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Trübe Wasser sind kalt

Trübe Wasser sind kalt

Titel: Trübe Wasser sind kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Außerdem bist du verdammt noch mal die Chefin. Du solltest andere Leute hierherschicken, Familie hin oder her. Du solltest in deinem eigenen Haus sein.«
    »Ich hatte ursprünglich nicht gedacht, daß mein Aufenthalt hier so unerfreulich wird«, sagte ich. »Manche Leute zahlen viel Geld, um in einem Cottage am Ozean zu wohnen.« Er streckte sich. »Hast du irgendwas Amerikanisches zu trinken hier?«
    »Milch.«
    »Ich hab eher an so etwas wie ein kühles Miller gedacht.«
    »Ich möchte wissen, warum du Benton hinzuziehst. Ich persönlich glaube, es ist zu früh, das FBI einzuschalten.«
    »Und ich persönlich glaube nicht, daß du das objektiv beurteilen kannst.«
    »Reiz mich nicht«, warnte ich. »Es ist schon sehr spät, und ich bin müde.«
    »Ich sag nur, wie es ist.« Er klopfte eine Marlboro aus der Packung und steckte sie sich zwischen die Lippen. »Und er wird nach Richmond kommen. Daran zweifle ich nicht. Er und seine Frau sind über die Feiertage nicht weggefahren, also ist er meiner Vermutung nach gerade jetzt bereit zu einem kleinen Außeneinsatz. Und das wird ein guter sein.« Ich konnte seinem Blick nicht standhalten und ärgerte mich, daß er wußte, warum.
    »Außerdem«, fuhr er fort, »bittet auch nicht Chesapeake das FBI um irgendwas. Ich tue es, und ich bin dazu befugt. Falls du es vergessen hast, ich bin Leiter des Reviers, in dem sich Eddings' Wohnung befindet. Wenn du mich nun fragst, so ist dies eine Ermittlung, die unter mehrere Zuständigkeiten fällt.«
    »Der Fall gehört Chesapeake, nicht Richmond«, sagte ich. »In Chesapeake ist die Leiche gefunden worden. Du kannst dir nicht wie ein Bulldozer deinen Weg in ihren Zuständigkeitsbereich bahnen, das weißt du. Du kannst das FBI nicht in ihrem Namen einladen.«
    »Schau mal«, fuhr er fort, »nachdem ich Eddings' Wohnung durchsucht und das gefunden…«
    Ich unterbrach ihn. »Was gefunden? Du redest dauernd von dem, was du gefunden hast. Meinst du sein Waffenarsenal?«
    »Ich meine mehr als das. Ich meine Schlimmeres. Wir sind dazu noch nicht gekommen.« Er sah mich an und nahm die Zigarette aus dem Mund. »Es läuft darauf hinaus, daß Richmond Grund hat, an diesem Fall Anteil zu nehmen. Betrachte dich also als eingeladen.«
    »Ich fürchte, das war ich schon, als Eddings in Virginia starb.«
    »Tön jetzt nicht so, als hättest du dich heute früh so wahnsinnig erwünscht gefühlt, als du auf dem Schiffsfriedhof warst.« Ich sagte nichts, weil er recht hatte.
    »Vielleicht ist heute nacht ein Gast auf dein Grundstück gekommen, damit du merkst, wie unerwünscht du bist«, fuhr er fort. »Ich möchte das FBI jetzt hier dabei haben, weil es um mehr geht als um einen Kerl in einem Kahn, den du aus dem Wasser hast fischen müssen.«
    »Was hast du noch in Eddings' Wohnung gefunden?« fragte ich ihn.
    Ich konnte seinen Widerwillen erkennen, als er versucht e wegzuschauen, verstand ihn aber nicht. »Ich serviere erst das Abendessen, dann reden wir«, sagte ich. »Wenn das bis morgen warten könnte, wäre es besser.« E r blickte zur Küche, als sei er besorgt, daß Lucy mithörte. »Marino, seit wann hast du Bedenken, mir etwas zu erzählen?« »Das ist anders.« Er rieb sic h mit den Händen das Gesicht. »Ic h glaube, Eddings hat sich mit den Neuen Zionisten angelegt.«
    Die Lasagne war ausgezeichnet, weil ich frischen Mozzarella in Tüchern ausgewrungen hatte, damit der Käse während des Backens nicht zuviel Wasser abgab, und natürlich war die Pasta selbstgemacht. Ich hatte die Lasagne weich serviert, statt sie zu knusprig werden zu lassen, und am Tisch darübergestreuter Parmesan hatte das Ganze abgerundet.
    Marino aß praktisch alles Brot, dick mit Butter bestrichen, mit mehreren Lagen Prosciutto belegt und mit Tomatensoße übergossen, während Lucy in der kleinen Portion auf ihrem Teller herumstocherte. Der Schneefall war heftiger geworden, und Marino erzählte uns von der Bibel der Neuen Zionisten, die er gefunden hatte, als plötzlich in Sandbridge Feuerwerk zu hören war.
    Ich schob meinen Stuhl zurück. »Es ist Mitternacht. Wir sollten den Champagner aufmachen.«
    Ich war verstörter, als ich zugeben mochte, denn was Marino erzählte, war schlimmer, als ich befürchtet hatte. Im Lauf der Jahre hatte ich ziemlich viel von Joel Hand und seinen faschistischen Gefolgsleuten gehört, die sich die Neuen Zionisten nannten. Sie wollten eine neue Ordnung errichten, ein ideales Land schaffen. Ich hatte schon immer befürchtet, daß sie

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