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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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Eindringens (Ripon hatte seinem Vater versichert, dass er mit dem Priester nichts zu schaffen habe) und Diebstahls (an den Bäumen im Obstgarten fehlten Äpfel). Weitere Vorwürfe wurden erhoben, und hätte es einen Amtsrichter gegeben, dem man sie hätte vortragen können, dann hätte diese plötzliche Flut von Verleumdungen für dermaßene Verstrickungen gesorgt, dass binnen Tagen jede Entwirrung unmöglich geworden wäre. Aber den gab es nicht. Der Vertreter des auswärtigen Unterdrückers hatte ein paar Drohbriefe von der I.R.A. bekommen und war so klug gewesen, sich zurückzuziehen. Ein Nachfolger war angekündigt, doch bis er eintraf, trieben sich Kriminelle jeglicher Couleur, darunter auch die Zwillinge, ungehindert auf den Straßen herum. Aber Pater O’Meara hatte erfahren, dass, während er sich noch die Steinchen aus den aufgeschundenen Händen bohrte, die beiden von ihrem Vater Prügel auf den nackten Po bezogen hatten, genau wie Jungen, und der Gedanke an diese Vergeltung beschwichtigte ihn sogleich um ein gutes Maß. Sarah selbst gab zu, dass die »widerlichen Gören« Mumm hätten, aber sie stand doch ganz auf der Seite des unglücklichen Priesters. Fast alles, was mit diesen Mädchen zu tun habe, schrieb sie, beginne lustig und ende im Schmerz.
    Und, habe sie jetzt die Neugier des Majors befriedigt? Wenn er auch die anderen Versionen hören wolle, müsse er nach Kilnalough kommen, denn sie habe jetzt vom Schreiben schon einen Krampf in der Hand … Und was seine Frage nach Edward angehe, den sehe sie gar nicht mehr … Seit Angela tot war, ging sie überhaupt nicht mehr hin. Ja, sie langweilte sich, sie langweilte sich entsetzlich und hoffte nur, dass der Major ihr etwas Amüsantes schreiben würde … »Amüsieren Sie mich, mein lieber Major, amüsieren Sie mich!« Das Leben war unerträglich in Kilnalough.
    Aber Moment – da kam ihr eine Idee! Der Major müsse ihr schreiben und ihr mit klaren Worten sagen – ja oder nein –, ob er die Geschichten von Ripon und den Zwillingen glaube. Und zwar auf der Stelle. Das war entscheidend, denn daraus würde sie ersehen können, was für eine Art Mann der Major war … obwohl sie das ja im Grunde schon wisse. Trotzdem müsse er schreiben und ihr antworten. Und übrigens werde sie ihn vielleicht tatsächlich noch in London besuchen. Sie habe Aussichten, für eine Weile in eine Klinik in Frankreich zu kommen. Mit dem Gehen sei es viel besser geworden, und sie sei längst nicht mehr »so ein elender Krüppel« wie zu der Zeit, als der Major sie gekannt habe. Auch wenn er immer so langweilig schreibe, denke sie doch gern an ihn und verbleibe mit freundlichen Grüßen.
    Der Major wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Wenn er ihr schrieb, dass er die Geschichten von Ripon und den Zwillingen glaube, würde sie ihm vorhalten, dass er »stur wie ein Teigkloß« sei. Wenn er schrieb, er glaube sie nicht, würde sie ihm mit beinahe ebenso großer Sicherheit antworten, dass er keinen Sinn für Humor habe, keine Phantasie. Nach zwei oder drei Tagen Zaudern schrieb er zurück, dass er den Geschichten großenteils glaube (und der Rest ihm gefalle). Als Antwort bekam er nur eine Postkarte. Sie hielt ihm vor, er habe einen lahmen und typisch britischen Kompromiss gewählt. Und der letzte Satz lautete: »Ich verachte Kompromisse!«
    Während der Zeit dieses Briefwechsels verharrte die Tante des Majors in einem Dämmerzustand zwischen Leben und Tod, den er für sich als große Belastung empfand. Nach ihrem ersten Blutsturz war eine Pflegerin ins Haus gekommen, die nachts bei ihr wachte, eine freudlose Frau mittleren Alters, die seiner Tante mit Sprüchen Mut machte wie: »Ertragen Sie es tapfer, meine Liebe« oder »Madam, Ihre Schmerzen werden nicht ewig währen«, oder sie ließ sie wissen, dass »Ihre einzige Hoffnung unser Herr Jesus« sei, und ansonsten wandte sie diskret ihr Gesicht ab und stopfte die ganze Nacht über Essen in sich hinein. Die meisten Bemerkungen dieser Frau waren religiöser Natur, und nur wenige zeigten einen Zusammenhang, doch gelegentlich sprach sie auch von anderen, deren Sterben sie begleitet hatte, und durch die Bank waren es Damen der besseren Gesellschaft. Eine von ihnen, eine Mrs. Baxter, war »in den Armen von Jesus« gestorben. Eine andere hatte ihr Verpflegung angeboten, die nicht zu genießen war. Eine dritte hatte ansehnliche Töchter, die »zum Tanzen gingen, derweil ihre Mutter in Todesqualen lag«. Eine Geschichte erzählte

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