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Trügerischer Friede

Trügerischer Friede

Titel: Trügerischer Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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voller Abscheu, und man gab ihnen zwei gerüstete Begleiter
    mit, von denen sie sich unter keinen Umständen während
    ihrer Reise trennen durften.
    Fortan gestaltete sich die Reise sehr wortkarg. Keiner der Ulldarter wollte vor den Augen und Ohren der Kensustrianer etwas erzählen, da sie nicht wussten, ob und wie viel sie verstanden. Das hinderte die Kensustrianer ihrerseits nicht daran, sich zu unterhalten. Abends fasste Estra, die dank ihrer Mutter die Sprache verstand, das Gehörte zusammen. Nun sorgte ihre halb kensustrianische Herkunft für einen großen Vorteil.
    Ihre Begleiter, die Pashtak lieber als Aufpasser bezeichnete, brachten sie über kleinere Wege landeinwärts dorthin, wo sich der Priesterrat befand, vor dem die Delegation sprechen wollte.
    »Offenbar traut man uns nicht«, sagte Tokaro am dritten Tag ihrer Reise durch Kensustria, als sie wieder einmal eine große Stadt aus weiter Entfernung an ihrer Route liegen sahen. Für den jungen Ritter war es aufregend in dem Land zu sein, das einst als Legende galt und um das sich zahlreiche Märchen rankten. Von Estra wusste er, dass nach den Priestern und Gelehrten die Kasten der Krieger und Handwerker, danach die Bauern und Unfreien rangierten. Bis vor wenigen Monaten hatten die Priester noch zu den eher Bedeutungslosen gezählt, sich aber mit Hilfe der Gelehrten aufgeschwungen. Die Angehörigen der Kasten erkannte man außer an ihrer Kleidung mitunter sogar an der Statur. Die Krieger waren die größten und kräftigsten unter den Kensustrianern. Tokaro reckte sich und stellte sich in den Sattel seines Schimmels, um einen Blick von der Stadt zu erhaschen, deren Mauer in sattem Gelb schimmerte. So sehr sich seine Neugier regte, es gab nichts, womit er sie befriedigen konnte.
    »Nein, ich sehe nichts«, meinte er enttäuscht. »Sollte mich
    zu Hause jemand fragen, wie ich Kensustria fand, werde ich sagen, dass ich außer ein paar Bauern und drei Rehen nichts
    entdeckt habe, worüber ich berichten könnte.« Er nahm sich eine Scheibe Brot aus dem Proviantbeutel, aß im Reiten und blickte zu Pashtak und Estra, die auf ihrem Kutschbock hin und her geschaukelt wurden. Gän zog es vor, hinter dem Wagen herzugehen. »Hat uns Merkos, dieser Kensustrianer, bei der großen Zusammenkunft aller Reiche nach der Schlacht nicht versprochen, dass sich das Land öffnen wolle?«
    »Hat es doch«, meinte Estra knapp. »Früher wärst du an den Grenzwachen nicht vorbeigekommen. Und wenn doch, hättest du nicht lange gelebt.« Sie lauschte mit einem Ohr auf die Unterredung ihrer kensustrianischen Aufpasser.
    Sie hatten schon viel verraten, ohne es zu ahnen: dass sie mit der Regentschaft der Priester nicht einverstanden waren und sie diese als Schmarotzer und feige Ehrgeizlinge bezeichneten, die ihren Aufstieg dem Ableben des Kriegerkönigs verdankten und nicht den eigenen Bemühungen. Leider taten sie Estra nicht den Gefallen, sich über Ammtara zu unterhalten.
    »Wie lange noch, bitte?«, richtete sich Pashtak an die kensustrianische Kriegerin, die vor dem Wagen herlief. Er fürchtete, dass sie erst nach dem Boten einträfen und den Untergang der Stadt nicht mehr aufhalten konnten. »Wir müssen schneller sein!«
    Sie hielt in ihrem Gespräch mit dem Krieger inne, schaute ihn unfreundlich an, hielt drei Finger in die Luft und deutete auf die Sonnen.
    »Drei Tage? «, grollte er gereizt. Nein, nein. Ich sagte, wir müssen schneller sein! Es geht um viele Tausend Leben. « Zum Beweis, dass es ihm ernst war, knallte er mit den Zügeln und brachte die Pferde dazu, in schnellen Trab zu verfallen.
    Die Kensustrianer fluchten übel, wie man an dem Ton kannte, und sprangen aus dem Weg. Dann warfen sie sich wie Gän auf die Ladefläche und bedeuteten Pashtak, langsamer zu fahren. Estra verbarg ihre Heiterkeit, indem sie einen Hustenanfall vortäuschte und das Lachen geschickt überspielte. Die Worte und Vergleiche, mit denen der Vorsitzende der Versammlung von den Kriegern bedacht wurde, bargen einen gewissen Witz.
    Pashtak blieb von den erbosten Kensustrianern unbeeindruckt. »Ich lasse mich nicht länger bevormunden. Wir haben keine Zeit zu verlieren.« Er lenkte den Wagen an der nächsten Kreuzung auf eine breite, gut ausgebaute Straße; schaute über die Schulter. »Ammtara!«, sagte er mehrmals hintereinander und trotzig, dann ließ er die Pferde galoppieren.
    Am Abend erreichten sie Khömalin, den Sitz des Priesterrates.
    Schon als sie auf die Stadt zu fuhren, staunten die vier

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