Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
Vom Netzwerk:
schwiegen sich kurz an, bis der
Journalist wieder hartnäckig die alles entscheidende Frage stellte: »Aber es
hat letztendlich nicht geklappt, wie gedacht …?«
    »Na ja«, resümierte Häberle, »er hat
zumindest erreicht, dass wir auch drei Jahre später noch immer nicht wissen,
wer der Tote ist.«

24
     
    Donnerstag, 20. März 2003.
    »Jetzt hat er’s getan«, zischte der Mann, der mit seiner
wesentlich jüngeren Begleiterin in der vergangenen Woche von Kairo nach
Stuttgart geflogen war und jetzt im Hotel-Gasthof Herrmann in Münsingen beim
Abendessen saß. Auf den festlich gedeckten Tischen brannten dünne, weiße
Kerzen, deren Flammen sich in edlem WMF-Silberbesteck spiegelten.
    Das Paar hatte soeben in einem der beiden
gemieteten Einzelzimmer die Tagesschau verfolgt und sich über den Kriegsbeginn
im Irak informiert.
    »Das war ja abzusehen«, kommentierte die Frau,
deren dunkelbraune Haare bis zu den Schultern reichten. Ihr Blick war ernst.
Sie wollte vermeiden, dass die anderen Gäste in dem gediegen eingerichteten
Nebenzimmer hören konnten, was sie sagte. Sie trug einen dunklen, knielangen
Rock und einen flotten, engen Pullover, der ihre weiblichen Formen zur Geltung
brachte. Auch ihr Begleiter hatte sich eher dezent gekleidet – eine schwarze
Hose und ein sportliches, dezent beigefarbenes Baumwoll-Jackett. Das Auftreten
der beiden war unauffällig. Wer sie so sah, konnte den Eindruck gewinnen, sie
seien als Handlungsreisende unterwegs. Zwar war Münsingen, hoch auf diesem
schwäbischen Mittelgebirgszug gelegen, wo die Winter besonders lang und hart
waren, nicht gerade ein industrieller Mittelpunkt. Doch hatten sich in den
vergangenen Jahren im näheren und weiteren Umkreis eine Vielzahl von Betrieben
angesiedelt. Und derzeit wurde die Frage diskutiert, was nach der Schließung
eines riesigen Truppenübungsplatzes geschehen würde. Man befürchtete durch den
Abzug der Soldaten einen dramatischen Kaufkraftschwund – und die Naturschützer
setzten alles daran, das große Areal künftig ungenutzt zu lassen. Obwohl von
Panzerspuren durchfurcht und bei Manövern jahrelang zerschunden, sei das
Gelände dennoch zu einem Rückzugsgebiet für seltene Tier- und Pflanzenarten
geworden, wurde argumentiert. Die Diskussionen um die Herzog-Albrecht-Kaserne,
die bereits in einem Jahr geschlossen werden würde, hatten Manuela Lilienthal
und Michael Braunstein in den vergangenen Monaten aufmerksam verfolgt.
    »Man kann zu unserer Arbeit stehen, wie
man will«, so knüpfte Braunstein an das begonnene Gespräch an und ließ sich den
Zwiebelrostbraten mit den landestypischen Spätzle schmecken, »aber dieser
Cowboy lenkt gewaltig ab, wenn er von seinen Massenvernichtungsmitteln spricht,
ohne konkret zu sagen, was er meint.«
    »Alle Welt denkt an chemische und
biologische«, erwiderte die Frau, die gerade mit einem übergroßen Blatt grünen
Salats kämpfte.
    »Natürlich, was auch sonst«, meinte
Braunstein mit einem ironischen Lächeln, »mal dies und mal das. Bald werden’s
wieder Milzbranderreger sein, dann wieder Giftgas.« Er tupfte sich mit der
Stoffserviette den Mund ab und nahm einen Schluck des Württemberger Rotweins.
Dabei blickte er vorsichtig zu den Nebentischen, an denen sich andere Gäste
angeregt unterhielten. »Jedenfalls wird Bush den Teufel tun und das Kind beim
Namen nennen«, flüsterte er seiner Gesprächspartnerin zu. Diese nickte
vielsagend.
    »Die Lage spitzt sich zu«, meinte sie dann
und tupfte sich nun ebenfalls mit der Serviette den Mund ab, um einen kleinen
Schluck Rotwein zu nehmen.
    Er schnitt wieder ein Stück des
Zwiebelrostbratens ab, der vorzüglich schmeckte. »Die Zeit war reif«, sagte er
ernst, »überreif.« Um dann im Flüsterton zu ergänzen: »Bush musste es tun.«

25
     
    Drei Monate später, im heißen Juni 2003, an einem frühen
Abend.
    Der Amerikaner, der perfekt Deutsch sprach, war mit seinem engsten
Mitarbeiter, einem jungen Mann, der ständig ein Goldkettchen um den Hals trug,
von Lugano nach Stuttgart geflogen und dann mit einem Taxi in das Alb-Städtchen
Münsingen gefahren. Wie vereinbart hatte auf dem Marktplatz im Zentrum ein
silberfarbener Mercedes der S-Klasse mit dem UL-Kennzeichen für den
Alb-Donau-Kreis gewartet. Am Steuer saß ein seriöser Herr, der trotz der
sommerlichen Hitze ein dunkles Jackett trug. Die Klima-Anlage hatte den
Innenraum der Limousine angenehm temperiert. Die beiden Männer, von denen jeder
einen kleinen dunkelbraunen Koffer in der

Weitere Kostenlose Bücher