Troposphere
ihre Schreckenskabinette in heruntergekommenen Läden und Häusern in den ärmeren Stadtvierteln vorführen. Mr. Y ist schließlich dazu übergegangen, einen Großteil seiner Abende damit zu verbringen – und einen Großteil seines Geldes darauf zu verwenden –, diese Etablissements zu besuchen, immer auf der Suche nach etwas, das ihn zu dem Jahrmarktsarzt führen könnte.
Ich setzte meine Suche bis in den November fort. Es war bitterkalt geworden, aber ich machte jeden Abend weiter damit, auch als Zweifel in mir wuchsen, ob ich den Mann je finden würde. Es kam mir so vor, als wäre London zu einer Art Jahrmarkt der Eitelkeiten geworden, da viele der Etablissements in den Seitengässchen des West End – und darüber hinaus – mit prächtigen karminroten Vorhängen aufgeputzt waren und mit Hilfe von riesigen gemalten Plakaten und genauen Nachbildungen solch geschmacklose Darbietungen wie die Bärtige Dame, den Gefleckten Jungen, die Riesin von Bolivien und verschiedene andere Ungeheuer, Wilde und Missgeburten der Natur anpriesen.
Obgleich die meisten dieser Etablissements den ganzen Tag geöffnet blieben, hatte ich festgestellt, dass man in den Abend- und Nachtstunden die größte Bandbreite ihrer Vorstellungen zu erwarten hatte. Und deshalb machte ich mich jeden Abend nach dem Essen auf den Weg und zahlte meinen Penny an den Pforten der zugleich bunten und eintönigen Lokale, ob sie nun voller Zuschauer waren oder leer. In jedem einzelnen stellte ich dieselbe Frage, und in jedem einzelnen erhielt ich dieselbe Antwort. Niemand hatte jemals von dem Jahrmarktsarzt gehört.
Der November wurde älter und grauer, und jede Nacht schneite es ein bisschen mehr. Ich beschloss, meine Ermittlungen auf die nächste Umgebung zu beschränken, bis das Wetter sich wieder bessern würde, obwohl ich eingestehen muss, dass es zu jener Zeit kaum eine Wachsfigur oder ein lebendes Skelett in London gab, die ich nicht bereits in Augenschein genommen hatte. Ich hatte jedoch von einem neuen Etablissement in der Whitechapel Road gegenüber dem London Hospital erfahren, in einem Haus, in dem vorher ein Begräbnisbesorger und vor diesem ein Tuchgeschäft untergebracht war, dessen Inhaber ich gekannt hatte. Also brach ich nach einem frugalen Abendmahl mit Brot und Bratensoße zur Whitechapel Road auf. Mein Weg führte mich am Judenfriedhof und an der Rückseite des Steinkohlenhofs und dann an der Südseite des Armenhauses hinter der Baker Row vorbei. Nicht zum ersten Mal hatte ich die äußerst unheilvolle Vorahnung, dass meine eigene Familie gezwungen sein würde, eine solche Einrichtung zu beziehen, wenn ich mit meinem Unterfangen keinen Erfolg haben sollte. Ich malte mir nichts Schlimmeres aus, weil ich nichts Schlimmeres kannte.
Ich folgte der Eisenbahnstrecke bis zum London Hospital und schaute mich die ganze Zeit nach Dieben um, die sich in Gegenden wie diesen aufhalten. Ich trug nicht sehr viel Geld bei mir, aber natürlich kannte ich die entsetzlichen Geschichten über die neue Sorte von Dieben im East End, die jemandem gerne ein Auge aus dem Kopfe treten oder schlimmer mit ihm verfahren, falls sie nur ein paar Pence in seiner Tasche finden – zum Dank dafür. Der Schnee fiel sanft auf mich herab, während ich durch die rauchgeschwängerte Luft ging, in der der Kohlenstaub des Abladeplatzes sich bereits mit dem dichten Nebel ringsum vermischte. Ich hustete ein wenig und rieb mir die Hände, um sie warm zu halten. Ich dachte, wenn ich wirklich Herr meiner Sinne wäre, würde ich mich nicht in einer Nacht wie dieser draußen herumtreiben. Und doch ging ich weiter.
Als ich in die Whitechapel Boad einbog, fiel mein Blick fast augenblicklich auf das Etablissement, von dem ich gehört hatte. Der obere Teil des Hauses war mit einem großen Stück Segeltuch geschmückt, auf dem verschiedene Darbietungen und Schauspiele abgebildet waren, einschließlich einer weiteren Fetten Dame neben der Stärksten Frau der Welt und verschiedenen anderen Merkwürdigkeiten. Es ist erschreckend, wie man dieser Spektakel so schnell müde werden kann, zumal wenn man ihrer mit einer solchen Regelmäßigkeit ansichtig wird, wie ich während jener Monate, und wenn man es zudem darauf ankommen lässt, wie ich es tat, die trostlose Wirklichkeit hinter der von den Schaustellern präsentierten finsteren und schauerlichen Teratologie zu beobachten. Einmal kam ich zufällig an einem frühen Samstagmorgen hinter einem Etablissement vorbei, das ich zwei oder
Weitere Kostenlose Bücher