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Trübe Wasser sind kalt

Trübe Wasser sind kalt

Titel: Trübe Wasser sind kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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in London plant«, sagte ich.
    »Wir haben Angst davor, wie verletzlich wir hier wären. London ist das Sprungbrett nach Europa, nach den USA und dem Mittleren Osten. Es ist ein riesiges Finanzzentrum. Bloß weil Libyen von den USA Feuer stiehlt, heißt das nicht, daß die Vereinigten Staaten das letzte Ziel sind.«
    »Feuer?« fragte ich.
    »Wie im Prometheus-Mythos. Feuer ist unser Deckname für Plutonium.«
    »Ich verstehe«, sagte ich. »Was Sie sagen, macht erschreckenden Sinn. Erzählen Sie mir, was ich tun kann.«
    »Nun ja, wir müssen das Gedankengut dahinter erforschen, wegen der Dinge, die gerade geschehen, und der, die noch geschehen können«, erklärte Olson. »Wir müssen mit der Denkweise dieser Terroristen besser zurechtkommen, und das ist offensichtlich Wesleys Abteilung. Sie müssen uns Informationen beschaffen. Soviel ich weiß, haben Sie einen Kollegen hier, der sich als nützlich erweisen könnte.«
    »Wir können nur hoffen«, sagte ich. »Aber ich habe vor, mit ihm zu sprechen.«
    »Wie sieht es mit der Sicherheit aus?« fragte Wesley ihn. »Müssen wir ihr jemand mitschicken?«
    Olson sah mich sonderbar an, als wolle er meine Stärke abschätzen, als wäre ich nicht ich selber, sondern ein Objekt oder ein Kämpfer, der in den Ring steigen soll.
    »Nein«, sagte er. »Ich glaube, sie ist hier absolut sicher, es sei denn, Sie haben andere Informationen.«
    »Ich bin nicht ganz sicher«, sagte Wesley, während auch er mich ansah. »Vielleicht sollten wir jemand mitschicken.«
    »Auf gar keinen Fall. Niemand weiß, daß ich in London bin«, sagte ich. »Und Dr. Mant ist schon ziemlich abweisend, wenn nicht zu Tode geängstigt, und er wird sicherlich mir gegenüber nicht offen sein, wenn ein anderer dabei ist. Dann war diese Reise umsonst.«
    »Also gut«, sagte Wesley widerstrebend. »Wir müssen nur immer wissen, wo du bist, und wir dürfen uns hier nicht später als um vier treffen, wenn wir das Flugzeug noch erwischen sollen.«
    »Ich rufe dich an, wenn ich aufgehalten werde«, versprach ich. »Werden Sie hier sein?«
    »Wenn wir nicht da sind, wird meine Sekretärin wissen, wo wir zu finden sind«, sagte Olson.
    Ich ging in die Lobby hinunter, wo Wasser laut in einen Springbrunnen plätscherte und ein bronzener Lincoln zwischen Wänden thronte, an denen Porträts früherer Repräsentanten der Vereinigten Staaten hingen. Die Wachleute überprüften Reisepässe und Besucher streng. Mich ließen sie mit kühlen Blicken passieren, und ich spürte, wie sie mir mit den Augen zur Tür hinaus folgten. Auf der Straße, an diesem kalten, feuchten Vormittag, winkte ich nach einem Taxi und nannte dem Fahrer eine Adresse, die nicht weit weg in Belgravia, in der Nähe des Eaton Square war.
    Die alte Mrs. Mant hatte in Ebury Mews in einem dreigeschossigen Stadthaus gewohnt, das in Apartments aufgeteilt worden war. Ihr Gebäude war stuckverziert, mit hohen roten Schornsteinen auf dem scheckigen Schindeldach. Die Fenstersimse waren geschmückt mit Narzissen, Krokussen und Efeu. Ich ging in den zweiten Stock und klopfte an ihre Tür, aber es war nicht mein Stellvertreter, der mir aufmachte. Die matronenhafte Frau, die mich anblinzelte, schaute so verwirrt drein wie ich. »Entschuldigen Sie«, sagte ich zu ihr. »Ich vermute, die Wohnung ist schon verkauft worden.«
    »Nein, tut mir leid. Sie steht überhaupt nicht zum Verkauf«, sagte sie bestimmt.
    »Ich suche Dr. Philip Mant«, redete ich weiter. »Ich muß mich wohl in der Tür…«
    »Oh«, sagte sie. »Philip ist mein Bruder.« Sie lächelte freundlich. »Er ist gerade zur Arbeit gegangen. Sie haben ihn knapp verpaßt.«
    »Arbeit?« brachte ich nur heraus.
    »Oh ja, er geht immer ziemlich genau um diese Zeit aus dem Haus. Um dem Verkehr auszuweichen, wissen Sie. Obwohl ich nicht glaube, daß das möglich ist.« Sie zögerte, war sich plötzlich der Fremden vor ihr bewußt. »Darf ich ihm sagen, wer vorbeigeschaut hat?«
    »Dr. Kay Scarpetta«, sagte ich. »Und ich muß ihn unbedingt sprechen.«
    »Aber selbstverständlich.« Sie schien genauso erfreut wie überrascht zu sein. »Er hat von Ihnen erzählt. Er mag Sie ungeheuer gern und wird sich riesig freuen, wenn er hört, daß Sie vorbeigekommen sind. Was führt Sie nach London?«
    »Ich lasse nie die Gelegenheit aus, einen Abstecher hierher zu machen. Könnten Sie mir sagen, wo ich ihn finden kann?« fragte ich weiter.
    »Selbstverständlich. Das amtliche Leichenschauhaus Westminster in der Horseferry

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