Trügerischer Friede
Hauses ist zurückgekehrt.«
»Ihr wurdet abgesetzt. Aus der Herrin wurde nicht einmal mehr eine Magd. Geht!«
Aljascha hob die Hand, und einer ihrer Begleiter trat langsam, um keine Auseinandersetzung heraufzubeschwören, an sie heran, um ihr ein zusammengerolltes Pergament zu reichen. »Ihr kennt die Vereinbarungen, die beim Frieden von Taromeel geschlossen wurden?« Sie rollte das Schriftstück auseinander. »Es wurde vereinbart, die alten Grenzen wieder einzusetzen, wie sie vor dem Beginn des Angriffs von Borasgotan auf Tarpol existierten.«
»Grenzen sind keine Regenten«, beharrte Silczin auf der Ablehnung.
»Und dennoch besitze ich ein verbrieftes Recht auf den Titel! «, sagte sie laut und hob ihre Stimme, damit der Satz lange im Zimmer schwebte. »Ich bin eine Bardric, die Nichte des einstigen Herrschers von Tarpol, Grengor Bardric, und
nur, weil mein geisteskranker Mann in seiner Umnachtung Erlasse für und gegen alle möglichen Menschen anordnete, gedenke ich nicht aufzugeben.« Aljascha blickte an ihm vorbei zu den anscheinend bereits vereidigten Ratsdamen und -herren. »Beweist mir und den Menschen der Baronie, dass Ihr nicht über dem steht, was Ihr von anderen einfordert. Ich verlange eine Untersuchung meines Falls und bezichtige Vasruc Silczin der unrechtmäßigen Machtergreifung.«
»Wie borniert Ihr seid«, lachte Silczin sie aus. »Geht endlich, oder ich mache meine Drohung wahr.«
»Nein, sie hat Recht«, sagte eine Ratsfrau und verblüffte damit alle im Raum. »Wir können uns nicht über die Vergangenheit hinwegsetzen. Der Kabcar hat sie aller Rechte enthoben, gewiss. Doch wir wissen, dass Lodrik Bardric den Einflüsterungen von bösen Mächten unterlag. Wer sagt uns, dass eben diese Mächte ihm nicht rieten, seine Frau zu verstoßen?«
Silczin drehte sich um und starrte die Frau an. »Was redet Ihr da? Geht Ihr der Bardric etwa auf den Leim?« Er streckte den Finger aus und richtete ihn auf Aljascha. »Sie hat ihre eigene Macht im Sinn, die sie unter dem Deckmantel der Gerechtigkeit zurückerhalten möchte.«
»Und dennoch brauchen wir eine Untersuchung«, sprang ein Ratsherr seiner Vorrednerin bei. »So Leid es mir tut, Vasruc. Ich erachte es als äußert wichtig, den Menschen zu zeigen, dass der Rat nicht willkürlich entscheidet, sondern Sachverhalte prüft, ehe er zu einem Urteil kommt. Alles andere macht uns unglaubwürdig.«
Silczin schüttelte den Kopf. »Ich glaube es nicht! Ihr fallt auf ihre Sprüche herein und setzt dabei aufs Spiel, was wir in den wenigen Wochen unserer Regentschaft erreicht haben. Sie wird dafür sorgen, dass es wieder wie früher wird.« Feindselig betrachtete er sie, ihr verführerischer Anblick richtete
bei ihm nichts aus. »Oder schlimmer.«
Aljascha ersparte sich eine Antwort, sondern schenkte ihm einen heißen und zugleich spöttischen Blick, für den andere Männer gestorben wären. Sie wollte eine ganz bestimmte Reaktion hervorrufen. Silczin tat ihr den Gefallen. In seiner Aufgebrachtheit verlor er für einen winzigen Augenblick die Kontrolle über sich und machte zwei schnelle Schritte auf sie zu. Vielleicht hatte er nur mit ihr reden wollen, vielleicht hatte er sie am Arm packen und schütteln oder durch seine körperliche Überlegenheit einschüchtern wollen. Jedenfalls genügte ihren Begleitern allein die rasche Bewegung, um zu handeln.
Blitzschnell formierten sie mit ihren überschweren Schilden einen Wall, und drei von ihnen schössen, noch während sich die Wand aus Stahl zusammenfügte, nach dem Mann. Aljascha sah, wie das Blut aus Silczins Rücken sprühte und die Soldaten dahinter benetzte, dann schloss sich der Schutzwall. Gleich darauf krachte es von der anderen Seite, dann prasselte ein eiserner Hagel gegen die Schilde, ohne sie zu durchschlagen.
Auf das Kommando von Lukaschuk klappten die Tzulani die Schilde schräg zur Seite, um den eigenen Schützen genügend Lücken für einen Schuss zu bieten. Die Mündungen richteten sich auf die blassen Gesichter der Soldaten Kostromos, die nach ihrer wirkungslosen Salve erst nachladen mussten.
»Ihr habt gesehen, dass der Vasruc mich angreifen wollte und ich mein Leben verteidigen musste. Ich kann davon ausgehen, dass sich niemand dagegen aussprechen wird, wenn ich übergangsweise die Geschäfte der Baronie leite, bis der Rat meine Ansprüche geprüft hat«, sagte Aljascha mit ätzendem Hohn. »Oder ist jemand anderer Meinung?«
Sie hatte mit weitaus mehr Blutvergießen gerechnet. Es
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