Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trübe Wasser sind kalt

Trübe Wasser sind kalt

Titel: Trübe Wasser sind kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
fand ihn eigentlich ziemlich grob. Wissen Sie, ein kleiner Goldschlager tut gut an so einem Abend.«
    »Nein, vielen Dank.«
    »Den habe ich durch Ted entdeckt«, sprach sie mit brüchiger Stimme weiter, während ihr plötzlich Tränen die Wangen hinabliefen. »Er hat ihn entdeckt, als er Ski fahren war im Westen, und brachte eine Flasche mit. Er schmeckt wie flüssiges Feuer, mit einer Prise Zimt. Das hat er gesagt, als er ihn mir schenkte. Er hat mir immer irgend etwas mitgebracht.«
    »Hat er Ihnen je Champagner mitgebracht?« Sie schneuzte sich dezent.
    »Sie sagten, er wollte Sie heute besuchen«, erinnerte ich sie. »Er sollte zum Mittagessen kommen«, sagt sie. »In seinem Kühlschrank steht eine nette Flasche Champagner. Mit einer Schleife darum, und ich frage mich, ob er sie Ihnen zum Mittagessen mitbringen wollte.«
    »Ach Gott.« Ihre Stimme zitterte. »Das muß für eine andere Feier gewesen sein. Ich trinke keinen Champagner. Davon bekomme ich Kopfschmerzen.«
    »Wir suchen nach seinen Computerdisketten«, sagte ich. »Wir suchen nach allen möglichen Aufzeichnungen im Zusammenhang mit seinen letzten Geschichten. Hat er Sie je gebeten, etwas für ihn hier aufzubewahren?«
    »Ein Teil von seiner Sportausrüstung ist auf dem Boden, aber die ist so alt wie Methusalem.« Sie mußte sich räuspern. »Und Papiere aus der Schulzeit.«
    »Wissen Sie vielleicht, ob er ein Bankschließfach hatte?« »Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Könnte er diese Sachen einem Freund anvertraut haben?« »Ich weiß nichts von seinen Freunden«, sagte sie, während gefrierender Regen gegen die Scheiben klirrte. »Und er hat nie etwas von irgendwelchen Liebesgeschichten erzählt? Sie sagen, er hatte keine?« Sie preßte die Lippen fest zusammen.
    »Bitte sagen Sie es mir, wenn ich etwas falsch verstanden habe.«
    »Da war ein Mädchen, vor ein paar Monaten hat er sie einmal mitgebracht. Ich schätze, es war im Sommer, und offenbar ist sie irgendeine Wissenschaftlerin.« Sie hielt inne. »Anscheinend war er an einer Story dran, so haben sie sich kennengelernt. Wir hatten ihretwegen eine kleine Meinungsverschiedenheit.«
    »Warum?«
    »Sie war attraktiv und so ein akademischer Typ. Vielleicht eine Professorin. Ich weiß nicht mehr, aber sie kommt irgendwo aus Übersee.«
    Ich wartete, aber sie hatte nichts mehr zu sagen. »Worum ging es bei Ihrer Meinungsverschiedenheit?« fragte ich.
    »Ich wußte vom ersten Augenblick an, daß sie keinen guten Charakter hatte, und sie durfte mir nicht mehr ins Haus kommen«, erwiderte Mrs. Eddings. »Wohnt sie hier in der Gegend?« fragte ich. »Anzunehmen, aber ich wüßte nicht, wo.«
    »Aber er hat sich immer noch mit ihr getroffen?«
    »Ich habe keine Ahnung, mit wem Ted sich getroffen hat«, sagte sie, und ich war sicher, daß sie log.
    »Mrs. Eddings«, sagte ich, »allem Anschein nach hielt sich Ihr Sohn nicht allzuhäufig zu Hause auf.« Sie sah mich bloß an.
    »Hatte er eine Haushälterin? Jemand, der sich um seine Pflanzen kümmerte?«
    »Ich habe meine Haushälterin hingeschickt, wenn es nötig war«, sagte sie. »Corian. Manchmal bringt sie ihm Essen. Ted hält nicht viel vom Kochen.«
    »Wann ist sie zuletzt dort gewesen?«
    »Ich weiß nicht«, meinte sie, und ich merkte, daß sie der Fragen müde war. »Irgendwann vor Weihnachten, glaube ich, weil sie die Grippe bekam.«
    »Hat Corian Ihnen je erzählt, was er in seinem Haus hatte?«
    »Ich nehme an, Sie meinen seine Waffen«, sagte sie. »Auch wieder so etwas, das er zu sammeln anfing, vor einem Jahr oder so. Das war das einzige, was er zum Geburtstag wollte -einen Geschenkgutschein für einen dieser Waffenläden hier. Als ob eine Frau sich je in so einen Laden wagen würde.« Es war sinnlos, weiter nachzuforschen, denn sie hatte nichts als den Wunsch, daß ihr Sohn noch am Leben wäre. Darüber hinaus war jede Anstrengung oder Nachfrage schlicht eine Belästigung, der sie unbedingt ausweichen wollte. Kurz vor zehn machte ich mich auf den Heimweg und rutschte zweimal beinahe aus auf den leeren Straßen, wo es zu finster war, um etwas zu erkennen. Die Nacht war bitterkalt und voll scharfer Geräusche, Eis überzog die Bäume und ließ den Boden gefrieren. Ich fühlte mich entmutigt, weil es nicht so aussah, als würde jemand Eddings mehr als oberflächlich oder nicht nur aus seiner Vergangenheit kennen. Ich hatte erfahren, daß er Münzen und Schmetterlinge sammelte und immer reizend gewesen war. Er war ein ehrgeiziger Reporter

Weitere Kostenlose Bücher