie klopft mit der Kelle auf den Erdboden. »Gut. Aber greifen Sie mir nicht vor.«
Da ich nicht weiß, welche Richtung das hier nehmen wird, weiß ich nicht genau, wie ich es verhindern kann, ihr versehentlich vorzugreifen. Aber ich grabe noch etwas Erde um und sage bloß: »Okay, tut mir leid. Fahren Sie fort.«
»Stellen Sie sich vor, in unserer Computersimulation kommt es zu einer Mutation. Die kleinen Figuren entwickeln Bewusstsein. Woraus würden dann ihre Gedanken bestehen?«
Ich stelle mir mein Laptop auf einem Schreibtisch vor, während dieses Spiel auf ihm abläuft. Wie wäre es, eine dieser digitalen, binären Figuren zu sein? Wie vieler Dimensionen wäre man sich bewusst? Wie würde man mit den anderen Figuren interagieren? Ich denke darüber nach, woraus diese Welt besteht – im wesentlichen Nullen und Einsen –, und
Weitere Kostenlose Bücher