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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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rechtzeitig zum nächsten aufkreuzte und mit diesem wiederum abfuhr, und zwar in Begleitung einer dicht verschleierten Dame, deren beträchtliche Proportionen und rosige Waden vielleicht die Vermutung nahelegten, dass es sich um »eine gewisse Person« handelte; mehr habe er nicht sagen wollen. Als er der verschleierten Dame in den Wagen geholfen habe, da habe er »einen Hauch von etwas, das gar nicht soviel anders als Chloroform roch«, verspürt, »auch wenn ich, wie gesagt, nicht behaupten will, dass es das war … obwohl es schon verflucht danach roch, das muss ich sagen«. Tja, das sei eine Geschichte, die er ihr nun glauben könne oder auch nicht, aber da die Engländer (»der Feind«, denn das sehe sie ja in ihnen) alles wörtlich nähmen und der Major ganz besonders ja stur wie ein Teigkloß sei, habe sie keinen Zweifel, dass er ihr alles glauben werde.
    Was nun den Angriff der Zwillinge auf Pater O’Meara angehe, hier sei noch eine zweite Geschichte, und der Major könne ja sehen, wie sie ihm bekomme. Der tapfere und ehrenwerte Pater O’Meara habe es sich eines Tages in den Kopf gesetzt, Ripon zu besuchen, der ja bei ihm geistliche Unterweisung erhielt (der Major als »grässlicher Protestant« werde gewiss nicht begreifen, wie entscheidend dies für das Seelenheil sei), für die Ehe, die er eventuell mit der Müllerstochter eingehen wolle. Der Geistliche war, als er die Hotelauffahrt hinaufradelte, zwei identischen Mädchen begegnet, Wesen von solch strahlender Schönheit, dass er sie anfangs fälschlich für »Engel des Himmels« hielt (das solle er später, noch unter Schock, zur Erklärung gesagt haben). Als jedoch eine von ihnen eine unflätige Bemerkung machte, erkannte er sogleich seinen Irrtum und trat kräftiger in die Pedale, um außer Hörweite zu kommen. Er war erschüttert, dass ein Mädchen, gerade ein so junges Mädchen, solche Ausdrücke kannte, aber er haderte auch mit Gottes Angewohnheit, das Gute mit dem Bösen zu mischen, wie man hienieden ja immer wieder aufs Neue erfahren müsse und so weiter.
    Er fuhr nicht bis zum Haupteingang, sondern entdeckte Ripon schon in der Orangerie, wo er eben ein kleinlautes Mädchen in Dienstbotenkluft ausschalt, das zweifellos irgendeine Arbeit vernachlässigt hatte (sie, Sarah, habe ja ihre eigene Meinung davon, was der Lüstling da gerade gemacht habe). Ripon war verlegen gewesen und hatte vorgeschlagen, »ein Stück zu gehen«. Pater O’Meara, der sich einen meditativen Spaziergang vorstellte, bei dem Überirdisches zur Sprache käme, stimmte sofort zu, und sie machten sich auf, wobei Ripon mit großem Tempo auf ein Gebüsch zuhielt und sich dabei immer wieder verstohlen umsah. Pater O’Meara hatte Mühe mitzuhalten, aber nach den ersten etwa hundert Metern ließ das Tempo nach, und Ripon stellte ihm ein paar halbherzige Fragen nach dem Katechismus. Dann sagte er ganz unvermittelt, jetzt müsse er aber gehen, und trollte sich, ohne dass er seinen Besucher auch nur zu dessen Fahrrad zurückbegleitet hatte. Der gutmütige Gottesmann, der schließlich wusste, dass es ihm mehr um die himmlische als um die gesellschaftliche Etikette zu tun war, vergab dem Jungen sofort. Jetzt, wo er es sich überlegte, vergab er sogar dem jungen Mädchen, das ihm die Obszönität zugerufen hatte. So fand er seinen Seelenfrieden wieder, bestieg seinen Drahtesel und strampelte in Richtung Ausfahrt davon.
    Doch das Unglück ereilte ihn – gerade in diesem Punkt unterschieden sich die Berichte stark – schon ein gutes Stück bevor er das Tor erreichte. Als er so vor sich hinradelte, wurde offenbar von den überhängenden Zweigen einer Eiche aus ein Lasso nach ihm geworfen. Die dramatische Variante dieser Variante berichtet, dass er aus dem Sattel gerissen wurde und leicht hin- und herschwingend dort am Baum hing, während das Fahrrad in ein Rhododendrongebüsch segelte. Wahrscheinlicher war, dass die Schlinge ihn verfehlte (nur gut so, denn sonst hätte sie ihm womöglich den Hals gebrochen), aber am Gepäckträger des Fahrrads hängenblieb und sich sofort zuzog, sodass das Rad abrupt zum Stillstand kam und Pater O’Meara über den Lenker katapultiert wurde. Zwar war er von dem Sturz benommen, doch war er bereit zu schwören, dass er, als er sich aufrappelte, zwei strahlende Engelsgesichter über sich erblickt habe. Es war ein Fall für die Polizei, kein Zweifel. Klage wegen tätlichen Angriffs wurden für den Amtsrichter vorbereitet, Gegenklagen wegen unerlaubten

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