Troposphere
Stirn. »Haltet mich für verrückt, aber ich habe das merkwürdige Gefühl, als hätte ich eins dieser Teilchen mal gesehen, oder so«, sagt er. »Vielleicht bin ich betrunken. Ich muss das irgendwann mal gelernt und dann wieder vergessen haben. Jedenfalls bittet mich mein Gehirn trotz alledem, dich zu fragen: Was um alles in der Welt ist kleiner als ein Atom?«
»Oh, na ja, jeder weiß, dass ein Atom aus Neutronen, Protonen und Elektronen besteht«, sagt Heather.
»Und diese Teilchen sind alle aus Quarks zusammengesetzt«, sage ich. »Abgesehen vom Elektron, welches unteilbar ist – oder zumindest glauben die Menschen das. Vor hundert Jahren glaubten die Menschen, das Atom wäre unteilbar, und davor glaubten sie, es existiere nicht, es ist also nicht so, dass wir alles wüssten.«
Bei geöffneter Hintertür ist es kalt. Heather steht auf, holt eine Strickjacke von der Rückenlehne eines Sessels und wirft sie sich über.
»Ich glaube, wir sind ziemlich sicher im Fall des Elektrons«, sagt sie. »Brrr. Es ist kalt.«
Adam und ich sehen uns an.
»Jedenfalls«, sage ich, »beschäftigt sich die Quantenphysik mit diesen winzigen Materie-Teilchen. Aber als die Physiker anfingen, erste Theorien über diese Teilchen zu entwickeln und sie in Aktion in Teilchenbeschleunigern zu beobachten, fanden sie heraus, dass es in der subatomaren Welt nicht so zugeht, wie wir es erwarten würden.«
»Inwiefern?«, fragt Adam.
»Dieser ganze Kram mit dem gesunden Menschenverstand – die Vergangenheit passiert vor der Zukunft, Ursache und Wirkung, Newtons Physik und die aristotelische Poetik –, nichts davon ist auf einer subatomaren Ebene anwendbar. In einem deterministischen Universum, also dem, von dem Newton annahm, dass wir darin leben, kann man immer sagen, was als Nächstes passiert, falls man genug Informationen darüber hat, was zuvor passiert ist. Und man weiß Dinge immer ganz genau. Es ist entweder Tag oder Nacht, beispielsweise: Es ist niemals beides gleichzeitig. Auf einer Quanten-Ebene ergeben die Dinge auf diese Weise keinen Sinn.«
»Das ist der Kram, der mich absolut irremacht«, sagt Heather.
»Ja, das ist schon schräg«, erwidere ich. »Es ist so, als ob … es gibt Teilchen, die einfach so durch Wände gehen können. Es gibt Teilchenpaare, die miteinander verbunden sind und irgendwie auch verbunden bleiben, selbst wenn sie durch Millionen von Meilen getrennt sind. Einstein nannte das spukhafte Fernwirkung und verwarf es komplett, weil es darauf hinzuweisen schien, dass Informationen eine Strecke schneller zurücklegen können als mit Lichtgeschwindigkeit.«
»Und nichts ist schneller als die Geschwindigkeit des Lichts«, sagt Heather. »In dem Punkt bin ich auf Einsteins Seite.«
»Eines der merkwürdigsten Dinge hinsichtlich subatomarer Teilchen ist jedenfalls, dass etwas Sonderbares passiert, wenn man sie beobachtet. Solange man sie nicht beobachtet, befinden sie sich in einem verschmierten Zustand aller möglichen Positionen im Atom: in der Superposition oder der Wellenfunktion.«
Adam schüttelt den Kopf. »Da komme ich leider nicht mehr mit.«
»Okay«, sage ich. »Stell dir vor, du bist ausgegangen, und ich weiß nicht, wo du bist. Du könntest in der Universität sein, im Park, in einem Geschäft, in einem Raumschiff, auf dem Pluto, irgendwo. Das sind alles Möglichkeiten, obwohl manche wahrscheinlicher sind als andere.«
»Okay«, sagt Adam.
»Nun ja, die konventionelle Logik sagt uns, dass du definitiv an einem dieser Orte bist, ungeachtet dessen, ob ich dich dort gesehen habe oder nicht oder ob ich mit Sicherheit weiß, dass du dort bist. Du bist irgendwo, ich weiß nur nicht, wo.«
Adam nickt, und einen Augenblick lang stelle ich mir ein Leben vor, das so normal ist, dass ich mit jemandem wie ihm zusammen sein könnte, vielleicht in einem Haus wie diesem hier, und einen so banalen, aber irgendwie erstaunlichen Gedanken haben könnte: Ist er in dem Geschäft oder bei der Arbeit?
»In diesem Beispiel«, sage ich, »spielst du die Rolle des Teilchens … Nun, die Quantenphysik sagt, dass du, wenn deine Position unbekannt ist – soweit ich weiß, könntest du in dem Geschäft oder im Park sein –, eigentlich an allen Orten gleichzeitig existierst, bis jemand deinen Aufenthalt mit Sicherheit herausfindet, indem er dich beobachtet. Also gibt es anstelle einer eindeutigen ›Realität‹ einen verschmierten Fleck. Du bist in dem Geschäft und im Park und in der Universität, und erst, wenn
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