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Trügerischer Friede

Trügerischer Friede

Titel: Trügerischer Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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verändert.
    »Seskahin!«, rief ein Milizionär und zeigte mit dem Speerende auf einen großen Steinsplitter, der in einer enthaupteten Leiche steckte.
    Zuerst verstand Lorin nicht, warum ihn der Mann auf den
    besonders grausigen Anblick noch eigens hinwies, doch dann
    erkannte er den Grund dafür.
    Das armlange Fragment gehörte zu einer ganzen Ansammlung von Steinstücken, die in der Umgebung verteilt
    waren. Sie hatten sich tief in Baumstämme oder in die Leiber der Geistlichen gebohrt und waren noch in vielen Schritten
    Entfernung zu finden.
    »Einer der Steine ist geborsten«, begriff Lorin, als er die kahle Stelle inmitten der Steingruppe sah.
    »Aber weshalb? Achtet weiterhin auf die Umgebung.«
    Er ging an dem Toten vorüber, kniete sich vor den Ort, an dem der Stein einst gestanden hatte, und legte fühlend seine Hand auf die Erde.
    Sie war heiß. Die Engerlinge und Käfer, die unter dem Stein gelebt hatten, waren von der Hitze durch gekocht worden, und die schützende Haut war aufgeplatzt.
    »Die Magie brachte ihn zum Glühen und sprengte ihn«, erklärte sich Lorin das Geschehen. Seine blauen Augen richteten sich forschend auf den Boden, um nach weiteren Hinweisen zu suchen. Bald fand er eine Spur, die ihm die Haare im Nacken aufrichtete: der gewaltige Abdruck einer Klaue, so lang wie ein Unterarm und mit immensen Krallen ausgestattet.
    Lorin rief einen der Milizionäre zu sich und zeigte ihm seinen Fund, da er keine Kreatur im Umkreis der Stadt kannte, die solche Spuren hinterließ. Auch der Mann blieb ratlos, packte stattdessen den Schaft seines Speeres noch fester.
    »Nehmt die Toten und bringt sie zu den Wagen«, befahl
    Lorin. »Wir lassen sie nicht liegen, um sie dem Wesen, das
    sie überfiel, als Mahl zu geben.«
    Die eine Hälfte des Trupps schleppte Leichen, die andere übernahm den Schutz, während es quer durch den dunklen
    Wald ging.
    Lorin blieb allein auf der Lichtung zurück. Er fürchtete
    sich nicht vor einer Begegnung mit dem Wesen, über das er
    sich einige Gedanken machte.
    Kalisstron war bislang von den Schöpfungen Tzulans verschont geblieben. Die Ungeheuer und anderen Bestien kannte er nur aus den Erzählungen Arnarvatens und von seinem Besuch auf Ulldart, während es
    - solange er sich erinnern konnte - rund um seine Stadt keinerlei Vorfälle mit den Geschöpfen des Bösen gegeben hatte.
    Das hatte sich auf einen Schlag geändert. Je länger er die Steine betrachtete, desto mehr fiel ihm eine Ähnlichkeit auf. Mit ein wenig Vorstellungskraft glichen sie Eiern. Großen Eiern. Bislang hatte er sich nichts dabei gedacht. War vielleicht etwas daraus geschlüpft?
    Lorin legte die Hand auf einen der Steine und erschrak. Er war so warm, als würde das Gestein von den Sonnen und nicht von den Sternen beschienen.
    Bewahrheitete sich seine Eingebung, so würden die Schwierigkeiten für Bardhasdronda bald rapide wachsen. Mit viel Pech war auf dem Kontinent eine neue oder aber eine sehr alte Spezies zum Leben erwacht. Eine heiße Woge schoss durch seinen Leib. »Und ich habe sie mit meiner Magie erweckt!«
    Lorin dachte fieberhaft nach, während seine Milizionäre von ihrem ersten Gang zu den Wagen zurückkehrten und sich daran machten, ihre traurige Aufgabe ein weiteres Mal zu erfüllen.
    Er half ihnen dabei, legte sich Kiurikka über die Schulter und trug sie dorthin, wo die Hunde warteten. Der junge Mann bemerkte, dass die Tiere sich vollkommen ruhig verhielten und durch nichts erkennen ließen, dass sich das Ungeheuer in ihrer Nähe aufhielt.
    Er bettete die Priesterin auf den Wagen und stieg auf. »Zurück zur Stadt«, befahl er. »Wir werden die Menschen warnen, dass sie nicht allein in den ...«

Die Hunde begannen unvermittelt zu knurren und blickten hinter sich in den Wald; die Ohren angelegt, zogen sie die Lefzen zurück und zeigten drohend die Gebisse. Einige bellten wütend und wollten sich trotz der Rufe der Männer nicht mehr beruhigen.
    Dann erklang die Antwort zwischen den Stämmen. Lorin hörte einen solch erschreckenden Laut zum ersten Mal, und es gab nichts, womit er sich vergleichen ließ. Er sprach die Instinkte des jungen Mannes an und verlangte von ihnen mit unwiderstehlicher Vehemenz, sich auf der Stelle zur Flucht zu wenden.
    Nicht mehr Herr seiner Taten, schrie er die Hunde an, die ihren Mut ebenso verloren hatten, und sein Wagen rauschte halsbrecherisch schnell davon.
    Lorin nahm keine Rücksicht, weder auf die Tiere noch auf die Leichen vor ihm, die durch die

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