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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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darauf, dass es gerecht zugeht.«
    Durch die Staubwüste des Ballsaals kehrte Edward ins Haus zurück, und sie folgten ihm durch den Raum und dann eine abgelegene Treppe hinauf, selten benutzt, wenn man den Spinnweben, die ihr Geländer zierten, nach urteilen wollte. Auf dem Weg nach oben bestürmten die Zwillinge Edward mit Fragen. Was denn für Kleider? War er in Dublin einkaufen gewesen? Bei Switzer? Oder war es Pim oder Brown Thomas gewesen? Woher wusste er ihre Größe und war ihm eigentlich klar, dass Faith ein wenig mehr Oberweite hatte? Edward antwortete nicht; er war außer Atem und rot im Gesicht. Unterwegs auf dem Korridor murmelte er zum Major: »Werde alt. Muss mal ein wenig kürzer treten.«
    Die Zwillinge waren vorangeeilt; mit jedem Schritt wirbelten sie aus dem Teppich eine Staubwolke auf, sodass es aussah, als zögen sie eine Rauchspur hinter sich her; sie schillerte im Licht der Nachmittagssonne, das in Streifen durch halb offene Türen fiel. Unter ihnen knarrten und schwankten lose Fußbodendielen bedrohlich.
    »Wenn ich jetzt auch noch Hausschwamm bekomme, dann bin ich erledigt«, sagte Edward, als spreche er weiterhin von seiner Gesundheit.
    »Oh?«
    »Dann stürzt mir die Bruchbude über dem Kopf zusammen.«
    Einhunderteinundzwanzig, einhundertzweiundzwanzig, einhundertdreiundzwanzig … An der nächsten Tür fehlte das Messingschild mit der Zimmernummer, obwohl ein dunklerer Fleck auf dem lackierten Holz noch die Stelle markierte, an der es einmal gewesen war. An dieser Tür blieb Edward nun stehen. Er holte einen Schlüssel aus der Tasche und schloss sie auf.
    »
Da
rein?«, rief Charity ungläubig. Drinnen war es dunkel. Edward ging quer durchs Zimmer und stieß die geschlossenen Fensterläden auf. Auf einen Schlag nahm alles Form, Farbe und Sinn an. Auch wenn er dieses Zimmer nie zuvor betreten hatte, war alles darin dem Major auf Anhieb vertraut. Er wusste, wessen Zimmer das gewesen war. Ihm schwand der Mut.
    Die Zwillinge waren vorher nie hier gewesen. Der Raum machte einen bewohnten Eindruck. Sie musterten ihn neugierig, doch ihre Erregung schlug rasch in Misstrauen um. Sie starrten das ungemachte Bett an, Laken und Federbett grob zusammengerafft, als habe das Zimmermädchen noch keine Zeit gehabt, es in Ordnung zu bringen. Sie rümpften die Nase bei Krug und Waschschüssel, der ausgetrocknete Schwamm hart wie der Bimsstein daneben. Sie betrachteten ihre reizenden Bilder im Spiegel und besahen sich die Frisierkommode mit den silbernen Haarbürsten und den silbernen Bilderrahmen mit einer Fotografie darin, einer Fotografie von, nun … inzwischen dämmerte ihnen, worauf es hinauslief, doch im Moment hatte es ihnen noch vor Unglauben die Sprache verschlagen.
    »So, dann wollen wir mal … wo hat sie … ?«, sagte Edward leise. Der Major entdeckte bei diesen Worten auf seinem Gesicht einen Anflug von Schmerz, wie von einem Stich in der Tiefe des Schädels (aber wieso musste er
mich
mit herbringen?, fragte er sich bitter). Edward ging zum Schrank und öffnete versuchsweise die Tür. Er war leer. Eine große weiße Motte kam heraus und flog müde ein kleines Stück, bis ein heftiger Hieb von Faiths Tennisschläger sie dahinraffte. Eine Staubwolke von ihren Flügeln hing noch im Raum.
    »Daddy, wie
kannst
du nur?«, rief Charity. »Du willst doch nicht etwa, dass wir
Angelas
Sachen anziehen!« Edward sagte nichts, doch seine Miene verfinsterte sich, als er sich abwandte und die Augen durchs Zimmer schweifen ließ. Der Blick kam auf einer Truhe aus dunkler polierter Eiche zu ruhen, die in den Augen des Majors, nun wo seine Phantasie entsprechend gestimmt war, sehr wie ein Sarg aussah. In Wirklichkeit war es eine alte Aussteuertruhe, die wahrscheinlich schon seit Generationen im Besitz der Spencers war. Edward hatte den grau gewordenen Metallbügel umgeklappt, und nun hob er den Deckel. Im Inneren war die Truhe mit einem anderen Holz ausgekleidet, heller und wohlriechend, Zedernholz vielleicht. Ein weiterer Deckel wurde gehoben. Gleich darauf breitete Edward Stapel von ordentlich gefalteten Kleidern auf dem Teppich aus.
    »Das
können
wir nicht, Daddy, das ist zu gruselig«, beharrte Faith und wischte die Saiten des Tennisschlägers an der Bettwäsche ab, um sie von den zermatschten Überresten der Motte zu befreien.
    »Nicht die Kleider von einer
Toten
«, flehte Charity. »Das ist grässlich. Wenn ich nur dran denke, wird mir schon ganz komisch.«
    »Wir müssen sparen, meine Liebe. Und jetzt

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