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Trügerische Ruhe

Trügerische Ruhe

Titel: Trügerische Ruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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sie ihm das Genick.
    Rockys Körper wurde schlaff.
    Sie schleuderte ihn gegen die Wand. Er plumpste zu Boden und lag da, ein armseliges gefiedertes Häufchen.
    Ein stummer Schrei stieg in Isabels Kehle auf. Sie unterdrückte ihn und vergrub ihr Gesicht zwischen den Knien, während sie in panischer Angst darauf wartete, daß ihre Schwester auch ihr den Hals umdrehte.
    Aber Mary Rose ging ganz einfach aus der Küche hinaus, aus dem Haus.

3
    Noah saß auf der Vordertreppe der Schule, als Claire um vier Uhr ankam. Sie hatte ihre beiden letzten Patienten schnell abgefertigt und war gleich zu der fünf Meilen entfernten Schule gefahren, aber sie kam eine halbe Stunde zu spät, und sie konnte sehen, daß er darüber verärgert war. Er sagte kein Wort, sondern stieg nur in den Transporter und knallte die Tür zu.
    »Anschnallen, Schatz«, sagte sie.
    Mißmutig zog er den Gurt über seine Schulter und schnallte ihn mit einem Ruck fest. Sie fuhren schweigend los.
    »Ich habe eine Ewigkeit rumgesessen und gewartet. Wieso hast du so lange gebraucht?« fragte er.
    »Ich hatte noch Patienten, Noah. Warum mußtest du nachsitzen?«
    »Es war nicht meine Schuld.«
    »Wessen Schuld war es dann?«
    »Die von Taylor. Er benimmt sich in letzter Zeit wie ein Idiot. Ich weiß nicht, was mit ihm los ist.« Er seufzte und ließ sich in den Sitz zurücksinken. »Und ich dachte, wir wären Freunde. Jetzt scheint es fast so, als ob er mich haßt.«
    Sie warf ihm einen Blick zu. »Sprichst du von Taylor Darnell?«
    »Ja.«
    »Was ist passiert?«
    »Es war ein Unfall. Mein Skateboard hat ihn am Rücken erwischt. Und dann fing er plötzlich an, mich rumzuschubsen. Also hab’ ich zurückgeschubst, und er ist hingefallen.«
    »Warum hast du nicht einen Lehrer gerufen?«
    »Es waren keine in der Nähe. Und dann kommt Miss Cornwallis raus, und Taylor fängt plötzlich an rumzuschreien und zu behaupten, ich wäre schuld.« Er wandte sich ab, aber sie sah noch, wie er sich verlegen mit der Hand über die Augen wischte. Er gibt sich solche Mühe, erwachsen zu sein, dachte sie, und eine Welle von Mitleid überkam sie. Dabei ist er doch immer noch ein Kind.
    »Sie hat mir mein Skateboard weggenommen, Mom«, sagte er leise. »Kannst du dafür sorgen, daß ich es zurückkriege?«
    »Ich werde Miss Cornwallis morgen anrufen. Aber ich möchte, daß du Taylor anrufst und dich entschuldigst.«
    »Er hat mich angegriffen! Er ist derjenige, der sich entschuldigen muß!«
    »Taylor hat es zur Zeit nicht gerade leicht, Noah. Seine Eltern haben sich gerade scheiden lassen.«
    Er sah sie an. »Woher weißt du das? Ist er dein Patient?«
    »Ja.«
    »Weshalb ist er zu dir gekommen?«
    »Du weißt, daß ich nicht darüber reden darf.«
    »Als ob du jemals mit mir über irgendwas reden würdest«, murmelte er und starrte wieder aus dem Fenster.
    Sie wußte, daß sie den Köder nicht annehmen durfte, und erwiderte nichts. Schweigen war immer noch besser als der Streit, der unausweichlich ausbrechen würde, wenn sie es zuließ, daß er sie provozierte.
    Als er endlich wieder etwas sagte, sprach er so leise, daß sie ihn fast nicht verstehen konnte.
    »Ich will nach Hause, Mom.«
    »Dahin fahre ich dich gerade.«
    »Nein, ich meine nach Hause. Nach Baltimore. Ich will nicht länger hierbleiben. Hier gibt’s nichts als Bäume und einen Haufen alter Knacker, die mit ihren Lastwagen rumfahren. Wir gehören nicht hierher.«
    »Das hier ist jetzt unser Zuhause.«
    »Meins aber nicht.«
    »Du hast dir keine große Mühe gegeben, es zu mögen.«
    »Hab ich vielleicht eine Wahl gehabt? Hast du mich vielleicht mal gefragt, ob ich umziehen will?«
    »Wir werden beide lernen, es zu mögen. Ich bin auch noch dabei, mich einzuleben.«
    »Wieso mußten wir denn überhaupt umziehen?«
    Sie packte das Lenkrad fester und starrte geradeaus. »Du weißt, wieso.« Sie wußten beide, wovon sie sprach. Sie waren seinetwegen aus Baltimore weggezogen, denn sie hatte einen nüchternen Blick auf die Zukunft ihres Sohnes geworfen, und was sie gesehen hatte, war beängstigend gewesen. Ein immer größer werdender Kreis von zweifelhaften Freunden. Wiederholte Anrufe der Polizei. Noch mehr Gerichtsverhandlungen und Anwälte und Therapeuten. Sie hatte ihrer beider Zukunft in Baltimore gesehen, und sie hatte ihren Sohn geschnappt und Reißaus genommen.
    »Ich werde mich nicht in einen geschniegelten Popper verwandeln, bloß weil du mich in die Pampa schleppst«, sagte er.
    »Ich kann hier genausogut

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