Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Troposphere

Troposphere

Titel: Troposphere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
Vom Netzwerk:
Multiversum«, antworte ich.
    »Ha ha«, sagt sie. »Im Ernst, ich kann nicht glauben, dass Gott das Leben erschaffen hat, nicht bei den Forschungen, die ich anstelle. Ich meine, es gibt einfach keine Hinweise darauf. Und ich bekomme so viele Drohbriefe von Kreationisten, dass ich mich denen einfach auf keine Weise anschließen kann.«
    »Ich glaube nicht, dass dies bedeutet, dass man sich den Kreationisten anschließt«, sage ich. »Bestimmt könnte irgendein Wesen von außerhalb den ersten Anstoß zur Entstehung des Universums gegeben haben, und dann hat sich alles andere genauso entwickelt, wie die Naturwissenschaftler es sich vorstellen.«
    Während ich das sage, füge ich in Gedanken hinzu: nach Newtons Satz von Ursache und Wirkung …, begreife aber gleichzeitig, dass das mit der Vorstellung eines Quanten-Universums in Widerspruch steht. Plötzlich weiß ich nicht mehr, was ich sagen soll.
    »Und worüber genau forschst du?«, fragt Adam.
    »Ich bin auf der Suche nach LUCA«, antwortet Heather. »Nun ja, so lauten zumindest immer die Schlagzeilen, wenn Wissenschaftsjournalisten darüber schreiben. LUCA steht für Last Universal Common Ancestor. Mit anderen Worten: Wir suchen nach der Mutter von uns allen.«
    »Sie hat so ein Computermodell«, sage ich. »Das musst du dir ansehen, wenn du das nächste Mal im Büro bist. Ich hab's nicht verstanden, als ich es mir angeschaut habe, aber es hat mir trotzdem einen Schauer den Rücken runterlaufen lassen.«
    »Die universelle Mutter«, sagt Adam. »Interessant.«
    »Sag jetzt nicht – du denkst an das Paradies mit …«, fängt sie an.
    »Nein, nein. Die Große Mutter. Der Anfang von allem. Das Tao wird die Große Mutter genannt: Sie ist leer, aber unerschöpflich, und gebärt unendliche Welten. Das ist aus dem Tao-Te-King.«
    »Oh«, sagt Heather. »Na ja, das ist genauso schlimm. Wer möchte Nachtisch?«
     

Kapitel zwölf
     
    Nach dem Nachtisch – gebackene Aprikosen mit Honig, Cashewkernen und Brandy – und einem langen Gespräch über LUCA und irgendein anderes Wesen namens FLO (der erste lebende Organismus) bedanken Adam und ich uns bei Heather und machen uns zusammen auf den Heimweg, wobei wir versuchen, nicht auf dem glatten Bürgersteig auszurutschen.
    Als wir außer Hörweite des Hauses sind, lacht Adam.
    »Was ist?«, frage ich.
    »Na ja, ich wollte es vorhin nicht sagen, aber ich bin mir nicht sicher, ob es mich wirklich interessiert, aus welchem Bakterientyp wir uns entwickelt haben.«
    »Biologen tendieren immer zu den deprimierendsten Erklärungen«, sage ich. »Ich war auch nicht überzeugt von Heathers Reaktion auf meine Idee vom Maschinenbewusstsein.«
    »Nein. Ihr gefällt der Status quo, glaube ich.«
    »Das glaube ich auch. Aber ich verstehe nicht, was an dem Argument falsch sein soll. Zu irgendeinem Zeitpunkt entwickelten sich Tiere aus Pflanzen, und bewusstes Leben entstand. Was ist Bewusstsein? Offensichtlich besteht es aus denselben Quarks und Elektronen wie alles andere auch, vielleicht nur anders angeordnet. Aber Bewusstsein ist offensichtlich etwas, das der Entwicklung unterliegt. Samuel Butler hat das schon im neunzehnten Jahrhundert gesagt. Falls menschliches Bewusstsein aus nichts entstehen konnte, warum sollte das nicht auch für Maschinenbewusstsein gelten?«
    Es gibt offenkundige Einwände gegen diese Idee, von denen Heather einige vorgebracht hat. Zum Beispiel: Was ist, wenn Bewusstsein nur in organischen Lebensformen existieren kann? Aber was ist eine organische Lebensform? Maschinen können sich selbst kopieren. Sie bestehen aus Kohlenstoff. Sie brauchen Treibstoff, genau wie wir.
    »Es sei denn, Bewusstsein besteht nicht aus Materie«, sagt Adam.
    »Ja, na gut, das ist auch möglich«, erwidere ich. »Aber manchmal frage ich mich: Wenn ein Computer jedes Buch auf der Welt liest, beginnt er dann irgendwann, Sprache zu verstehen?«
    »Hmmm«, sagt Adam. Und nach einer langen Pause: »Es ist kalt.«
    »Ja. Ich friere wie blöd.«
    Es ist sehr ruhig, als wir uns dem Stadtzentrum nähern. Es ist nach Mitternacht, und während wir auf die Kathedrale zugehen, höre ich das entfernte Brummen von Lastwagen vor Geschäften und das Knarren und Quietschen, das Männer verursachen, die Blumen, Sandwiches, abgepackte Salate, Kaffeebohnen und Zeitungen ausladen, damit sie morgen in den Geschäften liegen können, als wären sie wie von Zauberhand dort hingelangt.
    »Kennen wir uns?«, fragt Adam plötzlich.
    Ich zögere und sage dann: »In

Weitere Kostenlose Bücher