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Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Hände in die Hüften und musterte Avery mißtrauisch. »Du weißt genauso gut wie ich, wo er aufgewachsen ist und daß er keine Familie hatte, erinnerst du dich nicht? Nur eine Oma, die starb, als er noch auf der Uni war.«
    »Was hat er gemacht, bevor er für Tate gearbeitet hat?«
    »Hör zu, wir bumsen, wir halten keine Reden. Und er legt viel Wert auf sein Privatleben. Einmal habe ich abends seine Schubladen nach einem sauberen Hemd durchsucht, das ich anziehen könnte — er ist echt sauer geworden und hat gesagt, ich solle mich aus seinen Sachen heraushalten. Das mache ich auch, Punkt. Wir brauchen alle unsere Privatsphäre.«
    »Hat er dir nie erzählt, was er nach Vietnam gemacht hat?«
    »Ich habe ihn nur gefragt, ob er schon mal verheiratet war. Er sagte nein. Und er hätte viel Zeit damit verbracht, sich selbst zu finden. Ich fragte ihn: >Hattest du dich denn verloren?< Das sollte ein Witz sein, aber Eddy bekam diesen seltsamen Gesichtsausdruck und sagte so was wie: >Ja, ja, eine Weile war das so.<«
    »Was denkst du, was er damit gemeint hat?«
    »Ich schätze, er war nach dem Krieg ein bißchen verrückt«, erwiderte Fancy desinteressiert.
    »Warum?«
    »Wahrscheinlich, weil Onkel Tate ihm das Leben gerettet hat, nachdem ihr Flugzeug abgestürzt war. Er denkt wohl oft daran, wie er mit dem Fallschirm abgesprungen ist, verwundet wurde und Onkel Tate ihn im Dschungel herumgeschleppt hat, bis ein Hubschrauber sie aufnehmen konnte. Wenn du ihn nackt gesehen hast, muß dir die Narbe auf seinem Rücken aufgefallen sein. Ziemlich scheußlich, findest du nicht? Na ja, also, er muß vor Angst fast gestorben sein, daß sie von den Vietkong erwischt werden, schließlich bat er Onkel Tate darum, ihn sterben zu lassen, aber Onkel Tate dachte nicht daran.«
    »Woher weißt du das alles, Fancy?«
    »Du warst doch auch oft genug dabei, wenn Großvater davon erzählt hat.«
    »Sicher, du scheinst nur so viele Einzelheiten zu kennen.«
    »Auch nicht mehr als du. Hast du was dagegen, wenn ich jetzt schwimmen gehe?« Sie ging zur Tür. Avery folgte ihr. »Also, Fancy, das nächste Mal, wenn du dir etwas von meinen Sachen ausleihen willst, frag einfach.« Fancy verdrehte die Augen, aber Avery kümmerte sich nicht darum, sondern fügte noch hinzu: »Und nimm dich in acht.«
    »Wovor?«
    »Vor Eddy.«
     
    »Sie hat gesagt, ich soll mich vor dir in acht nehmen.«
    Das Motel lag an ihrem Heimweg, und so konnte sie sich mit Eddy auf dem Weg von der Arbeit noch treffen.
    Heute hatten sie beide länger gearbeitet und saßen jetzt mit einem gebratenem Huhn auf dem zerwühlten Bett und unterhielten sich über Carole Rutledge.
    »In acht nehmen vor mir?« fragte Eddy. »Warum?«
    »Sie meinte, ich sollte mich nicht mit einem so viel älteren Mann einlassen«, sagte Fancy und nahm sich ein Stück Fleisch. »Aber ich denke, es gibt noch einen anderen Grund.«
    Eddy zerbrach einen Hühnerflügel. »Nämlich welchen?«
    »Sie ist verrückt vor Eifersucht. Sie will natürlich für Onkel Tate die gute Frau spielen. Falls er gewinnt, kann sie dann mit nach Washington. Und falls nicht, hätte sie mit dir noch ein Eisen im Feuer. Sie tut zwar so, als wäre es nicht wahr, aber ich weiß, daß Tante Carole scharf auf dich ist.«
    Eddy starrte nachdenklich ins Leere. »Mir wär’s trotzdem lieber, sie wüßte nichts von uns beiden.«
    »Aber es ging nun mal nicht anders, weil sie mich aus deinem Zimmer hat kommen sehen.«
    »Hat Sie Tate davon erzählt?«
    »Bezweifele ich. Aber ich sag’ dir noch was. Ich glaube, sie ist immer noch nicht ganz richtig im Kopf.«
    »Was meinst du damit?«
    »Sie stellte so dumme Fragen. Gestern zum Beispiel habe ich von einer Sache gesprochen, an die sie sich eigentlich noch gut erinnern müßte, selbst nach einer schweren Gehirnerschütterung.«
    »Worum ging’s?«
    »Nun ja«, begann Fancy gedehnt und zog sich das schon fast abgenagte Hühnerbein durch die Lippen, »die Leute von einer anderen Ranch haben bei Großvater ein paar Pferde gekauft. Als der Cowboy kam, um sie sich anzusehen, war niemand sonst da. Ich habe ihn selbst zum Stall gebracht. Er war wirklich süß.«
    »Ich verstehe«, sagte Eddy. »Was hat Carole damit zu tun?«
    »Sie hat uns erwischt, als wir es wie die Karnickel in einer der Boxen trieben. Ich dachte, jetzt ist alles aus, weil ich damals erst siebzehn war. Aber Carole und der Cowboy waren sofort scharf aufeinander, du weißt schon — die Funken haben gesprüht. Im nächsten

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