Troposphere
gespannt sind und wie die ganzen Schnaken und andere Insekten darin gefangen sind. Man könnte sich das anschauen und denken: Sind diese Spinnen nicht clever, weil sie wissen, dass sie ihre Netze dort bauen, wo die anderen Insekten hinfliegen, weil sie von dem Licht angezogen werden? Oder man könnte einen Schritt weiter gehen und erkennen, dass man nur die Netze in der Nähe der Lampen sehen kann und dass das der Grund für die Annahme ist, dies wären die einzigen. Ein Dichter könnte da stehen und sich etwas von der Gerissenheit der Spinnen zusammenträumen. Ein Naturwissenschaftler würde feststellen, wie viele Spinnennetze genau da wären und wo sie wären, und zu dem Schluss kommen, dass einige von ihnen allein durch Zufall über den Lampen gewoben wurden.«
»Aber das alles bestätigt doch, was ich sage«, entgegnet Adam. »Ich würde nicht zu dem Schluss kommen, dass die Spinnen die Lampen mit Absicht genutzt haben, damit sie ihnen beim Fliegenfangen helfen. Ich würde davon ausgehen, dass ich niemals verstehen könnte, was die Spinnen tun und warum sie es tun, weil ich keine Spinne bin.«
»Aber Naturwissenschaftler müssen versuchen, Dinge zu verstehen. Sie müssen fragen, warum.«
»Ja, aber sie werden nie eine richtige Antwort bekommen«, sagt Adam.
»Jedenfalls«, sage ich mit einer lauteren Stimme als beabsichtigt. »Äh … Jedenfalls wollte ich gerade sagen, dass dieser Kram über Naturwissenschaft und Sprache wirklich interessant ist im Zusammenhang mit etwas, was ich über den Urknall gelesen habe. Es ist ein bisschen kompliziert, aber es demonstriert, dass man, wenn man mit ein paar Grundvoraussetzungen über den Urknall anfängt, von der Logik an einen Punkt gebracht wird, von dem aus betrachtet wir entweder in einem Multiversum leben oder in einem von Gott geschaffenen Universum. Es gibt wirklich keine andere Alternative.«
»Wenn das so weitergeht, wird mein Kopf noch anfangen zu qualmen«, sagt Heather.
»Trink einfach mehr Wein«, sagt Adam und lächelt sie an.
Ich habe gerade das letzte Stück Knoblauchbrot gegessen, und Heather und Adam haben ihre Messer und Gabeln hingelegt. Ich greife in meine Handtasche und hole eine Packung Zigaretten heraus.
»Wenn du dich so für diese ganze Meditation begeisterst, darfst du dann überhaupt Wein trinken?«, fragt Heather.
»Oh, das mache ich sehr selten«, antwortet Adam.
Ich weiß nicht, ob er die Meditation meint oder das Trinken, und obwohl ich damit rechne, dass Heather ihn fragt, tut sie es doch nicht. Stattdessen nimmt sie ein verirrtes Blatt Rucola und legt es zurück in die Salatschüssel.
»Hast du was dagegen, wenn ich rauche?«, frage ich sie.
»Nein, ganz und gar nicht. Ich mache nur die Hintertür auf, wenn es dir nichts ausmacht.«
Sie steht auf, und Adam und ich machen halbherzig Anstalten, den Tisch abzuräumen, bis sie sagt, wir sollten keine Umstände machen und es einfach stehen lassen.
»Nein, komm schon«, sagt sie. »Erzähl mir von dieser ganzen Geschichte mit Gott oder dem Multiversum.«
»Okay«, sage ich und stecke mir eine Zigarette an. »Tut mir leid – hast du vielleicht eine Art Aschenbecher? Ich kann aber auch nach draußen gehen, wenn du willst …«
»Nein, ich hole eine Untertasse.«
»Gott oder das Multiversum«, sagt Adam leise, als Heather eine Untertasse holen geht. »Hmmm.«
»Seid ihr mit den Grundsätzen der Quantenphysik vertraut?«, frage ich. »Nicht mit dem richtigen abgefahrenen Kram, sondern mit den Sachen, die man in populärwissenschaftlichen Büchern findet. Ihr wisst schon, Wellenfunktion und Wahrscheinlichkeit und diese Sachen.«
Adam schüttelt den Kopf. Heather neigt den Kopf zu einer Seite, als ob sie versucht, die Informationen in ihrem Kopf eine schiefe Ebene hinunterrollen zu lassen, damit sie an einer Stelle zur Ruhe kommen, wo sie an sie rankommt.
»Ich sollte es eigentlich wissen«, sagt sie. »Ich glaube, ich wusste es mal. Aber man ignoriert diesen ganzen Kram, wenn man auf der molekularen Ebene arbeitet. Es hat einfach keine wahrnehmbare Wirkung und wird deshalb gern außer Acht gelassen.«
»Ich tappe leider völlig im Dunkeln«, sagt Adam.
»Okay, na ja, kurz und bündig – und ich warne euch, ich schreibe meine Diss in den Geisteswissenschaften, weshalb ihr wahrscheinlich eine zuverlässigere Quelle zu Rate ziehen solltet – beschäftigt sich die Quantenphysik mit subatomaren Teilchen, also mit Teilchen, die kleiner sind als Atome.«
Jetzt runzelt Adam die
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