Trugschluss
begann er, doch sein Gegenüber winkte ab:
»Ich war’s …«
»Okay«, meinte der Geschäftsmann, »ist mir
ziemlich egal. Ich weiß ja nicht, ob du mir helfen kannst.« Er machte eine
Pause und runzelte die Stirn: »Schon mal was von diesem mysteriösen Brummton
gehört?«
Jörg, sein Gesprächspartner, verengte die
Augenbrauen und drehte sein Bierglas im Kreis. »Brummton?«
»Na ja«, Winnie war es nicht wohl dabei,
dieses Thema anzusprechen, »ist doch landesweit ein Thema. Es soll Menschen
geben, die irgendeinen Brummton hören, der sie Tag und Nacht verfolgt.«
»Ach so«, Jörg schien zu kapieren, »ja,
ja, gehört hab ich davon, ist auch was in der Zeitung drüber gestanden. Die
Sache, bei der keiner weiß, was es nun wirklich ist. Oder ob das alles Spinner
sind.«
Der Geschäftsmann zuckte mit der rechten
Backe und blieb ernst. »Jörg, ich glaub, das ist keine Einbildung.« Er
überlegte, wie er’s sagen sollte. »Meine Frau hört’s auch.«
Jörg, der Theologe, holte tief Luft. »Ganz
sicher?« Mehr fiel ihm zunächst nicht ein.
Winnie nickte. »Ja, und ich kann dir
sagen, sie ist mit den Nerven am Ende. Dabei haben wir schon alle Hebel in
Bewegung gesetzt. Aber es scheint so, als ob wir gegen eine Wand rennen, ja,
gegen eine Wand.« Er schaute jetzt auch auf das Berg-Panorama hinaus, das von
keinem Wölkchen getrübt wurde.
Sein Bergfreund zeigte Interesse: »Wie
meinst du das?«
»Na ja, alle Institutionen und Behörden
behaupten, da sei nichts. Sie rücken mit komplizierten Messgeräten an – nicht
nur bei uns, sondern auch bei anderen Betroffenen – doch am Ende stehen die,
die’s hören, wie die Belämmerten da, weil nichts dabei rauskommt. Angeblich.«
»Hab ich gelesen, ja.«
»Weißt du«, Winnie nahm wieder einen
Schluck Bier, »jetzt denk ich, vielleicht hast du ja Kontakte oder eine Idee,
wie man die Sache angehen könnte. Meine Frau hat sich schon vor zweieinhalb
Jahren in ihrer Verzweiflung an einen Lokaljournalisten gewandt. Er hat zwar
eine Story geschrieben – aber geschehen ist nichts.«
Jörg presste die Lippen zusammen und
dachte nach. Dann sagte er langsam: »Und was denkst du, was da dahinter steckt?«
Winnie zuckte mit den Schultern. »Womöglich
eine riesengroße Schweinerei. Wahrscheinlich kann sich keiner von uns
vorstellen, was um uns herum geschieht.«
Jörg nickte: »Die Macht des Geldes ist
grenzenlos. Es lässt sich nicht aufhalten, nirgends, durch gar nichts. Sag ich
doch.«
»Das Schlimme ist«, fuhr Winnie eine Spur
lauter fort, weil der Geräuschpegel in der Hütte immer weiter anstieg, »das
Schlimme ist, dass auch die großen Medien nicht so recht an die Sache ran
wollen. Die bauschen es zwar gelegentlich auf, neigen dann aber dazu, die
Betroffenen lächerlich zu machen – wie immer bei Dingen, die ein bisschen
unerklärlich sind.«
Jörg nickte. »Da geb ich dir recht. Fürs
wirklich Wesentliche fehlt den Journalisten heutzutage der Blick. Sie schreiben
oder reden tot, was nicht in ihr kleines jämmerliches Weltbild passt. Oder in
ihre parteipolitische Linie. Nach dem Motto: Dass nicht sein darf, was nicht sein
kann. Ich sag immer: Jesus hätte heute keine Chance mehr.« Er nahm jetzt auch
einen Schluck Bier. »Stell dir vor, was geschehen würde, es käme plötzlich so
ein Prediger daher und bewirkte Wunder! Als verrückt würde man ihn erklären.
Wenn er Glück hätte, großes Glück, dürfte er vielleicht in einer dieser
dümmlichen Talk-Shows auftreten – oder bei ›Wetten, dass …‹ – und seine Wunder
vorführen. Aber meinst du, irgendein Mensch würde ihm glauben? Man würde ihm im
Vorfeld schon verbieten, sich im Fernsehen als Jesus auszugeben. Und hinterher,
ich mach mit dir jede Wette, würden die Medien der ganzen Welt über diesen
wundersamen Burschen herfallen und nachweisen, dass seine angeblichen Wunder
nix als Tricks waren. Ganz zu schweigen von der Reaktion des Vatikans, wenn er
sich denn überhaupt zu einer Stellungnahme durchringen würde. Nein, nein,
Winnie, diese Welt ist so verdammt materialistisch geworden, da gibt’s für
Unerklärliches und Übersinnliches keinen Platz mehr.«
Winnie hörte ihm aufmerksam zu und merkte
gar nicht mehr, wie laut und lustig es mittlerweile in der Hütte zuging.
»Ja, denk auch du mal darüber nach«,
empfahl der Theologe seinem Bergfreund, »du hockst auch nur über deinen
Bilanzen und zählst dein Geld«, Jörg verzog sein Gesicht zu einem kurzen Grinsen,
»aber hast du dir jemals
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