Trügerischer Friede
Ohren, welches man mit der Nachricht in Verbindung bringen konnte. »Vorsitzender, wäre es nicht an der Zeit, mir zu sagen, welche Nachricht ich Euch im Namen von Kaleiman überbracht habe?«, ging er zum Angriff über. »Es war kein Proviant, der gestohlen wurde, nicht wahr? Selbst unser Zug nach Ammtara geschah nicht zufällig.«
»Junger Ritter, Ihr werdet Euren Großmeister fragen müssen, wenn Ihr darauf Antworten erhalten wollt«, erwiderte
Pashtak und gab den Pferden mit den Zügeln das Zeichen anzutraben, damit ihr Wagen schneller vorankam.
Tokaro sah es als Bestätigung seiner Vermutung.
Estra räusperte sich. »Es war der Glassarkophag von
Govan Bardric.«
»Estra!«, stieß Pashtak in einer Mischung aus Knurren
und Rufen hervor. »Wie kommst du darauf? Und wer hat dir
erlaubt, offen darüber zu sprechen?«
Sie grinste breit. »Ich bin die Inquisitorin Ammtaras, hast du das vergessen?«, sagte sie spitzbübisch lächelnd. »Die Hohen Schwerter waren vom ersten Moment an, in dem sie unsere Stadt betraten, nicht ohne meine wachsamen Augen und Ohren. Und die haben einiges herausgefunden.« Sie schaute zum Ritter. »Du siehst, auch ich werde nicht in alles eingeweiht. Ich habe den Vorteil, dass ich es leichter herausfinden kann als du.«
»Du hättest es für dich behalten können«, schnurrte Pashtak dunkel, und es klang beleidigt.
»Weshalb? Woher sollte ich denn wissen, dass es ein Geheimnis ist?«
»Weil es dir niemand gesagt hat.«
»Eben!«
Tokaro hörte dem schnippischen Wortwechsel der beiden zu, beschäftigte sich aber gedanklich schon lange mit der schrecklichen Offenbarung. »Es waren gewöhnliche Straßenräuber?«, vergewisserte er sich bei Gän.
Der Nimmersatte, der in leichtem Laufschritt neben ihnen her eilte, nickte. »Sie hatten sich Tzulani-Rüstungen besorgt, um den Anschein zu erwecken, üble Gesellen zu sein. Die Straße wird gewöhnlich von Händlern genutzt. Der Anblick der roten Rüstungen hätte bei herkömmlichen Reisenden gereicht, um sie in Angst zu versetzen, woraufhin sie ihre Ware freiwillig herausgerückt hätten.«
»Das macht es nicht wirklich besser.« Tokaro legte die Hand an den Griff seines Schwertes. »Sie werden bald verstehen, was sie durch einen Zufall erbeutet haben, und den Glasklumpen zerstören, um an Govans aldoreelische Klinge zu gelangen.«
»Schlimmer wäre, wenn sie ihn an die Tzulani verkauften«, bemerkte Pashtak. »Das war der Grund, weshalb Perdor mich bat, den Block mit der gefährlichen Fracht in aller Heimlichkeit in Ammtara aufzubewahren. Niemand sollte erfahren, wohin wir das Schwert und Govans Leiche brachten, damit sich die Fanatiker ihre Ikone nicht zurückholen konnten.«
»Was wollen sie mit ihm anfangen? Ihn in die Ecke eines Tempels stellen und ihn anbeten?«, lachte Tokaro.
»Selbst das brauchen sie wohl nicht. Sie haben einen Ersatz gefunden, falls mich meine Augen und Ohren nicht im Stich gelassen haben.« Estra stieg nach hinten auf die Ladefläche des Wagens und suchte nach Essbarem, derweil tauschten Tokaro und Pashtak ungläubige Blicke. »Wollt ihr auch etwas zu essen?«, fragte sie.
Der Vorsitzende schaute sie vorwurfsvoll an, ein missbilligendes Girren folgte. »Estra, du wirst mir mit deiner Allwissenheit allmählich unheimlich. Und vor allem: Wieso weiß ich nichts davon ?«
Sie kehrte mit etwas Trockenfleisch zurück und schlug die Zähne mit solcher Begierde in das Stück hinein, dass vor Tokaros innerem Auge das Bild eines gefährlichen Raubtiers aufblitzte und sich über die Züge der jungen Frau legte. »Das kann daran liegen, dass du die Berichte nicht gelesen hast, die ich dir geschrieben habe«, erwiderte sie leichthin. »Kurz vor der Ankunft der Hohen Schwerter erfuhr ich von einem
kleinen Silbergott, der auf Ulldart aufgetaucht sein soll.«
»Du hättest es mir sagen können.«
»Du warst zu sehr mit deinem zweiten Amtsantritt beschäftigt, danach kamen die Ritter und die Kensustrianer.« Estra kaute auf dem Stück Fleisch herum. »Vor lauter Aufregung habe ich vergessen, es dir zu sagen.« Sie hielt ihm anbietend einen Streifen Trockenfleisch hin, den er wie auch Tokaro dankend ablehnte, doch Gän nahm sich gern eine Hand voll und schaute immer noch sehr hungrig drein. Die Bezeichnung »Nimmersatter« kam nicht von ungefähr. »Wir haben einen Tzulani ausfindig gemacht, kein überzeugter Fanatiker, aber einer, der Nachrichten von den wirklichen Verblendeten erhält. Anstatt sie zu vernichten,
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