Troposphere
er.
Ich lächle. »Ja, ich glaube, ich weiß, was du meinst.«
»Sie sind wirklich kurios, diese Fische. Hast du sie gesehen?«
»Nein.«
»Dann schau sie dir doch mal an.«
Als ich mich zu ihm auf das Sofa setze, muss ich an all die Gelegenheiten denken, als ich mit einem Mann zusammen war, und eine Lüge nach der andern uns zuerst in dasselbe Haus, dann auf dieselbe Couch und dann in dasselbe Bett geführt hat. Ich bin müde. Mir ist kalt. Komm her, ich will dir was zeigen. Jedes Mal endet es mit Sex. Ich sitze jetzt nur fünf Zentimeter von ihm entfernt, aber natürlich ist Heather in der Küche. Ich ziehe die Ärmel meines Pullovers runter, um meine Handgelenke zu bedecken.
»Sieh mal«, sagt er und hält mir das aufgeschlagene Buch hin.
Es ist die ganzseitige Abbildung eines transparenten Fischs. Er sieht aus wie ein benutztes Kondom mit roten Zähnen.
»Igitt!«, sage ich. Aber eigentlich gefällt er mir ganz gut. »Hat er einen Namen?«
»Ich glaube nicht. Schau dir den an.«
Adam blättert um und hält mir das Buch hin. Da ist etwas, das aussieht wie ein Fisch, aber anstelle eines normalen Fisch-»Gesichts« mit hervortretenden Augen und einem kleinen Mund scheint dieses Tier den Kopf eines Steinaffen zu haben, als ob jemand einfach zwei Dinge – den Fischleib und den Affenkopf – zum Spaß oder auch zufällig aneinandergeklatscht hätte.
»Wie würdest du das nennen?«, frage ich.
»Ich weiß nicht. Affenfisch? Affenmaskenfisch?«
Er blättert um, und da ist noch ein Bild. Es sieht aus wie ein Wurm, aus dem eine abgetrennte Vulva herauskommt. Ich will spontan auflachen, unterdrücke es aber.
»Orchideenfisch«, sagt er. Und dann werden wir ins Esszimmer gerufen.
»Bitte sag mir, dass du nicht damit einverstanden bist, Kindern Kreationismus zu unterrichten«, sagt Heather zu Adam, ungefähr fünf Minuten nachdem wir mit dem Essen angefangen haben. »Oder wie immer man es mittlerweile nennt: Intelligent Design.«
Wir essen Nudeln und gedünstetes Gemüse, wie versprochen, und einen großen Salat. Bis zu diesem Themenwechsel hatte Heather über ihre Probleme geredet, irgendwelche anständigen Männer an der Universität zu finden. Die Nudeln sind fast so sprunghaft wie sie, die weißen Spiralen rutschen einem dauernd von der Gabel. Die verschiedenen Gemüse – Kirschtomaten, Pilze, Auberginen und geröstete Zwiebeln – sind mit Olivenöl und Zitronensaft überzogen, und sie haben eine klebrige, fast karamellisierte Konsistenz. Es gibt auch Knoblauchbrot, und ich esse, so viel ich kann. Tatsächlich war ich bis zu diesem Moment weitaus mehr am Essen interessiert als an dem Gespräch. Ich hasse normalerweise die Art Gespräche, die man beim Abendessen führt, aber selbst ich muss einsehen, dass das hier interessant werden könnte.
»In welcher Hinsicht?«, fragt Adam.
»Als Teil des naturwissenschaftlichen Unterrichts«, antwortet Heather.
»Sind Kreationismus und Intelligent Design nicht zwei verschiedene Dinge?«, frage ich.
»Nicht wirklich«, sagt sie. »Intelligent Design behauptet, wissenschaftlich zu sein, ist es aber nicht: Immerhin befasst es sich mit Dingen, die man nicht wissen kann.«
»Die Leute, die das Konzept vom Intelligent Design vertreten, sind doch diejenigen, die sagen, dass die Evolution zu komplex ist, um sich ganz eigenständig vollzogen zu haben, oder nicht?«, sage ich.
»Ja«, sagt Heather. »Trottel. Nur weil sie nicht kapieren …«
»Ich würde Religion nicht als Naturwissenschaft unterrichten«, sagt Adam. »Aber wir unterrichten Teilgebiete der Naturwissenschaften in unseren Religionsübungen, falls dir das weiterhilft.«
»Was zum Beispiel?«, fragt Heather.
»Wir nehmen Schöpfungsmythen durch«, antwortet Adam. »Inklusive Urknall.«
»Und wieso wird der Urknall als Mythos behandelt?«, fragt Heather.
»Er ist eine Geschichte«, sagt Adam. »Genauso wie die Geschichte, dass die Welt aus einem Riesenei geschlüpft ist, oder dass Gott sagte: Es werde Licht, und plötzlich war welches da. Das sind alles nur Geschichten über die Entstehung der Welt – keiner von uns war da, um die tatsächlichen Fakten zu sammeln, also müssen wir zu dem Schluss kommen, dass die ganze Sache unbegreiflich ist.«
»Aber wir sind doch im Grunde genommen immer noch Teil des Urknalls«, sagt Heather. »Deshalb beobachten wir ihn die ganze Zeit. Wir sind ›da‹, und zwar genau jetzt. Und die Naturwissenschaften können sowieso Dinge wissen, ohne sie unmittelbar zu
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