Troubles (German Edition)
daraus gemacht, verstehen Sie, haben uns als Sozialisten ausgegeben. Angie schämte sich, dass sie mit der Straßenbahn kam, aber hinterher hat sie doch darüber gelacht, tapferes Mädchen, das sie war.« Er stand auf und betrachtete versonnen sein Spiegelbild, griff nach einer der Silberbürsten (blaugrau angelaufen nach Monaten ohne Pflege) und fuhr mit dem Daumen über die Borsten.
»Sie sind doch noch Kinder, da spielt es keine Rolle, was sie anhaben, Hauptsache es hält warm«, fügte er zu seiner Verteidigung hinzu. »Ich muss irgendwie an ein bisschen Bargeld kommen, damit ich diesem Armleuchter Ripon aus der Patsche helfen kann.«
»Das ist der Grund?«
»Nun, Sie haben selbst gesagt, jetzt, wo er eine Frau zu versorgen hat, braucht er ein wenig Geld, um sich eine Existenz aufzubauen.«
Der Major wusste genau, dass er nie etwas in dieser Art gesagt hatte, aber es hätte zu nichts geführt, es zu bestreiten.
»Meinen Sie denn nicht, seine Frau steuert etwas bei?«
»Ich bezweifle es. Jedenfalls ist Ripon keiner von denen, die Almosen annehmen, was er auch sonst für Fehler haben mag. In mancher Hinsicht fällt der Apfel dann doch nicht weit vom Stamm. Wahrscheinlich sollte ich die Bürsten hier und den ganzen Kram auch verkaufen. Die arme Angie braucht sie jetzt nicht mehr. Solches Schmuckzeug bringt vielleicht etwas ein. Aber es wäre schon schrecklich.«
Sie verfielen in ein bedrücktes Schweigen. Doch dann hob Edward mit einem Seufzer wieder an: »Wissen Sie, das einzige Mal in meinem Leben, dass ich wirklich glücklich gewesen bin …« Doch in dem Augenblick traten die Zwillinge wieder ein.
»Donnerwetter! Sehen sie nicht schick aus?«, rief Edward in ehrlicher Bewunderung. »Was meinen Sie, Brendan? Sind sie nicht hübsch?«
Der Major konnte ihm nur zustimmen. Die Zwillinge sahen hübscher denn je aus, identisch, wütend, den Stoff mit geballten kleinen Fäusten gerafft, um den Saum hochzuhalten. Sie seufzten unisono.
»Aber wir sehen wie
Irre
aus, Daddy.«
»Wir können so was nicht anziehen. Die Leute lachen sich krank über uns.«
»Unsinn, ihr zwei seht wirklich bezaubernd aus, lasst euch das gesagt sein. Vor dem Krieg, da wussten die jungen Damen noch, wie man sich kleidet.«
»Daddy, du willst doch nicht, dass wir wie Irre aussehen«, flehte Faith, den Tränen nah.
»Das kann ich nicht! Nie und nimmer ziehe ich das an!«
»Faith, ich habe dich gewarnt! Charity! Ihr geht jetzt auf der Stelle auf eure Zimmer!«, rief Edward, mit seiner Geduld am Ende. Sein Zorn beeindruckte die Zwillinge immerhin so weit, dass sie den Mund hielten. Einen Moment lang sahen sie ihn noch finster durch einen Tränenschleier an, dann stapften sie davon.
Der Major mit seinem weichen Herzen eilte ihnen nach und reichte jeder eine Tafel Schokolade (neuerdings hatte er immer Schokolade in den Taschen, um sie den zerlumpten, ausgehungerten Kindern zu schenken, die ihm auf seinen Wanderungen begegneten). Sie betrachteten die Schokolade, schnieften, nahmen sie aber dann doch an.
Am Tag darauf stieß der Major in einem verlassenen Wohnzimmer auf die Zwillinge, wo sie einen Berg von Hüten, Muffs, Boas und Schuhen musterten. Die Hüte seien unmöglich üppig und exotisch, erklärten sie ihm ärgerlich. Wer solle denn so etwas aufsetzen?
»Schauen Sie sich das an!« Faith zeigte ihm einen breitkrempigen Filzhut, um den Ellen von orangefarbenem Satin geschlungen waren, und auf der Rückseite thronte ein Vogel.
»Oder der hier, der sieht wie ein ganzer Bauernhof aus«, sagte sie und warf ihm einen weiteren Hut zu, aus schwarzem Stroh, geschmückt mit einem Urwald aus Fischadlerfedern und echten Haferähren. Die Boas hingegen beschwichtigten sie wieder; ja der Major sah sich sogar zum Schiedsrichter in einem Streit berufen, der um eine prachtvolle Boa aus purpurroten Hahnenfedern entbrannt war. Sie ging an Charity unter der Bedingung, dass Faith dafür das Vorrecht an einem Hut mit passendem Schal und Muff aus Pfauenfedern haben sollte (der Muff hatte sogar einen Schnabel und wachsame braune Glasaugen), außerdem die erste Wahl bei den seidenen Sonnenschirmen. Und schließlich machten die Zwillinge noch eine weitere Entdeckung: Angelas Schuhe passten ihnen haargenau! Leider kam das der alten Mrs. Rappaport zu Ohren, und die machte darum ein Riesengeschrei. Sie müssten ihre wadenhohen Knopfstiefel tragen, damit sie zarte Fesseln behielten! Sonst würden sie wie Milchmädchen aussehen, wenn sie groß waren. Der alten
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