Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman
sind sie in die Falle gegangen. Was war das?«
»Keine Ahnung«, sagte Reacher. Genau diese Frage stellte er sich schon seit Tagen.
Sie fuhren gleich nach dem Frühstück ins Orange County. Obwohl sie nicht wussten, wann Pfandhäuser öffneten, rechneten sie sich aus, dass morgens weniger Betrieb herrschen würde als später am Tag. Reacher folgte erst dem 101er, dann dem 5er, genau wie O’Donnels Navi sie zu Swans Haus geführt hatte. Diesmal blieben sie jedoch etwas länger auf dem Freeway und bogen dann nach Osten ab. Dixon wollte es erst in Tustin versuchen. Sie hatte Schlimmes darüber gehört, oder Gutes, je nach Standpunkt.
»Was hast du vor, wenn dies alles vorüber ist?«, fragte sie.
»Hängt davon ab, ob ich überlebe.«
»Zweifelst du daran?«
»Wie Neagley gesagt hat, sind wir nicht mehr so gut wie früher. Die anderen waren’s jedenfalls nicht.«
»Wir kommen schon zurecht, denke ich.«
»Das hoffe ich.«
»Hättest du Lust, anschließend in New York vorbeizu- schauen?«
»Würd ich gern.«
»Aber?«
»Ich mache keine Pläne, Karla.«
»Warum nicht?«
»Darüber habe ich schon mit Dave gesprochen.«
»Leute machen Pläne.«
»Ja, ich weiß. Leute wie Calvin Franz. Und Jorge Sanchez. Und Manuel Orozco. Und Tony Swan. Er wollte seinem Hund in den kommenden vierundfünfzigeinhalb Wochen jeden Tag eine Vierteltablette Aspirin geben.«
Sie suchten die parallel zum Freeway verlaufenden Straßen ab. Einkaufszentren, Tankstellen und Drive-in-Banken lagen träge und verschlafen in der Morgensonne. Matratzenläden, Sonnenstudios und Möbeldiscounter machten überhaupt kein Geschäft.
Dixon fragte: »Wer braucht in Südkalifornien ein Sonnenstudio?«
Den ersten Pfandleiher entdeckten sie in einer luxuriösen Einkaufspassage neben einer Buchhandlung. Aber er war völlig ungeeignet. Erstens hatte er geschlossen, wie die Scherengitter vor Ladentür und Schaufenstern zeigten, und zweitens war er auf die falsche Ware spezialisiert. Seine Auslage zeigte lediglich antikes Silber, Bestecke, Obstschalen, Serviettenringe, Silberschmuck, reich verzierte Bilderrahmen, aber keine Glock, auch keine SIG -Sauer, Beretta oder H&K .
Sie fuhren weiter. Zwei Straßenblocks östlich des Freeways stießen sie auf das richtige Pfandhaus, das auch geöffnet hatte. Seine Schaufenster waren voller Elektrogitarren und klobiger Herrenringe aus neunkarätigem Gold mit eingesetzten kleinen Brillanten und billigen Armbanduhren.
Und hier gab es Waffen.
Nicht in der Auslage selbst, aber in der langen Glasvitrine, die als Ladentisch diente. Ungefähr fünfzig Handfeuerwaffen, Pistolen und Revolver, schwarz und vernickelt, Holz- und Hartgummigriffe, alle sauber aufgereiht. Der richtige Laden.
Aber der falsche Besitzer.
Er war ein ehrlicher Mann. Gesetzestreu. Ein Weißer, Mitte dreißig, ziemlich übergewichtig, gute Gene durch zu viel Essen ruiniert. An der Wand hinter seinem Kopf hing eine Waffenhändlerlizenz. Die Verpflichtungen, die sie ihm auferlegte, betete er herunter wie ein Geistlicher eine Litanei. Ein Kunde musste sich als Erstes eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen lassen, die praktisch eine Erlaubnis zum Waffenkauf war. Dann hatte er sich drei verschiedenen Überprüfungen zu unterziehen, von denen die erste bestätigte, dass er nicht versuchte, in einem Zeitraum von dreißig Tagen mehr als eine Waffe zu erwerben, während bei der zweiten und dritten das kalifornische Strafregister und auf Bundesebene der NCIC -Computer abgefragt wurden.
Danach würde sie zehn Tage warten müssen, bevor sie ihren Einkauf abholen konnte – nur für den Fall, dass sie ein Verbrechen aus Leidenschaft plante.
Dixon öffnete ihre Handtasche und sorgte dafür, dass der Mann das Bündel Geldscheine gut sehen konnte. Aber er ließ sich nicht umstimmen. Sah nur kurz hin und wieder weg.
Sie fuhren weiter.
Fünfzig Kilometer nördlich von ihnen stand Azhari Mahmoud leicht schwitzend in der Sonne und verfolgte, wie der Seecontainer leer und sein U-Haul-Lastwagen voll wurde. Die Kartons waren kleiner als erwartet. Natürlich, sagte er sich, weil die Einheiten, die sie enthielten, kaum größer als Zigarettenpackungen waren. Sie als Bestandteile von Heimkinoanlagen zu deklarieren war töricht gewesen, fand er. Außer sie gingen als persönliche DVD -Player durch, wie Leute sie an Bord von Flugzeugen mitnahmen. Oder vielleicht als MP 3-Spieler mit weißen Kabeln und winzigen Ohrhörern. Das wäre glaubwürdiger gewesen.
Dann
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