Trügerisches Bild: Ein Auftrag für Spenser
was ist nun mit diesen gemalten Damen?“
Rosalind machte ein Gesicht, als hätte Kate sie enttäuscht. Sie warf einen Blick zu mir herüber. Ich versuchte, ein ermunterndes Gesicht zu machen. Sie sah Healy an. Er blieb so ausdruckslos wie die Farbe Grau.
„Ich bin Künstlerin“, sagte Rosalind. „Ich werfe meine Sprache nicht vor die Säue.“
„Und ich bin Staatsanwältin“, sagte Kate. „Und ich werfe Ihren Hintern vielleicht ins Gefängnis.“
„Ins Gefängnis?“, fragte Rosalind.
„Genau das“, sagte Kate.
„Wegen eines Gedichtes?“
„Wegen Behinderung der Justiz durch die Weigerung, Informationen preiszugeben, die im Rahmen der Ermittlungen hinsichtlich des Todes Ihres Mannes benötigt werden.“
Healy stand auf. „Möchten Sie, dass ich sie festnehme?“, fragte er Kate.
Kate sah Rosalind an. „Die Wahl liegt bei Ihnen.“
Ich an Rosalinds Stelle hätte einen Anwalt mitgebracht. Ich hegte den Verdacht, dass Kate und Healy sich hier auf juristisch unsicherem Boden bewegten und ein Anwalt hätte vielleicht darauf hingewiesen. Aber Rosalind hatte keinen Anwalt, und das war nur gut so. Sie bekam es mit der Angst.
„Ich habe nicht … Ich wollte nicht … Ich sage Ihnen alles, was Sie möchten.“
Healy setzte sich wieder und schlug die Beine übereinander.
„Sehr schön“, sagte Kate. „Steht der Verweis auf gemalte Damen in irgendeinem Zusammenhang mit dem verschwundenen Gemälde von Frans Harmenszoon?“
Zwei hellrote Flecken erschienen auf Rosalinds Wangen. Sie holte tief Luft. Sie schien sich zu sammeln. Kate wartete. Healy und ich sahen zu.
„Er hat mich betrogen. Zwanghaft“, sagte Rosalind. „Angeblich war er sexsüchtig.“
„Soll vorkommen“, sagte Kate.
„Ich glaube nicht, dass er mich überhaupt geliebt hat. Aber gesagt hat er es, und ich bin bei ihm geblieben, weil meine anderen Möglichkeiten alle noch schlechter gewesen wären.“
Sie holte Luft.
„Aber wir haben nie aufgehört, miteinander zu reden; wir kannten einander schon lange Zeit, und so hatte es im schlimmsten Fall etwas von einer langjährigen Angewohnheit, nicht wahr.“
Es war interessant, wie sich bei diesem persönlich bedeutsamen Thema plötzlich das ganze aufgesetzte Künstlerinnengeschwätz, hinter dem sie sich sonst verbarg, in Luft auflöste. Sie kam einem zur Abwechslung richtig echt vor.
„Er sagte immer, dass er es wiedergutmachen würde. Dass er viel Geld machen würde und wir dann das Leben führen könnten, das uns zustand.“
„Wie wollte er das bewerkstelligen?“, fragte Kate.
„Indem er die Gemälde austauschte.“
„Welche Gemälde?“
„Er besaß eine gute Kopie von Dame mit einem Finken . Er wollte sie gegen das echte Gemälde austauschen. Dann hätte er das Original und würde auch noch ein bisschen Geld machen.“
„Zumal er ja der Fachmann für Echtheitsexpertisen war“, sagte ich.
„Und wo befinden sich diese beiden Gemälde nun?“, fragte Kate.
„Die Betrügerin ist, wie es im Gedicht heißt, bei mir zu Hause zu besichtigen. Wie ich auch.“
„Sie sind ebenfalls eine Betrügerin?“, fragte Kate.
„Ich war meinem Mann treu. Er war mir nicht treu. Ich war die eine Hälfte einer betrügerischen Beziehung.“
„Das macht ja dann wohl eher ihn zu einem Betrüger“, sagte Kate.
Rosalind zuckte mit den Achseln. Sie fiel wieder in ihre Rolle der Dichterin zurück. „Es ist eine Metapher.“
„Ich habe eine Frage“, sagte ich.
Sie nickte mir ohne Wärme zu.
„Woher wissen Sie, dass das Bild bei Ihnen zu Hause eine Fälschung ist?“
„Na ja, es ist doch keinesfalls das Original.“
„Woher wissen Sie das?“
„Wieso, das hätten wir uns nie …“ Sie brach ab. „Ashton hat gesagt, dass es eine Kopie ist.“
„Wir könnten jemanden vom Hammond rüberschicken“, sagte Healy.
„Deren Experte war Prince“, sagte ich.
„Dann jemanden von irgendwo anders“, sagte Healy.
„Ich kenne jemanden in New York“, sagte ich.
„Geben Sie mir seinen Namen und die Anschrift“, sagte Kate. „Wir schauen mal, ob sich das arrangieren lässt.“
Rosalind stand auf. „Ich möchte jetzt gehen.“
„Das lässt sich machen“, sagte Kate. „Solange ich Sie jederzeit finden kann.“
„Ich werde zu Hause sein.“
„Ich kann Sie hinfahren lassen.“
„Nein“, sagte Rosalind und ging.
„Jetzt hat sie’s uns aber gezeigt“, sagte Kate. „Sie braucht keinen blöden Chauffeur.“
„Ich glaube, aus ihr ist noch mehr rauszuholen“,
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