Trügerischer Friede
nachdem er sie gelesen hat, versteckt und hortet er sie.« Estra nahm einen Schluck aus der Lederflasche. »Immer wenn er zum Markt geht oder das Haus verlässt, durchsuchen wir seine Sammlung und erhalten so unsere Neuigkeiten.«
Pashtak nickte anerkennend. »Es war eine gute Entscheidung, dich für das Amt der Inquisitorin vorzuschlagen. Was stand in der letzten Nachricht?«
»Nichts Genaues. Es sei ein kleiner Silbergott aufgetaucht, der im Verborgenen aufwüchse und sich auf den Tag seines Erscheinens vorbereite. Die Tzulani sollten an ihrem Gott und Glauben nicht zweifeln, nur weil die Schlacht in Taromeel verloren gegangen sei, denn er habe ihnen einen Samen hinterlassen, aus dem ein Gott auf Ulldart gedeihen werde, den nichts und niemand aufhalten könne. Nicht einmal die Götter selbst.«
»Es klingt sehr nach einer aussichtslosen Durchhalteparole«, äußerte Tokaro seine Ansicht laut. »Was mich nicht verwundert. Sie erlitten verheerende Verluste, ihr Gott stieg nicht herab und stellte sich ihnen nicht zur Seite. Und sie mussten erleben, dass ein Govan Bardric trotz all seiner magischen Kräfte bezwungen wurde.«
»Das mag sein.« Pashtak konnte dem Ritter nicht wirklich zustimmen. »Dennoch glaube ich, dass dieser Brief nicht ohne die entsprechende Wahrheit, und sei ihr Kern noch so gering, verfasst worden ist.« Er zügelte die Pferde, die versucht hatten, mehr Abstand zwischen sich und Gän zu bringen. Die Nähe des Nimmersatten machte sie nervös. Der Geruch, den er Wind ihnen gelegentlich in die Nüstern blies, warnte sie vor einem Raubtier.
»Ein kleiner Silbergott«, wiederholte Tokaro und schaute zu Estra. »Nicht mehr?«
»Nein, nicht mehr. Allein diese vage Beschreibung und der Hinweis, dass Tzulan ihn hinterlassen hätte.« Sie half Pashtak dabei, die Zügel besser zu fassen, und kurzerhand überließ er es ihr, die Pferde zu lenken.
»Er muss sich an einem weit entfernten und äußerst abgeschiedenen Ort aufhalten«, überlegte Tokaro.
»Das ist nicht schwierig. In Borasgotan und Hustraban gibt es Gegenden, in die sich kein Mensch jemals hineingewagt hat und in denen Kreaturen wie ich das Sagen haben«, brachte sich Gän in das Gespräch ein. »Es wäre ein idealer Ort.«
»Aber wie hätten die Tzulani dann Wind von der Existenz erhalten können ? Die Strecken sind weit, es gibt keine Wege«, meldete Pashtak seine Zweifel an.
»Wäre es nicht am besten, einen solchen Gott vor aller Augen aufwachsen zu lassen, damit sich Perdörs Spione an
den entlegensten Winkeln des Kontinents zu Tode suchen?«,
lautete Estras völlig gegensätzlicher Vorschlag. »Es gäbe keinen besseren Schutz als die Offensichtlichkeit. Wie oft hat einer von uns etwas gesucht und es nicht gefunden, weil es mitten auf einem Tisch lag?«
Sie schwiegen und dachten über die Neuigkeiten nach, die ihnen die Inquisitorin eröffnet hatte. Tokaros Sorgen waren zum Teil bei Kaleiman von Attabo und den übrigen Mitgliedern seines Ordens, die sich auf der Jagd nach den Räubern und ihrer wertvollen Beute befanden. Er konnte nicht wirklich glauben, dass es ein zufälliger Überfall gewesen war, allerdings fehlten die entscheidenden Hinweise, um seine Gedanken zu untermauern.
Das Grübeln brachte nichts, er dachte lieber an das Kommende. »Wie wollt Ihr die Kensustrianer davon überzeugen, die Stadt nicht anzugreifen?«
»Ich weiß es nicht«, gestand Pashtak ein. »Zuerst müssen wir uns mit den Priestern treffen, sodass ich endlich weiß, was wirklich hinter dem Aufbau von Ammtara steckt. Lakastre hat uns ein Erbe hinterlassen, das furchtbar sein kann.«
Estra biss sich auf die Lippen. »Ich weiß nicht, was meine Mutter sich dabei gedacht hat«, erwiderte sie.
»Sie hat niemals darüber gesprochen, aber sie war stolz darauf, Ammtara aus den Ruinen auferstehen zu sehen.« Sie versuchte, sich an die unzähligen Gespräche mit ihrer Mutter zu erinnern. »Das einzige, woran ich mich entsinnen kann, war, dass sie des Öfteren davon sprach, wie glücklich sie in der Stadt sei. Und dass sie mit reinem Gewissen vor ihren Gott treten könne, wenn sie eines Tages stürbe. Ich dachte mir nichts dabei. . damals.«
»Heute wissen wir, dass sie uns den Hass der kensustrianischen Priesterschaft über viele Jahre hinweg gesichert hatte.« Pashtak fauchte misslaunig und spornte die Pferde zu rascherem Lauf an. »Mir ist eben eingefallen, dass wir nur eine Woche Vorsprung vor dem Boten haben, den der Krieger senden will«, erklärte
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