Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman

Titel: Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
schüttelte den Kopf. »Mir haben sie’s nicht erzählt.«
    »Wer könnte sonst etwas wissen?«
    »Orozcos Frau vielleicht.«

50
    In dem verwüsteten Apartment wurde es sehr still. Reacher starrte Milena verblüfft an und fragte: »Manuel Orozco war verheiratet?«
    Milena nickte. »Sie haben drei Kinder.«
    Reacher sah zu Neagley hinüber und fragte: »Wieso haben wir das nicht gewusst?«
    »Ich kann nicht alles wissen«, erwiderte Neagley.
    »Mauney haben wir erzählt, die nächste Angehörige sei seine Schwester.«
    Dixon fragte: »Wo hat Orozco gewohnt?«
    »Hier die Straße entlang«, sagte Milena. »In einem ganz ähnlichen Gebäude.«
    Milena führte sie einen halben Kilometer weiter vom Stadtzentrum weg zu einem Apartmentgebäude auf der anderen Seite derselben Straße. Es sah Sanchez’ Gebäude sehr ähnlich. Das gleiche Alter, der gleiche Stil, dieselbe Bauweise, dieselbe Größe, eine blaue Markise über dem Gehsteig, wo die von Sanchez’ Gebäude grün gewesen war.
    Reacher fragte: »Wie heißt seine Frau mit Vornamen?«
    »Tammy«, antwortete Milena.
    »Ist sie jetzt zu Hause?«
    Milena nickte. »Sie schläft wahrscheinlich. Sie arbeitet nachts. In einem Kasino. Sie kommt heim, bringt die Kinder zum Schulbus und geht dann sofort ins Bett.«
    »Heute müssen wir sie leider wecken.«
    Geweckt wurde sie dann von dem Portier des Gebäudes. Er telefonierte aus dem Foyer nach oben. Nach langem Klingeln meldete sich jemand. Der Pförtner nannte Milenas Namen und fügte Reachers, Neagleys, Dixons und O’Donnells hinzu. Der Mann hatte mitbekommen, in welcher Stimmung sie waren, und sprach sehr ernst. Er ließ keinen Zweifel daran, dass dieser Besuch nichts Gutes bedeutete.
    Nun entstand eine weitere lange Pause. Reacher vermutete, dass Tammy Orozco die vier neuen Namen mit den nostalgischen Erinnerungen ihres Ehemanns verglich und zwei und zwei zusammenzählte. Dann würde sie vermutlich in ihren Morgenrock schlüpfen. Er hatte schon früher Witwen besucht. Er wusste, wie so etwas ablief.
    »Sie möchten bitte hinaufkommen«, sagte der Portier.
    Sie fuhren in der kleinen Aufzugkabine zusammen gedrängt in den siebten Stock, folgten dem Korridor nach links und machten vor einer blauen Tür halt. Sie stand bereits einen Spaltweit offen. Milena klopfte trotzdem an und führte sie dann hinein.
    Tammy Orozco war eine kleine zusammengekauerte Gestalt auf dem Sofa. Wild zerzauste schwarze Mähne, blasser Teint, schwarz-weiß karierter Morgenrock. Sie musste um die vierzig sein, sah aber im Augenblick eher wie sechzig aus. Jetzt hob sie den Kopf. Sie ignorierte Reacher, O’Donnell, Dixon und Neagley völlig, sah sie nicht einmal an. Es ging eine gewisse Feindseligkeit von ihr aus. Nicht nur Eifersucht oder vage Ressentiments wie bei Angela Franz, sondern wirklicher Zorn. Sie starrte Milena an und fragte: »Manuel ist tot, nicht wahr?«
    Milena setzte sich neben sie und entgegnete: »Das sagen diese Leute. Tut mir schrecklich leid.«
    Tammy fragte: »Jorge auch?«
    Milena erwiderte: »Das wissen wir noch nicht.«
    Die beiden Frauen umarmten sich und weinten. Reacher ließ ihnen Zeit. Er wusste, wie so etwas ablief. Die Wohnung schien größer zu sein als Sanchez’ Apartment. Vermutlich drei Schlafzimmer, anderer Zuschnitt, andere Ausrichtung. Die Luft war abgestanden, roch nach Fritten. Hier wirkte alles abgenutzt und unordentlich. Vielleicht weil die Wohnung drei Wochen zuvor verwüstet worden war, vielleicht aber auch, weil hier, wo zwei Erwachsene und drei Kinder lebten, schon immer Chaos geherrscht hatte. Auch wenn Reacher nicht viel von Kindern verstand, ließen die überall herumliegenden Bücher, Spielsachen und Kleidungsstücke darauf schließen, dass Orozcos drei noch ziemlich klein waren. Er sah Puppen, Teddybären, Videospiele und komplizierte Konstruktionen aus Legosteinen. Also mussten die Kinder ungefähr neun, sieben und fünf Jahre alt sein. Jedenfalls waren sie alle erst nach seinem Militärdienst geboren worden. In der Army war Orozco nicht verheiratet gewesen. Zumindest das wusste Reacher ziemlich sicher.
    Endlich sah Tammy Orozco wieder auf und fragte: »Wie ist es passiert?«
    Reacher antwortete: »Die Polizei kennt alle Einzelheiten.«
    »Hat er leiden müssen?«
    »Er war sofort tot«, sagte Reacher, wie er vor langem gelernt hatte. Das wurde von allen Gefallenen behauptet, wenn es sich nicht direkt widerlegen ließ. Für die Hinterbliebenen war das angeblich ein Trost und bei Orozco nicht

Weitere Kostenlose Bücher