Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman
angestammten Platz, obwohl niemals jemand wieder darauf sitzen würde.
Reacher fragte sie: »Sind die Cops hier gewesen?«
»Ja«, antwortete sie.
»Haben sie irgendwelche Vermutungen angestellt?«
»Sie glauben, dass die Leute, die das hier angerichtet haben, als Wartungstechniker verkleidet waren. Kabel oder Telefon.«
»Okay.«
»Aber ich denke, dass sie den Portier bestochen haben. Das wäre einfacher gewesen.«
Reacher nickte. Vegas, die Stadt der Tricks und Finten. »Hatten die Cops einen Verdacht, warum das passiert ist?«
»Nein«, sagte sie.
»Wann haben Sie Jorge zuletzt gesehen?«, wollte er wissen.
»Wir haben zu Abend gegessen«, sagte sie. »Hier. Chinesisches Essen zum Mitnehmen.«
»Wann?«
»An seinem letzten Abend in Vegas.«
»Sie waren also hier?«
»Wir waren nur zu zweit.«
Reacher sagte: »Er hat sich etwas auf einer Serviette notiert.«
Milena nickte.
»Weil jemand ihn angerufen hat?«
Milena nickte erneut.
Reacher fragte: »Wer hat ihn angerufen?«
Milena sagte: »Calvin Franz.«
49
Milena war so wackelig auf den Beinen, dass Reacher mit einem Unterarm die Porzellansplitter von der Arbeitsfläche in der Küche wischte, damit sie sich setzen konnte. Sie stemmte sich hoch und saß mit nach außen gedrehten Ellbogen auf ihren Händen, die sie flach auf dem Resopal liegend unter ihre Oberschenkel geschoben hatte.
Reacher sagte: »Wir müssen wissen, woran Jorge gearbeitet hat. Wir müssen wissen, was hinter diesen ganzen Scherereien steckt.«
»Ich weiß nicht, was es war.«
»Aber Sie waren manchmal mit ihm zusammen.«
»Sogar oft.«
»Und Sie haben ihn gut gekannt.«
»Sehr gut.«
»Über Jahre hinweg.«
»Mit kleinen Unterbrechungen.«
»Also muss er mit Ihnen über seine Arbeit geredet haben.«
»Ständig.«
»Was hat ihm also Sorgen gemacht?«
Milena sagte: »Das Geschäft ist schlecht gegangen. Das hat ihm Sorgen gemacht.«
»Sein hiesiges Geschäft? In Vegas?«
Milena nickte. »Zu Anfang ist’s großartig gelaufen. Vor Jahren waren sie immer ausgelastet. Sie hatten einen Haufen Verträge. Aber die großen Betriebe haben sie nacheinander abserviert, und alle haben ihre eigenen Sicherheitsdienste aufgebaut. Jorge hat gemeint, das ist unvermeidlich. Ab einer gewissen Größe ist das vernünftiger.«
»Wir haben in unserem Hotel mit einem Mann gesprochen, der gesagt hat, Jorge sei sehr beschäftigt gewesen. Wie ein einarmiger Tapezierer.«
Milena lächelte schwach. »Der Mann ist nur höflich gewesen. Jorge hat gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Manuel Orozco auch. Anfangs haben sie erklärt: Wir schummeln, bis wir’s geschafft haben. Später dann: Wir schummeln, weil wir’s jetzt nicht mehr schaffen. Sie haben den Schein gewahrt. Sie waren zu stolz, um zu betteln.«
»Was wollen Sie damit sagen? Dass alles den Bach runtergegangen ist?«
»Im Eiltempo. Ab und zu haben sie etwas Muskelarbeit bekommen. Türsteher in verschiedenen Klubs, Falschspieler aus der Stadt befördern, solches Zeug. Manchmal haben sie auch Hotels beraten. Aber nicht mehr oft. Diese Leute glauben immer, sie wüssten alles besser, auch wenn’s nicht stimmt.«
»Haben Sie gesehen, was Jorge auf die Serviette geschrieben hat?«
»Natürlich. Ich hab das Geschirr abgeräumt, als er gegangen war. Er hat sich Zahlen notiert.«
»Was haben sie bedeutet?«
»Keine Ahnung. Aber er war ihretwegen sehr besorgt.«
»Was hat er als Nächstes getan? Nachdem Franz ihn angerufen hatte?«
»Er hat Manuel Orozco angerufen. Sofort. Auch Orozco war wegen der Zahlen sehr besorgt.«
»Wie hat alles angefangen? Wer ist zu ihnen gekommen?«
»Zu ihnen gekommen?«
Reacher fragte: »Wer war ihr Klient?«
Milena starrte ihn forschend an. Dann drehte sie sich etwas zur Seite und musterte O’Donnell, dann Dixon und zuletzt Neagley.
»Sie hören nicht zu«, sagte sie. »Sie hatten keine richtigen Klienten. Schon lange nicht mehr.«
»Irgendetwas muss passiert sein«, insistierte Reacher.
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»Ich meine, dass jemand mit einem Problem zu ihnen gekommen sein muss. Vielleicht irgendwo bei der Arbeit, vielleicht im Büro.«
»Ich weiß nicht, wer das gewesen sein soll.«
»Jorge hat nichts davon erzählt?«
»Nein. An einem Tag haben sie noch untätig herumgesessen, am nächsten sind sie rumgerannt, als hätten sie Hummeln im Hintern. So haben sie’s immer genannt. Hummeln im Hintern, nicht einarmige Tapezierer.«
»Aber Sie wissen nicht, warum?«
Milena
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