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Troposphere

Troposphere

Titel: Troposphere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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mein Gespräch mit Wolf am Vorabend und frage mich, ob es einfach so ist, dass es ein Buch gibt. Dann denke ich wieder über Geschichten und ihre Logik nach und frage mich, ob überhaupt so etwas existieren kann wie der einfache Satz: »Es gibt ein Buch.« Es war einmal ein Buch. Das ergibt schon eher Sinn. Es gibt ein Buch. Und was passiert dann? Es gibt ein Buch, und auf dem liegt ein Fluch, und dann liest man es, und dann stirbt man. Das ist eine richtige Geschichte.
    Als ich aus dem Badezimmer komme, erblicke ich Patrick in einer teuer aussehenden Jeans und einem blassrosafarbenen Hemd. Er sieht nicht schlecht aus in Jeans, doch Burlems Stil gefiel mir besser: das schwarze Hemd, die dunkle Hose und der Trenchcoat. Aber Burlem ist nicht hier, sondern Patrick. Nachdem wir eine Weile geflirtet haben, gehen wir zum Abendessen und führen ein seltsames Gespräch über die Lyrik des neunzehnten Jahrhunderts, in dem ich mich endlos über Thomas Hardy auslasse und darüber, dass das beste Stück an seinem Gedicht »Hap«, das von ihm erfundene Wort unbloom sei, in der Zeile: And why unblooms the best hope ever sown? – Warum verliert die beste je gesäte Hoffnung ihre Blüten? Das ganze Sonett handelt vom Wunsch nach einem Beweis für einen rachsüchtigen Gott – da es mit Sicherheit keinen Beweis für einen wohlwollenden gibt –, weil eine höhere Macht, selbst eine grausame, uns auf eine Weise Sinn gibt, wie wir ihn aus uns selbst nicht schöpfen könnten. Es endet damit, dass wir über Strukturalismus und Linguistik (Patricks Spezialgebiet) und dann über Derrida (eines meiner Spezialgebiete) reden.
    »Wie kannst du nur Derrida lesen?«, fragt mich Patrick irgendwann.
    »Wie kannst du es nur nicht tun?«, entgegne ich.
    Wir sind fertig mit dem Essen, und ich merke, dass ich das Gespräch jetzt wie ein Roboter führe, der am Turing-Test teilnimmt. Ich kann Patrick wahrscheinlich davon überzeugen, dass ich ein Mensch bin und ihm zuhöre, aber in Wirklichkeit denke ich über Mr. Y nach.
    »Geht's dir gut?«, fragt er.
    »Ja«, sage ich. Vielleicht sollte ich mir mehr Mühe geben. »Hast du schon mal einen Vortrag von Derrida gehört?«
    »Nein.«
    »Solltest du mal tun. Ich habe einen auf meinem iPod. Darin sagt er, dass Beten nicht dasselbe sei ›wie eine Pizza bestellen‹. Ich liebe das. Ich liebe diesen kleinen Film vor meinem geistigen Auge, in dem Derrida einen Abend damit verbringt, zu beten und Pizzen zu bestellen, um zu beweisen, dass es nicht dasselbe ist. Nicht dass er das je getan hätte. Ich meine, ich kann mir nicht vorstellen, dass er gebetet oder etwas durch ein Experiment zu beweisen versucht hat. Ich würde allerdings wetten, dass er Pizzen bestellt hat.«
    Patrick grinst breit. »Es ist einfach unglaublich«, sagt er.
    »Was, dass Derrida betet?«
    »Nein. Die Tatsache, dass ich gleich mit jemandem ins Bett gehe, der einen iPod besitzt.«
     
    Unsere Rollenverteilung im Bett ist ziemlich einfach. Ich bin die wissbegierige junge Studentin, und er ist der leicht sadistische Professor. Das bedeutet nicht, dass wir unsere Rollen wirklich erschöpfend durchspielen würden, und Patricks leichter Sadismus geht nicht weiter, als mich dann und wann mit Seidenschals zu fesseln, aber ich mag es, wenn er mir sagt, was ich tun soll.
    Als ich am nächsten Morgen aufwache, hat Patrick bereits gefrühstückt und ist gegangen. Auf dem Nachttisch steht eine Karte, auf der er mir für eine wundervolle Nacht dankt und erklärt, dass es bei ihm zu Hause eine Art »Krise« gegeben habe, um die er sich kümmern muss. Ich wünschte, ich hätte mein Buch dabei. Ich lasse mir vom Zimmerservice ein großes Frühstück bringen und lese die Zeitung, bevor ich aufstehe und das heiße Wasser im Bad in vollen Zügen genieße. Das Wasser in meiner Wohnung wird irgendwie nie mehr als »einigermaßen« heiß, ich aber mag Wasser, mit dem man sich tatsächlich verbrühen kann.
    Sobald ich gewaschen und angezogen bin, gehe ich zurück in die Stadt und entlang der halbverfallenen Stadtmauer vorbei zu meiner Wohnung. Die Umgehungsstraße verläuft unmittelbar zu meiner Linken, und die Stadtlandschaft, auf die mein Blick fällt, ist ein verworrenes Durcheinander von Autos, Geschäften, Verkehrsschildern, Pollern, einer Tankstelle, einigen Kränen im Hintergrund, einem Pub, einem Kreisverkehr und einer Fußgängerbrücke. Irgendwo fährt ein Zug an mir vorbei, der hinter einer Plakatwand mit glänzenden Autos hervorkommt und hinter einem

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