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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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überlegt, dass diese Menschheit nur einen
klitzekleinen winzigen Teil dessen begriffen hat, was dieses Universum
bedeutet? Willst du dir anmaßen, zu behaupten, unsere Physiker, Chemiker und
Atomwissenschaftler wüssten wirklich, wie die Welt funktioniert? Oder gar
Leben? Wie Leben funktioniert, woher es kommt?« Jörg merkte, wie ihm sein
Zuhörer an den Lippen hing. »Wir haben keine Ahnung, was Geist ist, was hinter
all dem, was wir so oberflächlich erleben, wirklich steht? Oder glaubst du,
dass mit deinem Tod alles vorbei ist? Aus, fertig. Ende?«
    Winnie holte tief Luft. Sein Glas war
leer.
    »Du weißt es nicht«, beantwortete Jörg
selbst seine Frage, »du hast nie darüber nachgedacht – hast keine Meinung. Oder
du gehörst zu den armseligen, gottverlassenen Materialisten, die heute diese
Welt beherrschen und die sich auf diesem Planeten wie die Rambos aufführen und
denen es, verzeih den Ausdruck, scheißegal ist, was nach ihnen kommt. Leben,
austoben, sterben. Habe fertig. Bist du so armselig, dass dir nicht klar ist,
dass dieses Universum oder was auch immer dahinter stecken möge, ein wundersam
ausgeklügeltes System ist, in dem alles, ich betone: alles, seinen Sinn hat?«
    Winnie gab dem Hüttenwirt ein Zeichen, er
solle noch zwei Halbe Bier bringen.
    Jörg fuhr fort und kratzte sich im
zersausten Haar: »Ich wollte nur sagen: Wenn die sogenannten Experten
behaupten, diesen Brummton, den deine Frau und viele hundert andere Menschen
hören, den gäbe es nicht, dann mag das bedeuten, dass er sich nicht auf den
Messgeräten bemerkbar macht. Aber, lieber Winnie«, Jörg beugte sich ein
bisschen näher zu seinem Gesprächspartner herüber, »du wirst mir nicht
widersprechen, wenn ich sage, dass es in der Physik noch viele ungelöste Rätsel
gibt. Ich bin davon überzeugt, dass nur ein Bruchteil davon erkannt worden ist
– und die Aufregendsten haben wir einem genialen Hirn zu verdanken.«
    »Einstein«, erwiderte Winnie und lächelte.
    »Exakt«, bestätigte Jörg, »kein
Normalsterblicher versteht ihn – und doch hat er Dinge behauptet, die in den
vergangenen Jahrzehnten in Experimenten nachgewiesen worden sind. Doch zu einem
besseren Verständnis des Universums hat das kaum beigetragen, sondern nur neue
Fragen aufgeworfen. Zum Beispiel, was steckt hinter der Zeit?«
    Der Hüttenwirt knallte zwei Halbe auf den
ramponierten Holztisch und verschwand sofort wieder.
    Winnie hob ein Glas und prostete seinem
Gesprächspartner zu: »Auf unsere Bergtour.« Sie stießen an und tranken.
    Jörg nahm den Faden wieder auf: »Der
Normalmensch schaut auf die Uhr und weiß, wie spät es ist. Er macht sich aber
keine Gedanken darüber, wohin die Gegenwart enteilt und woher die Zukunft
kommt. Ist sie vorbestimmt? Gibt es Bereiche, in denen die Zeit ganz anders
verläuft? Wie kommt’s zu dem, was wir so leichtfertig, Schicksal nennen? Warum
haben manche Menschen immer Pech und andere immer Glück?«
    Winnie stützte sich mit den Oberarmen auf
dem Tisch ab und kam mit dem Oberkörper nach vorne. »Zufall?«, warf er ein.
    »Zufall? Glaubst du an Zufall? Soll ich
dir zwei dramatische Fälle nennen? Erinnerst du dich an den Absturz der
Swissair vor der ostamerikanischen Küste? Vier Jahre ist das her. Eine
Werbeagentur hat damals für Billigflüge geworben und pietätloser Weise ein
Gebetsbuch abgebildet mit der Überschrift: ›Reiselektüre für alle, die noch
billiger fliegen wollen als mit uns.‹ Und weißt du, was geschehen ist? In
derselben Nacht, in der diese Werbung in den Zeitungen gedruckt wurde, ist die
Swissair abgestürzt. Es war der erste schwere Unfall in der über 50-jährigen
Geschichte dieser Luftfahrtgesellschaft. Zufall?« Jörg spürte, wie ihm in der
stickigen Luft der Schweiß auf der Stirn stand. »Du sollst den Herrn, deinen
Gott, nicht versuchen. Matthäus Kapitel vier, Vers sieben. Da steht’s
geschrieben.« Ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
    Winnie lehnte sich wieder zurück. Er sagte
nichts. Ihm gefiel es, wie sich sein Freund mit dem Thema auseinandersetzte.
    »Oder noch ein Beispiel«, machte der
Theologe weiter, »aus jüngster Zeit. Der Absturz überm Bodensee, am 1. Juli, du
erinnerst dich: Die Maschine aus Moskau mit dem Transporter aus Mailand. Mögen
ja die Lotsen in Zürich gepennt haben, okay. Aber weißt du, welcher Präzision
es bedarf, zwei Flugzeuge in der Luft zum gleichen Zeitpunkt an ein und
denselben Punkt zu lotsen. Ein paar Meter höher oder tiefer, ein paar

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