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Trügerischer Friede

Trügerischer Friede

Titel: Trügerischer Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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nennt?«, gab
    Arnarvaten seine Meinung kund, dem anzusehen war, dass ihn die Gespräche von seiner Konzentration ablenkten. »Der König wird wissen, was du meinst.« Er legte die Aufzeichnungen zur Seite und griff sich einige aus der unteren Region seines Stapels.
    Fatja bemerkte, dass er eine andere Geschichte ausgewählt hatte, und schenkte ihm ein warmes Lächeln, sagte jedoch nichts dazu. Sie genoss ihren Sieg leise.
    Lorin schrieb den Brief zu Ende, schilderte die Ereignisse bei den Klingenden Steinen mit der tatkräftigen Hilfe von Arnarvaten und bemühte sich, ebenso Neugier zu wecken wie die Ungewissheit samt der Angst der Menschen zu vermitteln, damit ihnen bald Hilfe zuteil würde. Plötzlich klopfte es laut gegen die Tür; Lorin öffnete und sah einen durchnässten Torwächter vor sich stehen.
    »Komm schnell, Seskahin!«, keuchte er; der Mann musste den Weg zum Haus durch den Regen gerannt sein. »Es geht etwas auf der Lichtung vor.«
    Lorin zögerte nicht, nahm sich einen Mantel, um sich gegen die Witterung zu schützen, und lief los. Am Tor gesellte sich eine kleinere Abteilung Bewaffneter hinzu. Die Rüstungen konnten sie nicht vor der Macht des Steins schützen, das wussten sie alle. Aber sie gaben ihnen wenigstem das Gefühl, nicht vollends schutzlos ausgeliefert zu sein.
    Im Laufschritt ging es zu den Hundewagen und mit denen dem Waldstück entgegen, aus dem ein weithin sichtbarer, dunkelblauer Strahl wie ein Leuchtfeuer senkrecht in die Höhe stieg und sich durch die tief hängenden grauen Wolken bohrte.
    Lorin ließ die Männer am Waldrand absteigen und eine Linie bilden. Langsam rückten sie durch das Dickicht zwischen den Stämmen vor.
    Mit einem Mal erlosch das Licht des Steins, und von einem Wimpernschlag auf den nächsten herrschte tiefste Finsternis.
    Es dauerte eine Weile, bis sich die Augen an die Dunkelheit und das schwache Leuchten der Sterne gewöhnten, und so lange bewegte sich keiner von den Männern.
    »Ich habe keine Ahnung, was uns erwartet«, warnte Lorin die Milizionäre. »Falls die Steine nach mir greifen, wie sie es bei Kalfaffel taten, dann zögert nicht und lauft um euer Leben, ehe sie euch ebenfalls erwischen.« Er würde mit Rantsila sprechen müssen, um die Lichtung endgültig sperren zu lassen. Gerade wegen der unheimlichen und unerklärlichen Vorgänge sah er sich darin bestätigt, unbedingt Soscha nach Bardhasdronda zu holen, damit sie ein Urteil fällen konnte. Dicht nebeneinander pirschten sie vorwärts, leicht geduckt und die Speere stoßbereit erhoben, als ginge es gegen einen echten Feind ins Feld. Ausnahmslos alle wünschten sich insgeheim einen Angreifer aus Fleisch und Blut, den man mit einem gut gezielten Hieb töten könnte. Das Unterholz lichtete sich und gab den Blick auf die waldfreie Fläche frei.
    »Bleiche Göttin!«, raunte der Milizionär neben Lorin; etwas weiter weg hörte er ein unterdrücktes Würgen, als einer
    der Männer sich übergab. Im letzten flackernden Licht sahen sie die Leichen der Geistlichen, die in den absonderlichsten Haltungen am Boden lagen; mal zeigten die Körper keine Wunden, mal waren sie übersät von Schnitten, mal waren ganze Stücke aus ihnen herausgerissen oder
    -gebissen worden.
    Was auch immer unter den Priestern gewütet hatte, es hatte keine Seite verschont. Die Gläubigen Kalisstras kauerten ebenso tot im feuchten Moos wie die Anhänger Ulldraels, und der süßliche Geruch von Blut schwebte zu den entsetzten Beobachtern herüber.
    »Kreis bilden«, befahl Lorin gedämpft. »Und achtet auf jedes Geräusch um euch herum.« Er zog sein Schwert. Er glaubte nicht daran, dass die Vielzahl Ermordeter auf die Wirkung des Steins zurückging. Nach all den Erfahrungen, die er auf Ulldart mit Magie und ihren Erscheinungsformen gemacht hatte, war er fest davon überzeugt, es mit entweder sehr menschlichen Angreifern oder einem Raubtier zu tun zu haben. Ein hungriger Bär vermochte Ähnliches anzurichten. »Langsam vorrücken«, gab er Anweisung und setzte sich in Bewegung; seine Truppe folgte ihm.
    Vorsichtig betraten sie die Lichtung, sicherten nach allen Seiten und hielten sich bereit, einem Angriff aus dem Hinterhalt begegnen zu können. Die Steine sahen friedlich aus. Die Gesichter der Toten, in die Lorin blickte, erschütterten ihn. Die Angst hatte sich in ihre Züge gefressen und sie bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Bei manchen musste er zwei Mal hinschauen, um sie zu erkennen, so sehr hatte die Furcht sie

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