Trügerisches Bild: Ein Auftrag für Spenser
archaisch. Ein tiefer, gleichmäßiger Ton, der zu pulsieren schien. Ich starrte sie an. Ihren Rücken entlang standen die Haare aufrecht. Sie hatte ihre Nase in den Spalt zwischen Tür und Zarge geklemmt. Ihr Knurren blieb unverändert. Als ob sie nicht zu atmen brauchte. Auf dem Boden war ein Hauch von geschmolzenem Schnee. Ich sah den Flur entlang. Er war trocken, außer bei Lilas Büro, wo ich ein paar nasse Fußabdrücke hinterlassen hatte. Ich trat zur Seite, weg von der Tür, und zog Pearl mit.
Pearl war eigen. Vielleicht knurrte sie den Türknauf an. Aber das Grollen klang so bösartig. Ich streckte den Arm aus und probierte den Knauf. Die Tür war abgeschlossen. Ich reckte den Kopf um die Zarge und hielt ein Ohr an die Tür. Nichts zu hören. Vielleicht lag Pearl ja falsch, aber hartnäckig war sie jedenfalls. Und irgendjemand hatte ein bisschen geschmolzenen Schnee vor meiner Tür hinterlassen. Und ich arbeitete an einem Fall, in den Leute verwickelt waren, die jemanden in Fetzen gebombt hatten.
Ich nahm Pearl beim Halsband und führte sie zurück in Lilas Büro. „Lässt sich deine Tür abschließen?“
„Klar.“
„Gut, gib ihr noch einen Keks, während ich rausgehe. Dann schließ hinter mir ab und behalte sie bei dir, während ich mal kurz was checke.“
„Was ist denn los?“
„Offizielle Detektivarbeit.“
„Ach ja?“
„Wenn draußen auf dem Flur oder in meinem Büro irgendwas Außergewöhnliches passiert, dann lass deine Tür abgeschlossen und ruf die Polizei.“
„Was Außergewöhnliches?“
„Ja.“
„In welcher Hinsicht außergewöhnlich?“
„Ach, das Übliche, du weißt schon. Eine Schießerei oder so was.“
„Scheiße, eine Schießerei?“
„War nur ein hypothetisches Beispiel.“
„Du meinst, ich bin in Gefahr?“
„Nur wenn ich mein Lächeln auf dich loslasse.“ „Ich meine es ernst.“
„An dir ist niemand interessiert, außer mir natürlich. Bleib, wo du bist, und alles ist schick.“
„Für Pearl und mich jedenfalls.“
Ich nickte. Ich sah zu meiner Bürotür, während wir redeten. Ich wollte meine Waffe noch nicht rausholen, weil Lila dann ausgeflippt wäre. Aber ich hielt meine Hand dicht bei der Hüfte.
„Was erzähle ich meinen Chefs? Falls einer von ihnen reinkommt.“
„Sag ihnen, dass du mir einen Gefallen tust.“
„Die meisten können dich nicht ausstehen.“
„Ach, klar können die mich ausstehen. Das geht doch gar nicht anders.“
„Und sie zahlen mir mein Gehalt.“
„Aber empfinden sie so viel für dich wie ich?“ „Wahrscheinlich schon. Andererseits haben sie heute alle bis zum späten Nachmittag Außentermine.“
„Ich schulde dir was.“ „Definitiv“, sagte Lila.
„Schließ hinter mir ab“, sagte ich.
23
Mein Büro lag im ersten Stock, mit den Fenstern zur Berkeley Street hin. Ich ging raus in den Flur und die hintere Treppe zu der Gasse runter, wo ich verbotenerweise mein Auto abgestellt hatte. Es schneite immer noch halbherzig. Ich holte ein Fernglas aus dem Wagen und kassierte ein paar finstere Blicke, als ich mit gesenktem Kopf die Berkeley Street in der Blockmitte überquerte. Wenn jemand in meinem Büro war, dann würde er die Tür im Auge behalten und nicht zur Straße runtergucken.
Ich betrat das Schwartz-Gebäude gegenüber von meinem Büro und ging in den ersten Stock rauf. Dort lag das Büro, in dem ich früher einmal, während einer anderen Inkarnation dieses Hauses, von meinem Büro aus eine dunkelhaarige Designerin mit tollen Hüften hatte sehen können, wie sie sich über ihren Zeichentisch beugte. Ich glitt an einem Empfangsschalter vorbei, baute mich am Fenster auf und stellte das Fernglas scharf.
Ein Angestellter sagte: „Entschuldigen Sie, Sir. Kann ich Ihnen helfen?“
„Pschhhh“, machte ich. „Observationsmaßnahme.“
Er wusste anscheinend nicht, was er dazu sagen sollte, also stand er einfach da und starrte mich an.
Ich richtete das Fernglas auf mein Bürofenster. Sie waren zu zweit. Einer saß hinter meinem Schreibtisch, mit einem Automatikgewehr, das an eine Uzi erinnerte, vielleicht ein Colt M4. Der andere stand rechts neben der Tür, so dass er hinter ihr sein würde, wenn sie aufging. Er hatte eine Pistole. Beide rührten sich kein Stück. Soweit ich von hier aus sehen konnte, sagte auch keiner was.
Ich nahm das Fernglas runter und sah den Angestellten an, der mich immer noch anstarrte.
„Danke“, sagte ich und ging.
Ich verließ das Haus und ging diesmal an der Ampel
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