Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman
nickte.
»Danke, dass Sie das überprüft haben«, sagte er.
Wright sagte: »Und ich habe am Telefon ein paar Panikgespräche mit meinen Kollegen geführt, um nicht die ganze Nacht wach liegen und mir Sorgen machen zu müssen. Und wissen Sie, was ich rausgekriegt habe? Ihr Leute habt nur Scheiß erzählt. Auf gar keinen Fall ist diese Stadt in den vergangenen vier Monaten um fünfundsechzig Millionen Dollar betrogen worden. Das ist einfach nicht passiert.«
»Wissen Sie das bestimmt?«
Wright nickte. »Alle Kasinos haben ihren Cashflow stichprobenartig überprüft. Und dabei hat sich nichts ergeben. Die üblichen kleinen Schwankungen, das war alles. Sonst nichts. Meine Prozac-Rechnung schicke ich Ihnen. Heute Nacht habe ich praktisch eine Überdosis geschluckt.«
Sie fanden eine von der Hotelhalle aus zugängliche Bar, luden sich gegenseitig zum Bier ein und saßen nebeneinander an vier beleuchteten Spielautomaten. Das Gerät vor Reacher simulierte wieder und wieder einen verlockend großen Jackpotgewinn. Die vier Walzen hielten bei vier Kirschen an, und Lichter blinkten, blitzten und jagten über die ganze Front hintereinander her. Vier Walzen mit jeweils acht Symbolen. Auch ohne die heimliche Intervention des Mikroprozessors astronomisch geringe Gewinnchancen. Reacher versuchte auszurechnen, wie viele Tonnen Quarter ein Spieler einwerfen musste, bevor ihm der erste Hauptgewinn sicher war. Aber er wusste nicht genau, wie viel ein Quarter wog. Bestimmt nur ein paar Gramm, die sich aber rasch addieren würden. Die Folgen lagen auf der Hand: Muskelkater, Sehnenscheidenentzündung, Schäden durch gleichförmig wiederholte Bewegungen. Er fragte sich, ob Kasinobesitzer Anteile an orthopädischen Kliniken besaßen. Vermutlich.
Dixon sagte: »Wright wusste gleich, dass die gesamte Branche an diesem Betrug beteiligt sein müsste. Das hat er auch gesagt. Geber, Croupiers, Sicherheitspersonal, Kameras, Videos, Kassierer. Von dort aus ist’s nur noch ein kleiner Schritt zu der Idee, der registrierte Cashflow lasse sich verfälschen. Sie könnten ein Trojanerprogramm installiert haben, das alles koscher erscheinen lässt, solange sie darauf angewiesen sind. Genau das würde ich tun.«
Reacher fragte: »Wann würde der Betrug auffliegen?«
»Wenn am Ende ihres Geschäftsjahrs Bilanz gezogen wird. Dann ist das Geld entweder da – oder eben nicht.«
»Wie könnten Sanchez und Orozco schon früher davon erfahren haben?«
»Vielleicht haben sie sich weiter unten in der Nahrungskette eingeklinkt und den Rest extrapoliert.«
»Wer müsste daran beteiligt sein?«
»Leute in Schlüsselpositionen.«
»Wie Wright selbst?«
»Möglicherweise«, sagte Dixon.
O’Donnell meinte: »Wir haben mit ihm geredet, und eine halbe Stunde später hat jemand versucht, uns von hinten zu erschießen.«
»Wir müssen Sanchez’ Freundin finden«, erklärte Neagley. »Bevor es jemand anders tut.«
»Geht nicht«, sagte Reacher. »Keine Bar gibt einer Gruppe Unbekannter die Adresse eines ihrer Mädchen.«
»Wir könnten ihnen sagen, dass sie in Gefahr ist.«
»Als ob sie das noch nie gehört hätten.«
»Auf irgendeine andere Weise«, meinte Dixon. »Mit der UPS-Masche.«
»Wir wissen ihren Familiennamen nicht.«
»Was tun wir also?«
»Vorerst gar nichts. Wir warten auf morgen Vormittag.«
»Sollen wir das Hotel wechseln? Für den Fall, dass Wright zu den bösen Kerlen gehört?«
»Zwecklos. Dann hätte er in ganz Vegas Komplizen. Sperrt einfach eure Türen ab.«
Reacher befolgte den eigenen Ratschlag, als er sein Zimmer betrat. Er legte den Schließhebel um und hängte die Sicherheitskette ein. Keine wirkungsvollen Mittel gegen einen entschlossenen Gegner, aber damit gewann man ein paar Sekunden Zeit, und mehr als ein paar Sekunden brauchte Reacher im Allgemeinen nicht.
Die Hardballer kam in die Nachttischschublade. Er legte seine Kleidung unter die Matratze, um sie zu »bügeln«, und duschte lange und heiß. Dann begann er, an Karla Dixon zu denken.
Sie war allein.
Vielleicht gefiel ihr das nicht.
Vielleicht würde sie sich zu zweit sicherer fühlen.
Reacher wickelte sich ein Badetuch um die Taille und ging barfuß ans Telefon. Aber bevor er es erreichte, wurde an seine Tür geklopft. Er änderte seinen Kurs, ignorierte den Spion. Er mochte es nicht, sein ungeschütztes Auge ans Glas zu bringen. Für einen draußen lauernden Angreifer wäre es ein Leichtes gewesen abzuwarten, bis die Linse sich verdunkelte, und dann mit
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