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Trübe Wasser sind kalt

Trübe Wasser sind kalt

Titel: Trübe Wasser sind kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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herabstürzende Äste und Bäume in verschiedenen Gegenden der Stadt Stromleitungen zerstört hatten.
    »Hattest du Schwierigkeiten?« fragte ich und schloß die Haustür. »Hängt davon ab, was du meinst.« Marino stellte die Einkaufstüte ab, zog seinen Mantel aus und gab ihn mir. »Beim Fahren.«
    »Ich habe Ketten. Aber ich war bis nach Mitternacht unterwegs und bin höllisch müde.«
    »Du kriegst gleich einen Kaffee.«
    »Aber nicht so ein bleifreies Gesöff.«
    »Der hat genug Koffein für dich.«
    »Wo ist die Kleine?«
    »Schläft.«
    »Ja. Muß was Schönes sein.« Er gähnte wieder. Ich machte in meiner Küche einen Fruchtsalat. Durch die Fenster sah der Fluß wie zähflüssiges Zinn aus. Die Felsen waren wie mit Zuckerguß überzogen, die Bäume funkelten im fahlen Morgenlicht wie in einem Märchenwald. Marino nahm sich Kaffee und dazu viel Zucker und Sahne.
    »Magst du auch einen?« fragte er.
    »Schwarz, bitte.«
    »Ich glaube, das brauchst du mir mittlerweile nicht mehr z u sagen.«
    »Ich verlasse mich nie auf irgendwelche Annahmen«, sagte ich, während ich Teller aus dem Schrank holte. »Und besonders nicht bei Männern, die haben per Mendelsches Gesetz keine Erinnerung an Details, die für Frauen wichtig sind.«
    »Schon gut, aber ich könnte dir eine lange Liste all der Dinge nennen, die Doris nie behalten hat. Angefangen damit, daß sie meine Werkzeuge benutzt und nie wieder zurückgelegt hat.« Er redete von seiner Ex-Frau.
    Ich stand an der Anrichte, während er sich umschaute, als wolle er rauchen. Das würde ich nicht zulassen.
    »Ich schätze, Tony hat dir nie Kaffee gemacht«, sagte er.
    »Tony hat nie viel gemacht, außer daß er versucht hat, mich zu schwängern.«
    »Dann hat er da auch nicht viel gebracht, es sei denn, du wolltest keine Kinder.«
    »Nein, nicht von ihm.«
    »Und wie ist das jetzt?«
    »Ich will immer noch keine von ihm. Hier.« Ich reichte Marino einen Teller. »Setzen wir uns.«
    »Augenblick mal. Das ist alles?«
    »Was willst du sonst noch?«
    »Verdammt, Doc. Das ist kein Essen. Und was zum Teufel sind diese kleinen grünen Scheiben mit den schwarzen Punkten?«
    »Die Kiwis, die du mir besorgt hast. Ich bin sicher, du hast die schon mal gegessen«, sagte ich geduldig. »Ich hab Bagels im Eisfach.«
    »Oh ja, das klingt gut. Mit Cream Cheese. Und hast du vielleicht Mohnsamen?«
    »Wenn du heute einen Drogentest machten müßtest, würden sie bei dir Morphine nachweisen.«
    »Und komm mir nicht mit dem fettarmen Zeug. Das schmeckt doch wie Pappe.«
    »Nein«, sagte ich. »Pappe schmeckt besser.« Ich ließ die Butter weg, da ich entschlossen war, ihn noch eine Weile am Leben zu halten. Mittlerweile waren Marino und ich mehr als Partner oder Freunde. Wir waren voneinander abhängig auf eine Art, die keiner von uns erklären konnte. »Nun erzähl mir mal, was du alles gemacht hast«, sagte er, als wir vor einem der großen Fenster am Frühstückstisch saßen. »Ich weiß, daß du die ganze Nacht auf gewesen bist.« Er biß herzhaft in sein Bagel und langte nach seinem Saft. Ich erzählte ihm von meinem Besuch bei Mrs. Eddings und von dem Fax, das ich geschrieben und an die Nummern geschickt hatte, die zu irgendwelchen Anschlüssen gehörten, die ich nicht kannte.
    »Es ist schon komisch, daß er überallhin gefaxt hat, bloß nicht an sein Büro.«
    »Er hat zwei Faxe ans Büro geschickt«, erinnerte ich ihn. »Ich muß mit den Leuten reden.«
    »Viel Glück. Denk dran, es sind Reporter.«
    »Das macht mir ja gerade Angst. Für diese Schmarotzer ist Eddings' Tod bloß eine weitere Story. Die sind doch bloß daran interessiert, was sie mit der Nachricht anfangen können. Je schrecklicher sein Tod ist, um so besser gefällt es ihnen.«
    »Na ja, ich weiß nicht. Aber ich habe den Verdacht, wer auch immer mit ihm in diesem Büro zu tun hatte, wird äußerst genau auf seine Worte achten. Und ich kann sie nicht unbedingt verurteilen. Ermittlungen in einem Todesfall sind immer beängstigend für Leute, die nicht darum gebeten haben, hineingezogen zu werden.«
    »Wie sieht's mit dem toxikologischen Befund aus?« fragte Marino.
    »Kommt hoffentlich heute«, sagte ich. »Gut. Wenn sich dein Verdacht auf Zyankali bestätigt, dann können wir den Fal l vielleicht bearbeiten, wie es sich gehört. Im Augenblick versuche ich, dem Leiter der Sondereinheit abergläubische Vorstellungen zu erklären und frage mich, was zum Teufel ich mit diesen Kindergarten-Cops in Chesapeake machen

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