Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman
Vorliebe für Berettas gehabt. Reacher war jede Waffe recht. Er hatte ohnehin nicht vor, jemanden zu erschießen. Er wollte sie mit bloßen Händen erledigen. Aber er sagte, er werde eine Glock oder SIG , eine Beretta oder eine H&K oder irgendeine andere Neunmillimeter-Pistole nehmen. Dann konnten sie alle die gleiche Munition verwenden. Das war effizienter.
Autos ließen sich noch schwieriger beschaffen. Es war fast unmöglich, einen wirklich anonymen Wagen zu finden. Zuletzt schlug O’Donnell vor, »Reisraketen« zu nehmen: tiefergelegte japanische Limousinen und Coupés, die mit riesigen Auspuffen, Breitreifen, blauen Scheinwerfern und dunkel getönten Scheiben aufgemotzt waren. Drei bis vier Jahre alte Exemplare waren billig zu beschaffen, überall auf den Straßen anzutreffen und in Südkalifornien praktisch unsichtbar. Und O’Donnell fand, psychologisch seien sie eine höchst wirkungsvolle Tarnung. In der öffentlichen Wahrnehmung wurden sie unweigerlich mit lateinamerikanischen Machos in Verbindung gebracht, sodass niemand hinter den getönten Scheiben einen weißen Exsoldaten vermuten würde.
Sie beschlossen, Autos und Handys seien zunächst wichtiger als Waffen. So war wenigstens zwei oder drei von ihnen schon mal möglich, mit der Überwachung zu beginnen. Und wenn sie zum Radio Shack fuhren, um Mobiltelefone zu kaufen, konnten sie sich ebenso gut bei Gap oder in einem Jeansladen Klamotten besorgen. Mit Handys und in unauffälliger Kleidung waren sie in der Lage, einzeln zu Gebrauchtwagenhändlern auszuschwärmen, bis sie die richtigen Wagen gefunden hatten.
Das alles kostete Geld – Bargeld. Jede Menge Geld. Also musste Neagley es abheben. Reacher fuhr sie mit dem erbeuteten Chrysler zu einer Filiale ihrer Bank in Beverly Hills und wartete draußen. Eine Viertelstunde später kam sie mit fünfzigtausend Dollar in einer braunen Sandwichtüte heraus. Anderthalb Stunden später hatten sie Kleidung und Mobiltelefone: Prepaid-Handys in einfachster Ausführung ohne Kamerafunktion, ohne Spiele, ohne Rechner. Dazu erstanden sie Kfz-Ladegeräte und Ohrhörer. Ihre neue Kleidung bestand aus weichen grauen Jeans, grauen Jeanshemden und schwarzen Windjacken, die sie in einem Discountladen am Santa Monica Boulevard erwarben – je zweimal für O’Donnell, Dixon und Neagley, je einmal für Reacher. Dazu kamen Handschuhe, Wollmützen und Stiefel aus einem Trekkingladen in der Melrose Avenue.
Sie zogen sich im Motel um und verbrachten zehn Minuten damit, in der Lounge ihre jeweiligen Handynummern zu speichern und auszuprobieren, wie man Konferenzgespräche führte. Dann brachen sie nach Nordwesten zum Van Nuys Boulevard auf, um sich Gebrauchtwagen anzusehen. In jeder Großstadt gab es mindestens eine Straße mit Autohändlern und in L.A. sogar mehr als eine. O’Donnell hatte jedoch gehört, der Van Nuys Boulevard nördlich des Ventura Freeways sei die beste Gegend. Und er hatte richtig gehört. Dort war das Angebot riesig. Unbegrenzte Auswahl, neu oder gebraucht, billig oder teuer, keine unbequemen Fragen. Binnen vier Stunden war Neagleys Budget für Autokäufe erschöpft, und sie besaßen nun vier gebrauchte Hondas. Zwei tiefergelegte Civics und zwei tiefergelegte Preludes, zwei in Silber, zwei in Weiß. Alle vier waren klapprig und würden bald den Geist aufgeben. Aber sie fuhren, ließen sich lenken und bremsen, und niemand würde sie eines zweiten Blickes würdigen.
Mit dem erbeuteten Chrysler hatten sie jetzt fünf Autos, die sie zum Sunset Boulevard bringen mussten, aber nur vier Fahrer. Also mussten sie zweimal fahren. Dann übernahm jeder einen Honda und machte sich nach East L.A. auf, um einmal an dem Glaswürfel von New Age vorbeizufahren. Aber wegen des dichten Verkehrs trafen sie erst am Spätnachmittag ein. Die Firmenzentrale sah unbeleuchtet und verlassen aus. Dort gab es nichts zu sehen.
Sie vereinbarten per Handy-Konferenzgespräch einen Plan und fuhren zum Abendessen nach Pasadena. In einer belebten Straße fanden sie eine Burger-Bar, in der sie an einem Vierertisch Platz nahmen: je zwei und zwei gegenüber, Schulter an Schulter in ihren grauen Jeansklamotten – fast eine Art Uniform. Niemand sprach darüber, aber Reacher wusste, dass alle sich gut fühlten. Konzentriert, energiegeladen, in Bewegung, mit hohem Einsatz spielend. Sie sprachen über die Vergangenheit. Über Eskapaden, Streiche, Skandale, Schandtaten. Die Jahre schienen von ihnen abzufallen, und vor Reachers innerem Auge
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