Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman
Firmen nebeneinander aufgereiht: die rote, die grüne, die blaue und zuletzt das Hertz-Gelb. O’Donnell parkte am Ende einer langen Autoschlange, und ein Mann in einer Hertz-Jacke kam herbeigeeilt und las den Strichcode am Rückfenster mit einem Handscanner ein. Das war’s: Fahrzeug zurückgegeben, Mietverhältnis beendet. Verbindung unterbrochen.
»Was nun?«, fragte O’Donnell.
Neagley antwortete: »Nun fahren wir mit dem Shuttlebus zum Ankunftsgebäude und nehmen uns ein Taxi. Dann checken wir aus dem Hotel aus, und wir beide kommen mit meinem Mustang hierher zurück. Reacher kann ein Hotel für uns suchen und sich schon mal Gedanken über die Zahlen machen. Okay?«
Aber Reacher gab keine Antwort. Er starrte über den Parkplatz und durch das große Schaufenster der Hertz-Station. Beobachtete die vor dem Schalter anstehenden Kunden.
Dabei lächelte er.
»Was?«, fragte Neagley. »Reacher, was?«
»Dort drinnen«, sagte Reacher. »An vierter Stelle. Siehst du sie?«
»Wen?«
»Siehst du die kleine Schwarzhaarige? Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Karla Dixon ist.«
23
Als Reacher, Neagley und O’Donnell über den Parkplatz hasteten, waren sie sich ihrer Sache mit jedem Schritt sicherer. Nachdem sie bis auf drei Meter an das Schaufenster herangekommen waren, stand fest, dass es sich tatsächlich um Karla Dixon handelte. Sie war unverwechselbar. Schwarzhaarig, bildhübsch und zierlich: eine heitere kleine Person, die jedem Menschen das Schlimmste zutraute . Sie stand vor ihnen, jetzt an dritter Position in der Schlange. Ihre Körpersprache verriet, dass sie sich bei aller Ungeduld damit abgefunden hatte, warten zu müssen. Sie wirkte wie immer entspannt, aber nie ganz ruhig, verbrannte ständig Energie und machte stets den Eindruck, als genüge ein Vierundzwanzigstundentag ihr nicht. Sie wirkte schlanker, als Reacher sie in Erinnerung hatte, trug enge schwarze Jeans und eine schwarze Lederjacke. Ihr dichtes schwarzes Haar war kurz geschnitten. Sie hatte einen schwarzen Rollenkoffer von Tumi neben sich stehen und eine Aktentasche aus schwarzem Leder umgehängt.
Als spürte sie die Blicke auf ihrem Rücken, drehte Dixon sich um und erwiderte sie, als hätten sie sich zuletzt vor ein paar Minuten statt vor neun Jahren gesehen. Dabei lächelte sie kurz. Ihr Lächeln war ein wenig traurig, als wüsste sie bereits, was passiert war. Dann nickte sie zu den drei Hertz-Angestellten hinüber, als wollte sie sagen: Ich komme gleich, aber ihr wisst ja, wie’s mit Zivilisten ist. Reacher deutete auf sich, dann auf Neagley und O’Donnell, hielt vier Finger hoch und sagte mit sehr deutlichen Lippenbewegungen: Nimm einen Viersitzer . Dixon nickte nochmals und sah wieder nach vorn.
Neagley bemerkte: »Das kommt mir irgendwie biblisch vor. Wir erleben eine Auferstehung nach der anderen.«
»Keine Spur von biblisch«, entgegnete Reacher. »Unsere Annahmen waren falsch, das ist alles.«
Aus dem rückwärtigen Büro tauchte eine weitere Angestellte an der Theke auf. So wurde Dixon, die eben noch an dritter Stelle in einer Schlange gewartet hatte, binnen dreißig Sekunden bedient. Reacher beobachtete, wie sie einen rosa New Yorker Führerschein und eine platingraue Kreditkarte vorzeigte. Die Angestellte tippte, Dixon unterschrieb alle möglichen Formulare und bekam dann ein dickes gelbes Paket und den Schlüssel ausgehändigt. Sie rückte ihre Aktentasche zurecht, nahm ihren Rollenkoffer und machte sich auf den Weg zum Ausgang. Als sie auf den Gehsteig hinaustrat, stand sie vor Reacher, Neagley und O’Donnell und bedachte sie nacheinander mit einem ernsten Blick und sagte: »Tut mir leid, dass ich zu spät zu der Party komme. Aber dies ist eigentlich keine richtige Party, oder?«
»Was weißt du bisher?«, fragte Reacher sie.
Dixon antwortete: »Ich habe eure Nachrichten erst heute bekommen. Ich hatte keine Lust, in New York auf einen Direktflug zu warten. Die erste Möglichkeit war ein Flug mit zwei Stunden Aufenthalt in Las Vegas. In dieser Zeit habe ich ein paar Telefongespräche geführt, Informationen eingeholt, mich ein bisschen umgehört und festgestellt, dass Sanchez und Orozco verschwunden sind. Sie scheinen sich vor ungefähr drei Wochen einfach in Luft aufgelöst zu haben.«
24
Dixon hatte von Hertz einen Ford 500 gemietet, der eine ausreichend große viersitzige Limousine war. Sie verstaute ihr Gepäck im Kofferraum und setzte sich ans Steuer. Neagley nahm vorn neben ihr Platz, während Reacher und
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