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Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Journalistin«, meinte Van durch eine dicke Wolke süßlichen Rauchs.
    »Es ist tragisch, daß sie mit dem Bewußtsein von diesem Reinfall sterben mußte.« Er nahm einen Schluck. »Weißt du, Avery hatte Schiß vor dem Versagen. Vor nichts fürchtete sie sich mehr. Cliff war nicht oft da, als sie klein war, und so hatte sie immer versucht zu erreichen, was seine Billigung gefunden hätte, und seinem Namen Ehre zu machen. Deswegen war die Sache in D. C. auch so katastrophal für sie. Sie wollte versuchen, das wiedergutzumachen, ihre Glaubwürdigkeit und ihr Selbstwertgefühl zurückzugewinnen. Verdammt noch mal, sie ist gestorben, während sie sich für eine Versagerin hielt.«
    Der Kummer des älteren Mannes weckte ein seltenes Gefühl in Van. Also bemühte er sich noch einmal, Irish zu trösten. »Mit dieser anderen Sache – du weißt schon, wie du für ihre Mutter empfunden hast – das hat Avery gewußt.«
    Irishs rote Augen konzentrierten sich auf Van. »Woher weißt du das?«
    »Sie hat’s mir mal erzählt«, sagte Van. »Ich fragte sie, wie lange ihr euch eigentlich schon kennt. Sie sagte, daß sie dich schon kennt, solange sie sich erinnern kann. Sie ahnte, daß du im stillen ihre Mutter geliebt hast.«
    »Sah es so aus, als bedeute ihr das etwas?« fragte Irish sofort. »Ich meine, hattest du den Eindruck, daß es ihr etwas ausmachte?«
    Van schüttelte sein langes, strähniges Haar.
    Irish zog die welkende Rose aus der Brusttasche seines dunklen Anzugs und strich über die zarten Blütenblätter. »Mein Gott, da bin ich aber froh. Ich habe sie alle beide geliebt.«
    Seine schweren Schultern bebten. Er schloß die Finger um die Rose zu einer harten Faust. »O verdammt«, stöhnte er, »ich werde sie so vermissen.«
    Er senkte den Kopf bis auf den Tisch und schluchzte krampfartig, während Van ihm gegenübersaß und auf seine Art versuchte, mit seinem Kummer zurechtzukommen.

KAPITEL 4
    Als Avery wach wurde, wußte sie wieder, wer sie war.
    Eigentlich hatte sie es gar nicht wirklich vergessen. Sie war nur verwirrt gewesen. Wer wäre nicht durcheinander, wenn er aus einer längeren Bewußtlosigkeit erwachen und feststellen würde, daß er sich nicht bewegen, nicht sprechen und nur ganz wenig sehen kann? Sie war selten krank gewesen, und deshalb war es schockierend für sie, so schwer verletzt zu sein.
    Die ständige Beleuchtung und Geschäftigkeit der Intensivstation waren an sich schon genug, um jede normale Gehirntätigkeit zu behindern. Was Avery aber endgültig verwirrte, war die Tatsache, daß man sie mit einem falschen Namen ansprach. Wie hatte es dazu kommen können, daß man sie für eine Frau namens Carole Rutledge hielt? Selbst Mr. Rutledge schien davon überzeugt zu sein, daß er mit seiner Frau sprach.
    Irgendwie mußte sie versuchen, diesen Irrtum klarzustellen. Aber sie wußte nicht wie, und das machte ihr angst.
    Ihr Name war Avery Daniels. Sie nahm an, daß wohl alle ihre Papiere beim Absturz vernichtet worden waren.
    Erinnerungen von diesem Ereignis versetzten sie nach wie vor in Panik, also schob sie sie entschlossen zur Seite, um sich später damit auseinanderzusetzen, wenn sie mehr Kraft haben würde.
    Wo war Irish? Warum war er nicht gekommen, um ihr zu helfen?
    Die offensichtliche Antwort auf diese Frage erschreckte sie. Es war unerträglich, aber doch offensichtlich. Wenn man sie für Mrs. Rutledge hielt und annahm, Mrs. Rutledge sei am Leben, dann wurde Avery Daniels für tot gehalten.
    Sie stellte sich den Kummer vor, den Irish jetzt wohl durchmachte. Ihr >Tod< würde ihn schwer treffen. Doch im Augenblick konnte sie nichts unternehmen, um ihn in seinem Leid zu
trösten. Nein! Es mußte einen Weg geben. Sie mußte sich konzentrieren.
    »Guten Morgen.«
    Sie erkannte seine Stimme sofort. Die Schwellung in ihrem Auge war wohl etwas besser, denn jetzt konnte sie ihn deutlicher sehen.
    Seine buschigen, klar geformten Augenbrauen trafen sich beinahe über seiner langen, geraden Nase. Sein Unterkiefer und sein Kinn waren stark und ließen an Sturheit denken. Seine Lippen waren fest, lang und schmal, die Unterlippe nur wenig voller als die Oberlippe.
    Er lächelte, allerdings nicht mit den Augen, stellte sie fest. Ihm war nicht wirklich zum Lächeln zumute, es sprach ihm nicht aus der Seele. Avery fragte sich, warum das so war.
    »Man hat mir gesagt, daß du eine ruhige Nacht hattest. Nach wie vor keine Anzeichen für eine Lungenentzündung. Das ist wirklich erfreulich.«
    Sie kannte

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