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Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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nicht bemerkt hatte. Mit einem einigermaßen sauberen Teelöffel aß er den öligen Fisch direkt aus der Dose. Dann ließ er den Löffel im Mund und ersetzte mit beiden Händen geschickt die abgelaufene Videokassette durch eine andere.
    Er schluckte den Bissen herunter, nahm einen Zug von seiner Zigarette und trank einen Schluck Whisky. Dann legte er die Füße auf die Kante des Schreibtisches.
    Aber auch in dieser Dokumentation über Kinderpornografie, einem Band aus seiner persönlichen Sammlung, das er vor ein paar Jahren erarbeitet hatte, fand er keinen Anhaltspunkt für das Gefühl, daß er jemanden aus Rutledges Umgebung schon einmal irgendwo gesehen hatte — und zwar nicht den Grauhaarigen, der Avery solche Sorgen machte. Van wußte nicht einmal, wonach er eigentlich suchte, aber irgendwo mußte er anfangen. Und er würde nicht aufhören, bevor er ›es‹ gefunden hatte, was immer es auch sein mochte.
     
    »Wo ist Eddy?« fragte Nelson beim Abendessen.
    »Er muß noch arbeiten, wir sollen nicht mit dem Essen auf ihn warten«, sagte Tate.
    »Und wo ist Fancy, Dorothy Rae?«
    »Sie... äh...« Sie wußte nicht, wo ihre Tochter war.
    Tate kam ihr zu Hilfe. »Sie war noch in der Wahlkampfzentrale, als ich losgefahren bin.«
    Jack lächelte seinen Eltern zu. »Sie arbeitet jetzt viel, findest du nicht, Mama?«
    »Ja, mehr als ich erwartet hatte.«
    Avery, die Jack gegenüber saß, schwieg. Sie bezweifelte, daß Fancy wirklich so viel arbeitete, aber außer ihr schien niemand zu merken, daß Fancy und Eddy so oft an den gleichen Tagen spät nach Hause kamen. Mandy bat Avery, ihr Brötchen mit Butter zu bestreichen. Als sie wieder aufsah, begegnete sie Jacks Blick. Er lächelte sie an, als hätten sie beide ein anstößiges Geheimnis. Avery konzentrierte sich schnell wieder auf ihren Teller.
    Wenige Minuten später kam Fancy herein und ließ sich auf ihren Stuhl fallen. Sie spähte in die Schüssel und seufzte: »Mein Gott, Blumenkohl.«
    »Kannst du dich nicht anständig benehmen? Vielleicht hast du ein Grußwort oder etwas ähnliches für uns übrig. Ich werde diese Art schlechter Manieren nicht länger dulden«, donnerte Nelson. Er sah vielsagend zu Jack und Dorothy Rae, die nach ihrem Weinglas griff.
    »Setz dich ordentlich hin und iß.«
    »Hier gibt’s ja nie was Vernünftiges zu essen.«
    »Du solltest dich schämen, Francine.«
    »Ich weiß, ich weiß, Großvater. Die hungernden Kinder in Afrika. Spar dir die Predigt, ja? Ich gehe in mein Zimmer.«
    »Du bleibst, wo du bist. In dieser Familie essen alle zusammen zu Abend, verstanden?« bellte Nelson. Fancys Gesicht verfinsterte sich, aber sie blieb sitzen.
    Dann setzte Nelson das Gespräch genau dort fort, wo es abgebrochen worden war, und erklärte den Frauen, die nicht dabeigewesen waren: »Das Team Wakely und Foster organisiert die nächste Wahlkampftour. Tate fährt eine Woche lang quer durch den ganzen Staat.«
    Avery sah Tate an. »Ich habe es erst heute nachmittag erfahren und konnte noch nicht mit dir darüber sprechen. Du bekommst einen Zeitplan«, erklärte er ihr.
    »Und mach dir keine Sorgen wegen Mandy«, warf Nelson ein. »Ihr Großvater kümmert sich um sie, nicht wahr, Mandy?«
    Sie grinste ihn an und nickte eifrig. Avery hatte eigentlich nichts dagegen, sie alleinzulassen, aber sie hatte in der vergangenen Nacht schon den zweiten Alptraum in dieser Woche gehabt. Vielleicht war sie kurz vor dem Durchbruch, und Avery wollte bei ihr sein. Vielleicht konnte Mandy mitkommen, das mußte sie noch mit Tate besprechen.
    Eddy stand plötzlich in der Tür. Fancys Miene erhellte sich sichtlich. Sie lächelte und sah ihn mit Bewunderung und Verlangen an.
    »Tut mir leid, wenn ich euch beim Essen stören muß«, sagte er. Er schien zu knistern vor Wut. »Ralph und Dirk sind hier, aber ich habe sie gebeten, im Salon zu warten, bis ich mit euch gesprochen habe.«
    Ralph und Dirk waren die beiden Männer von der Werbefirma. Avery ahnte, daß etwas Unangenehmes im Gange war.
    »Also?« fragte Nelson ungeduldig. »Dann wollen wir die schlechten Nachrichten hinter uns bringen.«
    »Es betrifft Carole.« Alle starrten sie an. »Eine Frau will über Caroles Abtreibung auspacken.«

KAPITEL 35
    Bomberpiloten brauchen die Fähigkeit, in schwierigen Situationen nicht zusammenzubrechen. Nelson besaß diese Fähigkeit. Avery staunte, wie gut er diese wirklich schreckliche Nachricht verkraftete.
    Sie fand seine auffallende Ruhe auch deshalb bemerkenswert, weil sie

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