Troubles (German Edition)
hatten). Einen Moment lang schwindelte ihm von den wogenden Fellmassen, dann wurde der Raum abrupt von einer ganzen Salve von Niesern erschüttert. Rund um ihn sank feiner, grauer Staub nieder. »Ja zum Teufel, wo kommen die denn alle her? Sämtliche Katzen von Kilnalough nutzen das Majestic als Kinderstube … und nicht alle sehen wie Streuner aus.« Im Gegenteil, nun kamen sie alle, angeführt von dem großen Rotgetigerten, der von der Hirschnase aus zum Sprung angesetzt hatte und mit lautem Plopp auf einer Sessellehne gelandet war, von wo er zu Boden glitt, auf ihn zu, und das unter furchterregendem Maunzen. Schon im nächsten Moment steckte er bis zu den Schienbeinen in einem wimmelnden Fellteppich.
Doch er ging energisch weiter, und die Tiere wichen zurück und belauerten ihn vorsichtig. Ihm war übel von dem Geruch. Er wollte das Fenster öffnen, doch der hölzerne Rahmen war wohl von der Feuchtigkeit aufgequollen; es saß unverrückbar fest. Als er sich zum Gehen wandte, fiel sein Blick auf den Umschlag, der auf der Theke lag. Es war der Brief von Angela, den Edward ihm am Tag ihrer Beerdigung überreicht hatte; sein Name stand auf dem Umschlag, in der akkuraten Handschrift, die ihm einmal so vertraut gewesen war. Er malte sich aus, wie der Brief hier gelegen hatte, Angelas letzte Nachricht an ihn, all die Monate lang, während die Katzen sich ringsum vermehrten, den Lauf der Jahreszeiten hindurch. Mit schlechtem Gewissen öffnete er ihn … aber er las ihn nicht. Dazu war er viel zu lang. Er steckte ihn in die Tasche und schob sich dann traurig durch das Katzengewimmel zur Tür.
Im Palmenhaus begrüßte Edward den Major mit neuem Enthusiasmus, ganz so, als seien die wenigen Minuten, die er fortgewesen war, eine neue lange Trennung gewesen. Kaum hatte der Major sich durch den Bambuswald gezwängt, der enorm gewachsen war (denn auch hier war der Lauf der Jahreszeiten weitergegangen) und jetzt den Eingang ganz zu verschließen drohte, da war Edward auch schon auf den Beinen und rief: »Ah, der verlorene Sohn kehrt heim. Kommen Sie, Brendan, erzählen Sie uns, warum Sie sich in all der Zeit mit keinem Wort bei uns gemeldet haben … hm? Wir wollen Gründe hören, stimmt’s? Aber ich wette, der Bursche hatte einfach zu viel mit den jungen Damen zu tun, da blieb für seine alten Freunde keine Zeit mehr. Meinen Sie nicht auch, Doktor? Was soll man von einem Freund halten, der nie einen Brief schreibt? Der ist ein armseliger Wicht, oder? Ja und Donnerwetter, ich glaube, zugenommen hat er auch noch. Mal ein paar Ausritte, würde ich sagen, das wird ihm guttun, ein paar Mal früh aufstehen mit Flinte und Hund … Wie klingt das, Brendan? Gar nicht so schlecht, oder? Hab ich mir doch gedacht – früher oder später haben Sie von dem Stadtleben die Nase voll. Aber jetzt kommen Sie, alter Junge, erzählen Sie uns, was es Neues gibt. Setzen Sie sich her, damit wir Sie in aller Ruhe ansehen können. Ja, ich glaube, dieser hier ist noch ganz stabil … ziehen Sie ihn ein Stückchen ran, ich gieße Ihnen ein. O ja, dieser Tage muss ich alles selber machen, ich bin wie eine alte Frau, genau wie eine alte Frau. Wir haben schon angefangen. Das nehmen Sie uns doch nicht übel, oder? Wir wollten nicht, dass der Tee kalt wird …«
Während der Major seinen Tee trank und sich in dem Raum umblickte, den er kaum wiedererkannte, bombardierte Edward ihn mit Fragen, sprang von einem Thema zum anderen und wartete oft gar nicht die Antwort ab. Er war dermaßen aufgekratzt, dass er kaum stillsitzen konnte. Ja, er sprang sogar immer wieder auf und machte sich grundlos am Tisch zu schaffen.
»Wie war Ascot dieses Jahr?«, rief er und reichte im Überschwang jedem einen zweiten Teelöffel. »Sie waren doch dort, oder? … Erzählen Sie mir bloß nicht, dass Sie nicht dort waren. Oder etwa doch? Aber warten Sie, versuchen Sie diesen hier und sagen Sie mir, wie er Ihnen schmeckt. Ich habe ihn mir bei Fox extra mischen lassen … meine eigene Rezeptur, und ich dachte, ich probiere sie an Ihnen aus und schaue, wie sie Ihnen schmeckt. Oder nein. Nehmen Sie vorher noch ein Stück Kuchen. Von Bewley. Es heißt, der ist sehr gut. Ich selber kenne mich mit Kuchen nicht so aus, aber es heißt, der ist gut … Hatte ich Ihnen eigentlich erzählt, dass ich mich jetzt wieder der Wissenschaft widme? Wir müssen doch dafür sorgen, dass unser alter Verstand nicht einrostet, nicht wahr? Gesunder Körper, gesunder Geist. Leib und Seele, wie Sammy sagen
Weitere Kostenlose Bücher